Aktiver Umgang mit Arbeitgeberbewertungen als Erfolgsfaktor im Recruiting

15. Januar 2020


Die Immobilienwirtschaft gehört heute zu den Mangelbranchen, was den Kandidatenmarkt angeht. Fach- und Führungskräfte werden zum Teil verzweifelt gesucht. Nur jene Arbeitgeber behalten im Wettbewerb um die besten Köpfe die Nase vorn, die sich auf eine neue Generation von Bewerbern in der digitalen Welt einstellen.

Von Hermann Hoogestraat

Die im E-Commerce verbreiteten Standards bestimmen mehr und mehr die Erwartungshaltung von Jobsuchenden, die zugleich Online-Konsumenten sind und in dieser Rolle Produktbewertungen kennen gelernt haben.

Empfehlungen und Bewertungen

Die Regel lautet hier: Kein Kauf ohne echte Empfehlung von Nutzerseite – und eine echte Empfehlung setzt eine gute bis sehr gute Bewertung voraus. Würden Sie ein Smartphone erwerben, das mit 3,0 von 5 Sternen bewertet wird? Sicher nicht. Dieses Verhalten bestimmt zunehmend den Umgang von Jobsuchern mit Arbeitgeberbewertungen. Seit mehr als zehn Jahren gibt es in Deutschland entsprechende Bewertungsportale wie kununu. Die durchschnittliche Bewertung von Unternehmen in der Immobilienwirtschaft liegt dort aktuell bei rund 3,4 von 5 möglichen Sternen. Das klingt auf den ersten Blick nicht schlecht, aber Bewertungen werden erst jenseits der 4,0-Grenze zur wirklichen Empfehlung. Mit anderen Worten: Einen Arbeitgeber, der mit 3,4 bewertet wird, würde man auf Grundlage der Bewertung nicht unbedingt für die Jobwahl in Betracht ziehen.
Unterdurchschnittliches Abschneiden im Branchenvergleich

Hinzu kommt: Arbeitgeberbewertungen entfalten ihre Wirkung im Vergleich mit anderen Unternehmen: In der Immobilienwirtschaft liegt der durchschnittliche Score aktuell leicht unter dem branchenübergreifenden Durchschnitt. Unternehmen, die deutlich darunter liegen, haben ein ernsthaftes Image-Problem innerhalb der Branche, das kaum durch gegenläufige Versprechen in Stellenanzeigen oder auf der Karriereseite kompensiert werden kann. Denn Bewertungen bilden mittlerweile einen festen Bestandteil des digitalen Wegs der Jobinteressierten zu einem möglichen Arbeitgeber, den Recruitingexperten als „Candidate Journey“ bezeichnen. Immer mehr Kandidaten beginnen ihre Jobsuche bei Google und landen dann schon auf der ersten Seite der Trefferliste auf der kununu-Bewertungsseite des ins Visier genommenen Arbeitgebers. Seit Mai 2019 hat Google in Deutschland Google for Jobs eingeführt – die darauf optimierten Treffer bei der Jobsuche werden besonders prominent in einem blauen Kasten gezeigt, der wiederum auf Jobportale verlinkt.

Aktionsmöglichkeiten für Unternehmen

Viele Personalverantwortliche fühlen sich angesichts des Arbeitgeberbewertungsbooms hilflos. Dabei stehen Unternehmen verschiedene Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Feedback analysieren und für Verbesserungen nutzen: Das ist eine notwendige Voraussetzung, um produktiv mit Arbeitgeberbewertungen umgehen zu können. Denn langfristig helfen hier keine Tricksereien, sondern Arbeit an der Substanz.
  • Kostenlos einen Arbeitgeber-Account beantragen und sichtbar auf kritisches Feedback antworten: So signalisiert das Unternehmen Wertschätzung gegenüber den Bewertern und Offenheit im Umgang mit Kritik.
  • Ein kostenpflichtiges Profil auf Arbeitgeberbewertungsplattformen veröffentlichen: So schließen auf kununu bewertete Unternehmen Personalwerbung von Wettbewerbern auf der eigenen Ergebnisseite aus und teilen die eigene Sicht der Dinge mit.
  • Feedback gezielt fördern: um die Anzahl der Bewertungen zu erhöhen.

Bewerber wünschen sich übrigens mehrheitlich Arbeitgeber, die die oben beschriebenen Maßnahmen ergreifen (siehe Grafik). Die Untätigkeit von Unternehmen findet nur bei 8,9% Zustimmung.

Feedback fördern — Methode und Wirkung

Ich möchte zum Schluss etwas genauer auf den Aspekt der Feedbackförderung eingehen, weil sich softgarden besonders gut damit auskennt. Denn 2016 haben wir als erster Recruitinganbieter in Deutschland eine Feedback-Lösung für Arbeitgeber entwickelt. Wichtig ist erstens, dass Mitarbeiter und Bewerber neutral zum Feedback aufgefordert werden. Wer gezielt und selektiv besonders zufriedene Mitarbeiter aktiviert, erzielt zwar für ein paar Tage oder Wochen sichtbar positive Bewertungs-Ergebnisse. Auf Dauer ziehen Arbeitgeber damit aber den Kürzeren, denn das wird schnell zum Thema auf kununu & Co – und der Score geht danach dauerhaft in den Keller. Zweitens ist es wichtig, dass die Feedbackförderung fest in bestehende Prozesse integriert und am besten automatisiert wird. So lässt sich die Zahl der Bewertungen verlässlich steigern.

Das ist wichtig, denn laut „Local Consumer Review Survey 2018“ entsteht Vertrauen erst ab 30-40 Bewertungen. Google bewertet zudem aussagekräftige Bewertungen mit Kommentaren besonders hoch, das heißt, das Unternehmen wird als Arbeitgeber sichtbarer, je mehr Bewertungen vorliegen. Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich durch aktive, neutrale Feedbackförderung der Bewertungsdurchschnitt meist positiv entwickelt. Denn so mobilisiert das Unternehmen das gesamte Spektrum der Mitarbeiter- und Bewerbersichtweisen. Last but not least: Je mehr Feedback vorliegt, desto eher können Sie Bewertungen zu konkreten Verbesserungen nutzen: in den Recruitingprozessen ebenso wie im Hinblick auf ihre Qualität als Arbeitgeber. Denn darauf kommt es im Wettbewerb um die Talente letztlich an. Bei einer Immobilie entscheidet ja auch nicht vorrangig der Außenanstrich über den Kauf.