Die Immobilienbranche ist ein harter Verdrängungswettbewerb. Viele Makler buhlen um die gleichen Kunden und Mandanten. Sich alleine über das Angebot und die eigene Dienstleistung abzuheben, ist kaum noch möglich. Die einzige Chance, im Markt zu überleben, ist, als Preisführer so viele Objekte wie möglich an den Mann zu bringen. Oder aber das Interesse als gefragter Experte auf sich zu ziehen und so höhere Provisionen aushandeln zu können.
Von Marcus Renziehausen
Makler, die als Experten wahrgenommen werden, wissen wie kein anderer, wie der Immobilien-Hase läuft und kennen so manchen Geheimtipp. Für ihre Qualität und Professionalität nehmen Kunden auch lange Wartezeiten in Kauf. Wer sich also als Koryphäe vom Wettbewerb abheben will, sollte an den folgenden sieben Stellschrauben drehen:
1. Kernsparte: Aussortieren
Luxusvillen, Sozialwohnungen, Gastro-Objekte und Lagerhallen — wer alles in petto hat, klingt ein wenig verzweifelt und nach Ramschtisch. Und so, als wüsste er selbst nicht, wo seine wahre Expertise liegt. Das Ich-kann-alles-Prinzip macht unglaubwürdig. Klüger ist, sich auf einen Bereich zu konzentrieren. Wer sein Angebot bündelt, verdichtet seine Energie. Das Know-how steigt und die Qualität wächst. Wer will schon in einem 08/15-Restaurant essen, das von chinesisch, bayerisch über Fast Food und Molekularküche alles auf der Karte hat?
2. Kernkunde: Fokussieren
Konzentrieren Sie sich auf Ihren Kernkunden — Klienten, die besonders gut zur eigenen Person und der gewählten Produktsparte passen. Senioren? Familien? Geschäftsmänner? Durch den Fokus auf eine bestimmte Kundengruppe haben Makler zum einen mehr Zeit, die Bedürfnisse dieses Personenkreises kennenzulernen. Zum anderen heben sie sich von vielen anderen Maklern ab. Top! Denn 90 Prozent aller Finanzberater, und damit auch die meisten Immobilienmakler, haben keinen Kernkunden definiert und sprechen alle Kunden gleich an.
3. Kernkompetenz: Stärken
Experten verfügen über seltene Kernkompetenzen und können besonderes Know-how weitergeben. Das macht sie unverwechselbar. Dabei geht es um Wissen, das der Kunde, aber auch Kollegen nicht haben oder recherchieren können. Je größer der Informationsvorsprung, desto mehr nimmt der Markt Sie als Experten wahr. Wohlhabende Familien haben andere Wünsche und Fragen als internationale Pendler. Profi-Makler wissen genau, mit welchen Sorgen diese abends ins Bett gehen. So können sie ein Service-Paket bieten, das exakt auf diese Kunden zugeschnitten ist.
4. Lokale Nähe
Liegt das eigene Maklerbüro in einer Umgebung, wo große Unternehmen oder Hochschulen ansässig sind, kann der Immobilienprofi zum Beispiel ein spezielles Leistungsangebot für die Mitarbeiter und Studenten anbieten. Das ist für ihn besonders interessant, wenn seine Kernkunden darunterfallen. Denken Sie zum Beispiel an zugezogene Berufsanfänger oder neue Mitarbeiter, die einen Zweit-Wohnsitz oder schnell eine dauerhafte Unterkunft brauchen. Mit lokaler Nähe und fachlichem Wissen können Makler punkten.
5. Persönlichkeit und Antrieb
Gehen Sie mal in sich: Gibt es in Ihrem Leben Umstände oder Ereignisse, die Ihnen dabei helfen, sich von Ihren Wettbewerbern abzusetzen? Vielleicht sind Sie selbst in einem alten Ziegelhaus oder im gleichen Stadtteil aufgewachsen und kennen die Bedürfnisse dieser Kunden nur zu gut. Oder Sie waren früher Kellner und haben einen besonderen Bezug zur Gastronomie? Überlegen Sie sich außerdem, was der tiefere Zweck Ihres Unternehmens ist. Warum tun Sie, was Sie tun? So können Makler sich sehr deutlich abheben. Warum stehen Sie jeden Morgen auf und machen Ihren Job? Was ist Ihr innerer Antrieb? Wenn es nur ums Geldverdienen geht, werden Ihre Kunden das schnell merken.
6. Ansehen und Netzwerk
Haben Sie einen speziellen Status als Immobilienprofi? Das könnte eine besondere Unabhängigkeit oder besonders hohe Transparenz sein. Auch eine spezielle Ausbildung oder ein Titel kann positiv von Wettbewerbern abgrenzen. Es gibt Makler, die Bücher geschrieben haben oder regelmäßig in den Medien Interviews geben. Noch mehr steigt das Ansehen, wenn der Experte in einem breiten Netzwerk unterwegs ist: Dann kann er dem Käufer direkt einen Maler, Maurer und Elektroprofi vermitteln. Und punktet so direkt doppelt.
7. Erfolgsgeschichten und Qualität
In Zeiten von amazon-Sternen und Facebook-Likes sind Bewertungen anderer Kunden häufig kaufentscheidend. Makler sollten sich also fragen: Gibt es besondere Erfolgsgeschichten, die für meine zukünftigen Klienten spannend sind? Welche positiven Stimmen kann ich einfangen und weitergeben? Kann ich Qualitätsstandards in meinem Unternehmen belegen? Vielleicht wurde das Büro mit einem Siegel oder Award ausgezeichnet?
All das sind ideale Möglichkeiten für Makler, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Jetzt müssen diese Alleinstellungsmerkmale nur noch sichtbar werden — auf der Website, in der Akquise, auf Flyern, im Newsletter, via Anzeige oder durch Broschüren. Natürlich sind diese Themen nicht in Stein gemeißelt. Makler tun gut daran, erst das anzugehen, was sie schnell umsetzen können. In den kommenden Monaten und Jahren kann die Expertise dann verfeinert und ausgebaut werden.
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