Anhebung des Mindestlohns für Minijobs

24. September 2022


Seit dem 1. Januar 2015 haben auch geringfügig entlohnte oder kurzfristig Beschäftigte Anspruch auf den Mindestlohn. Dieser ist seit 2021 halbjährlich gestiegen. Bisher musste jeweils die vertragliche Arbeitszeit entsprechend herabgesetzt werden, um die Verdienstobergrenze nicht zu überschreiten. Zum 1. Oktober 2022 wird der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben. Was zu beachten ist.

Von Hans-Joachim Beck

Anders als bei den vorangegangenen Erhöhungen des Mindestlohns muss diesmal die vertragliche Arbeitszeit nicht herabgesetzt werden. Denn zum gleichen Zeitpunkt wird die Verdienstobergrenze für Minijobs von 450 auf 520 Euro angehoben. Die Arbeitszeit kann sogar leicht angehoben werden, da die zulässige Arbeitszeit ab Oktober 43,33 Stunden (= 43 Stunden und 20 Minuten beträgt, während sie bisher nur 43,06 Stunden betrug (450/10,45).

Auch bei einer zukünftigen Anhebung des Mindestlohns muss die Arbeitszeit nicht mehr angepasst werden, da mit der Anhebung des Mindestlohns in einem neuen Absatz 1 a des § SGB IV eine dynamische Verdienstobergrenze eingeführt worden ist, die sich bei einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns ebenfalls erhöht. Die Verdienstobergrenze errechnet sich nämlich in Zukunft, indem der Mindestlohn mit 130 multipliziert, durch drei geteilt und anschließend auf volle Euro abgerundet wird  (12 x 130 = 1.560 x 1/3 = 520).

Wird die Verdienstgrenze überschritten, liegt keine geringfügig entlohnte Beschäftigung mehr vor. Dabei kommt es nicht auf die tatsächliche Zahlung, sondern auf den entstandenen Entgeltanspruch des Beschäftigten an. Von diesem Zeitpunkt an handelt es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Arbeitgeber müssen dann entsprechende Ummeldungen im Meldeverfahren nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) erstellen.

Verdienstobergrenze

Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen

Für die Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze kommt es nicht auf das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt an, sondern auf das Entgelt, auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat. Zur Prüfung der Verdienstobergrenze muss daher geprüft werden, ob und inwieweit Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder eine betriebliche Übung dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf weiteres Entgelt gewähren.

Einmalige Zahlungen

Dem regelmäßigen monatlichen Arbeitsverdienst sind gem. § 14 Absatz 1 SGB 4 auch einmalige Einnahmen hinzuzurechnen, die mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich gezahlt werden (beispielsweise Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld). Dagegen bleiben zum Beispiel Jubiläumszuwendungen bei der Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts außer Betracht, weil es sich um nicht jährlich wiederkehrende Zuwendungen handelt. Ein Arbeitnehmer, der monatlich nur 520 Euro verdient, daneben aber auch noch Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erhält, ist nicht mehr geringfügig beschäftigt.

Beitragsfreier Arbeitslohn

Arbeitslohn, der pauschal versteuert wird oder steuerfrei ist, wird bei Prüfung der 520-Euro-Grenze dann nicht berücksichtigt, wenn die Pauschalierung oder die Steuerfreiheit auch die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung auslöst.

Bei der Prüfung der 520-Grenze bleiben deshalb insbesondere folgende Beträge außer Betracht:

  • Steuer und beitragsfreie Zuschläge für Sonntags- Feiertags- und Nachtarbeit.
  • Sachbezüge bis zu 50 Euro monatlich.
  • Geldwerte Vorteile bis zur Höhe des Rabattfreibetrages von 1.080 Euro Jährlich.
  • Kindergartenzuschüsse.
  • Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, als Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen (Freibetrag für nebenberufliche Tätigkeiten gemäß § 3 Nr. 26 EStG).
  • Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (Freibetrag für nebenberufliche Tätigkeiten nach § 3 Nr. 26 a EStG).
  • Fahrkostenzuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die pauschal mit 15 Prozent versteuert werden.
  • Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Jobtickets.
  • Beiträge zur Direktversicherung und Gruppenunfallversicherungen, die pauschal mit 20 Prozent versteuert werden.

Hat der Minijobber keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, kann er mehrere Minijobs nebeneinander ausführen, wenn er mit diesen insgesamt nicht mehr als 520 Euro monatlich verdient. Überschreitet er die Verdienstgrenze insgesamt, sind alle Jobs versicherungspflichtig — und damit keine Minijobs.

Stundenzahl

Unvorhersehbare Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze

Ein unvorhersehbares Überschreiten der Verdienstobergrenze steht der Anerkennung einer geringfügigen Beschäftigung unter bestimmten Voraussetzungen nicht entgegen. Die Voraussetzungen sind jedoch neu geregelt worden und enthalten zwei Grenzen.

Nach dem neuen Absatz 1 b des § 8 SGB IV steht ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze dem Fortbestand einer geringfügigen Beschäftigung nach Absatz 1 Nummer 1 nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.

Damit soll ein nicht vorhersehbares Überschreiten nur noch zweimal statt dreimal innerhalb eines Zeitjahres möglich sein. Daher führt jetzt ein Arbeitsentgelt von mehr als dem 14-fachen der Geringfügigkeitsgrenze in jedem Fall zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Außerdem wird die Höhe des Mehrverdienstes pro Kalendermonat des Überschreitens auf einen Wert in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze gedeckelt.

 

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