Digitalisierung 2.0?

22. November 2017


„Wir sind doch schon digital, wir schreiben unseren Kunden doch E-Mails.“ So oder so ähnlich sieht die Antwort auf Digitalisierung in manchen kleineren Immobilienunternehmen aus, obgleich der wahrgenommene Druck immer mehr zunimmt. Nicht ohne Grund hat also der Immobilienverband IVD mit dem „Digital Kompass“ ein neues Angebot geschaffen, damit IVD-Mitglieder Mehrwerte von Technologieanbietern schnell entdecken können. Aber nicht alleine darauf kommt es an. Von Prof. Dr. Marco Wölfle

Digitalisierung hat zwei Kerneigenschaften: Erstens ist Digitalisierung unüberschaubar, weil permanent in der Weiterentwicklung und zweitens ist Digitalisierung ein Dreieck. Denn neben der Auswahl an Technologieträgern kann Digitalisierung ohne Kunden bzw. Märkte und ohne Mitarbeiter nicht erfolgreich sein.

Der Digital Kompass ist (siehe Abbildung, im Dreieck auf der linken Seite) der Auswahl der möglichen Technologien zuzuordnen, wobei sich aber jeder Unternehmer fragen muss, wie seine bestehende oder für die Zukunft avisierte Kundengruppe auf so manche Technologie reagiert. So wird beispielsweise die Facebook-Nutzung nicht in jeder Altersgruppe gleich ausgeprägt sein, was dazu führt, dass Werbemaßnahmen ins Leere laufen könnten. Auch das Fundament einer erfolgreichen Digitalisierung — die Mitarbeiter — dürfen nicht außer Acht gelassen werden, denn zwei Drittel der IVD-Mitglieder bestehen aus Teams von bis zu fünf Personen. Dies macht deutlich, dass ein gutes Miteinander und Motivation wesentliche Erfolgsfaktoren, nicht nur für den geschäftlichen Erfolg, sondern auch für die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen sind. Denn jede Maßnahme bedeutet auch Veränderung. Beispielsweise werden in manchen Teams einzelne junge Mitarbeiter vielleicht ganz offen, innovativ und mit Begeisterung immer noch mehr neue Technologien ausprobieren wollen, während vielleicht andere Mitarbeiter Sorgen davor haben, wegrationalisiert zu werden. Wieder andere freuen sich vielleicht, durch schlankere Prozesse mehr Zeit für den Kunden zu haben und hoffen auf eine stärkere Kundenbindung für das Unternehmen und langfristige Arbeitsplatzsicherheit.

Der Studiengang zum Digitalisierungsmanager der Deutschen Immobilien-Akademie (DIA) soll dabei helfen, ein ausgewogenes Maß im Dreieck zu finden und damit den Digital Kompass besser nutzen zu können. Bei der Fülle der Möglichkeiten durch Digitalisierung kann kein Unternehmen, auch Google oder Apple nicht, alle Potenziale gleichzeitig ausschöpfen. Daher kommt es darauf an, mit einfachen Leitlinien unternehmerisch erfolgreiche Entscheidungen zu treffen.

Zum Beispiel lässt sich aus obigem festhalten, dass Digitalisierung ohne Personal nicht geht. Gleichermaßen muss Digitalisierung einfach sein, damit Vorteile direkt sichtbar werden. Denn falls ein Mitarbeiter Angst vor Veränderung oder gar Jobverlust hat, möchte er transparent sehen, was Digitalisierung ihm und seinem Arbeitsplatz bringt. Erfolgreiche Digitalisierung läuft auch nicht zufällig, sondern geplant ab. Dabei enthält sie bewusste Entscheidungen für aber auch gegen bestimmte Maßnahmen und stellt hierfür Aufwand und Nutzen gegenüber. Man könnte auch sagen, dass man nicht jedem Trend hinterher laufen muss.

Denn Digitalisierung hat letztlich nur dann einen Sinn, wenn sie dabei hilft, auf dem Markt erfolgreicher zu sein. Hierfür stellt der Studiengang zum Digitalisierungsmanager (DIA) die notwendigen Kompetenzen zur Verfügung. Denn neben einer Einbettung in den rechtlichen Rahmen werden Schwerpunkte in der Organisation und dem Personalmanagement gesetzt, damit neue Entwicklungen erfolgreich mit Mitarbeitern angegangen werden können. Unter dem Stichwort „digitale Selbstverteidigung“ müssen aber auch Schattenseiten der Digitalisierung benannt werden, damit ein kluger Arbeitgeber einschätzen kann, wie er seine Mitarbeiter und damit sein Humankapitel schützt. Ohne Kommunikation und Werbung geht es natürlich nicht. Daher werden verschiedene Einsatzfelder von Social Media für die drei Profile der Immobilienvermarktung, -verwaltung und -bewertung betrachtet und anhand von Best Practice-Beispielen angereichert. Das Programm soll einen bewussteren Blick auf Digitalisierung schulen und am Ende dabei helfen, dem übergroßen Druck der Digitalisierung stand zu halten, ohne dabei wichtige Entwicklungen zu verpassen.

Tipp: Prof. Dr. Marco Wölfle (Steinbeis-Transfer-Institut/Center for Real Estate Studies — CRES) referiert zum Thema „Aus- und Weiterbildung — Zwischen Digitalisierung und Fachkräftemangel“ auf dem 2. Deutschen Personaltag für Immobilienunternehmer 2017, 10. November in Berlin, Radisson Blu, Dom Lounge.