8 Fragen an… Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei DIE LINKE

18. August 2017


Bernd Riexinger liebäugelt mit einem Regierungsbündnis von SPD, Grünen und Linken. Im AIZ-
Parteien-Check fordert er den Neustart eines sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbaus. Dafür soll die Wohnraumförderung des Bundes auf jährlich 5 Mrd. Euro erhöht und vorrangig an kommunale und gemeinnützige Träger vergeben werden. Riexinger spricht sich für eine niedrigere Grund- erwerbsteuer für diejenigen aus, die ihre gekaufte Wohnung oder das Einfamilienhaus selbst nutzen. Interview von Heiko Senebald

Was will Ihre Partei tun, um den Wohnungsneubau anzukurbeln? Gibt es neue Konzepte/Ideen?

Bernd Riexinger: Obwohl so viel gebaut wird wie seit vielen Jahren nicht mehr, entsteht die überwiegende Mehrzahl von neugebauten Wohnungen im hochpreisigen Segment. Durchschnittsverdiener und Menschen mit geringem Einkommen brauchen daher staatliche Unterstützung. Wir wollen deshalb den Neustart eines sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbaus. Dafür soll die Wohnraumförderung des Bundes auf jährlich 5 Mrd. Euro erhöht und vorrangig an kommunale und gemeinnützige Träger vergeben werden. So sollen bis zu 250.000 Wohnungen jährlich mit dauerhaften Sozial- und Belegungsbindungen entstehen. Die größte Hürde für einen bezahlbaren Neubau sind jedoch derzeit die hohen Grundstückspreise. Wir wollen Gewinne aus Grundstücksgeschäften effektiv besteuern, Share-Deals unterbinden sowie öffentliche Grundstücke vorrangig und deutlich verbilligt für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Dafür müssen Bund, Land und Kommunen ihre Liegenschaftspolitik ändern. Statt sie zu Höchstpreisen zu verkaufen, müssen soziale Konzepte Vorrang haben.

Was plant Ihre Partei, um den Wohneigentumserwerb zu befördern?

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben kaum noch die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, weil sie einen Großteil ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Deswegen steht der Kampf für bezahlbare Mieten an. Wir wollen die Rechte von Bauherrinnen und Bauherren gegenüber den Banken stärken und sie damit auch finanziell entlasten. DIE LINKE setzt sich außerdem für eine Bodenpreisbremse ein, denn Spekulation mit Grundstücken benachteiligt Mieter und private Bauherren.

Wie steht Ihre Partei dazu, dass die Mehrzahl der Bundesländer die Grunderwerbsteuer seit Jahren sukzessiv anhebt?

Grunderwerbsteuern sind eine wichtige Einnahmequelle für die Länder, um Investitionen in die soziale Infrastruktur zu finanzieren. Share Deals als Umgehungsmöglichkeit für die Grunderwerbsteuer, die Großinvestoren nutzen, müssen unterbunden werden. Eine solche Subventionierung von Immobilienspekulation und Großinvestoren verschiebt die Steuerlast auf einfache Wohneigentümerinnen und -eigentümer. Wir wollen die Grunderwerbsteuer sozial staffeln. Eine niedrigere Grunderwerbssteuer sollte für diejenigen gelten, die ihre gekaufte Wohnung oder das Einfamilienhaus selbst bewohnen. Eine höhere Grunderwerbssteuer ist für institutionelle Anleger ab einem bestimmten Investitionsvolumen denkbar.

Die Mietrechtsnovellen der vergangenen beiden Jahre haben zwar für viel Aufmerksamkeit gesorgt, die Preisentwicklung wurde dennoch nicht beeinflusst. Im Umkehrschluss wurden jedoch Investoren verunsichert. Wie wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode mit dem Mietrecht umgehen?

Eine Mietpreisbremse, die wirkt, muss flächendeckend, unbefristet und ohne Ausnahmen gelten. Rechtsverbindliche, qualifizierte Mietspiegel in allen Städten über 25.000 Einwohnerinnen und Einwohnern schaffen Rechtssicherheit und helfen Vermietern bei der transparenten Festlegung der Miethöhe. Die gesetzliche Mietpreisbremse zu umgehen, ist Betrug und muss auch so geahndet werden. Vermieterinnen und Vermieter mit einer sozialen Preisgestaltung müssen eine wirksame Mietpreisbremse nicht fürchten. DIE LINKE setzt sich darüber hinaus für einen besseren Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter ein. Kündigung wegen Eigenbedarf wollen wir auf engste Angehörige begrenzen. Ein Ausgleich von Mietrückständen muss neben der fristlosen Kündigung auch die ordentliche Kündigung abwenden. Vereinzelter oder unverschuldeter Zahlungsverzug darf kein Kündigungsgrund sein. Rechtsstreitigkeiten müssen abschließend gerichtlich geklärt werden, bevor Vermieter zur Kündigung greifen.

Beim Klimaschutz ist die Wohnungswirtschaft Pionier und Partner der Politik. Im Neubau sind die Anforderungen an die energetische Ausstattung hoch. Bei den Bestandsimmobilien ist bislang auch viel in die Modernisierung investiert worden. Die weiteren Investitionen in diese Immobilien zeigen sich aber nur wenig effizient, verursachen aber hohe Kosten, die am Ende der Mieter mittragen muss. Wie wollen Sie an der Stelle den Klimaschutz im Gebäudebereich gestalten?

Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen und wir brauchen die energetische Sanierung von Gebäuden. Diese nötigen Investitionen dürfen aber nicht zur Vertreibung von Mieterinnen und Mietern führen. Statt Vermieter durch die Umlage zu möglichst teuren Modernisierungen einzuladen, wollen wir gezielte Sanierungen fördern und die Mieterinnen und Mieter angemessen durch einen sozialen und ökologischen Mietspiegel an der Finanzierung beteiligen. DIE LINKE will die KfW-Fördermittel für die energetische Sanierung auf mindestens 5 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen und die Förderung entbürokratisieren. Darauf soll ein Rechtsanspruch für Eigentümer wie auch für Mieterinnen und Mieter bestehen. Für Eigentümer sollen auch steuerliche Anreize geschaffen werden. Bei Mietwohnungen soll Ziel der Förderung die Warmmietenneutralität für die Mieterinnen und Mieter sein. Das würde die Akzeptanz der Maßnahmen deutlich erhöhen.

Wollen Sie, dass der Käufer einer Immobilie eine verlässliche Fachberatung durch den Immobilienmakler bekommt? Sehen Sie, dass das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Gesetz für die Berufszulassung von Immobilienmaklern und -verwaltern das geeignete Instrument dafür ist?

Nein. Denn die an sich begrüßenswerte Einführung einer verbindlichen Berufsqualifikation für Maklerinnen und Makler wurde erkauft durch einen unzureichenden Verbraucherschutz für Mieterinnen und Mieter sowie für selbstnutzende Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer. Eine klare gesetzliche Regelung auch für die Berufszulassung von Verwaltern von Wohneigentum und von Mietwohnungen sowie für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist längst überfällig. Durch die kurzfristige Streichung eines Sachkundenachweises für Immobilienverwalter aus dem Gesetz hat sich die Bundesregierung aus der Verantwortung gestohlen.

Wohnen Sie zur Miete oder Eigentum? Warum?

Ich wohne in Stuttgart im Eigentum und in Berlin zur Miete.

Wen wünschen Sie sich als Koalitionspartner?

DIE LINKE will einen Politikwechsel, u.a. um für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, und macht dafür den Wählerinnen und Wählern ein Angebot, das zugleich eine Herausforderung für SPD und Grüne darstellt. Wir werden sehen, ob sich die beiden Parteien dieser Herausforderung stellen oder lieber mit Merkel so weiter machen.

 

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