Das perfekte Web-Exposé

8. November 2023


Im Käufermarkt wird das Immobilienexposé wieder zum Dreh- und Angelpunkt der Vermarktung. Vor allem wenn die Angebotsmenge zunimmt und andere Angebote in Konkurrenz stehen. Gerade Web-Exposés müssen daher mehr Bindewirkung erzielen.

Von Jan Kricheldorf

In den letzten Jahren waren Makler vorrangig mit der rechtlichen Seite von Immobilienangeboten beschäftigt. Textformerfordernis und Button-Urteile haben die Betriebsprozesse zwangsverändert und die Qualität und Kommunikationskraft von Exposés sind etwas zu kurz gekommen. Inhaltliche Qualitäten nahmen im Verteilermarkt eine untergeordnete Rolle ein, wichtiger war die Provisionssicherung. Doch neben all den genannten juristischen Hürden sollten in veränderter Marktlage auch die Defizite bei der visuellen Aufbereitung und dem Funktionsumfang abgebaut werden, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Pflegeleicht und zeitsparend

Technisch gesehen sind Web-Exposés kein Novum mehr. Viele CRM-Systeme bieten die Möglichkeit, auf PDF-Versand zu verzichten und stattdessen einen Link bereitzustellen, der alle Informationen zum Immobilienangebot dynamisch enthält. Dynamisch bedeutet, dass sie direkt mit den Eingaben in der Software verbunden sind. Fehler oder Textänderungen können in Echtzeit behoben werden. Der Makler kann nach Qualifikation der Interessenten Dokumente und Unterlagen freigeben und bereitstellen. Das erleichtert den zeitlichen Aufwand der Pflege von Exposés enorm, außerdem können die Öffnungen gemessen und verfolgt werden, so dass der Makler erkennt, welche Interessenten aktiv sind und welche nicht. In einem PDF geht das alles nicht.

Leider kommen neben diesen technischen Errungenschaften die visuellen Aspekte und die inhaltliche Qualität viel zu kurz. Vor allem in puncto Benutzerfreundlichkeit bleiben viele Wünsche offen. Es beginnt schon mit den Rechte-Disclaimern, die – optisch ermüdend und vollgestopft mit Text – jegliche Lust auf das Exposé vergehen lassen. Viele Workflows sind ungünstig angelegt, so dass sich der Kunde erst durch eine Flut von Mails kämpfen muss, um zum eigentlichen Exposé vorzustoßen. Wenn er das einmal erreicht hat, sind viele wichtige Informationen nicht auf einem Blick zu erkennen, schwer zu finden oder verdeckt. Vor allem die Bildergalerien lassen sich nicht gut steuern. Es fehlt an Überblick, um einschätzen zu können, ob die Immobilie in Frage kommt oder nicht.

Wenn das Exposé geschäftsschädigend wird

In einem besonders krassen Fall, den ich getestet habe, waren mehr als sechs Eingaben notwendig, um das Angebot sehen zu dürfen. Des Tests wegen habe ich mich durchgeklickt und gleichzeitig gefragt, wie viele Interessenten bereits bei Schritt 3 abbrechen. Im Verteilermarkt wäre das weniger drastisch gewesen oder sogar als Prinzip eingesetzt worden, um diejenigen herauszufiltern, die wirkliches Interesse zeigen. In dieser Marktphase allerdings wirkt ein solches Exposé geschäftsschädigend.

Klar, der Makler möchte möglichst vollständige Dateneingaben mit Telefonnummer und Anschrift, Daten, die er nach DSGVO im ersten Schritt einer Anfrage nicht abfragen darf, dennoch wirken die nachträglichen Vervollständigungsanfragen VOR dem Erhalt des Exposés als Vermarktungsbremse. Jeder Klick zu viel verhindert Leads und damit die Aussicht auf einen Abschluss. Deswegen sollte nach dem notwendigen Übel der Rechteerklärungen und dem notwendigen Double-Optin-Verfahren das Web-Exposé ohne weitere Barrieren erreichbar sein. Das Vervollständigen der Daten kann auch nachgelagert werden und als Filter für Interesse getrackt werden.

Jeder Makler weiß, wie wichtig der erste Eindruck von der Immobilie ist. Den Fotos kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Eine Immobilie, die vielleicht von außen nicht besonders hübsch wirkt, kann dieses Defizit aber jederzeit wett machen mit der richtigen Lage oder einer besonders wertigen Innenausstattung. Der Interessent sollte das mit wenigen Blicken innerhalb von Sekunden erkennen können. Dass das geht, hat das Ferienhausportal Airbnb bewiesen, die für ihren Headerbereich eine Mini-Galerie entwickelt haben, in dem weitere Fotos in verkleinerten Ansichten mit dem ersten Aufruf direkt sichtbar sind. Damit lenkt das Portal die Aufmerksamkeit sofort auf mehrere Bilder und verlässt sich nicht mehr nur auf eines, das nur einen winzigen, möglicherweise den falschen Ausschnitt zeigt. Die Integration von 360-Grad-Touren, Grundrissen, Finanzierungsinformationen oder Suchaufträgen ist nichts Außergewöhnliches mehr, bidirektionale Funktionen allerdings schon.

Das Dashboard für die Zielgruppe

Das perfekte Web-Exposé entwickelt sich immer mehr zu einem innovativen Bindungsinstrument vergleichbar mit einer Cloudanwendung zwischen verschiedenen Rollen, die um dieselbe Transaktion kreisen. Bonitäten können direkt überprüft werden, Daten an Finanzierer weitergegeben, Lösungen angeboten und Kaufentscheidungen erleichtert werden. Die Benutzung eines Web-Exposés verrät viel über das Interesse von potenziellen Mietern und Käufern. So können auch Prozesse aktiviert werden, um das Immobilienangebot in Erinnerung zu rufen oder Alternativen vorzuschlagen. Laufen diese Workflows über die eigene Webseite verbunden mit der CRM-Software, steigt auch die Relevanz und Sichtbarkeit im Netz und reduziert Abhängigkeiten zu Portalen. Das Exposé wird dadurch immer mehr zum Dashboard für die Zielgruppe der Nachfrager und – wenn ein Abschluss zustande kommt – auch für die künftigen Eigentümer und Mieter.

 

Illustration: Wordliner GmbH, alexkladoff/istock.com, siraanamwong/Depositphotos.com