Auf in die Vorstadt?

21. Dezember 2017


Die Mieten in Großstädten sind 2017 nicht mehr so stark gestiegen wie im Jahr zuvor. Dennoch ist Wohnen in unseren Zentren über einen längeren Zeitraum gesehen kostspieliger geworden. Besonders deutlich wird das bei den Immobilienkaufpreisen.

Von Michael Stüber

Laut einer aktuellen Marktstudie betrug der durchschnittliche Verkaufswert einer Wohnung in München vor zehn Jahren noch 209.000 Euro, heute sind es 420.000 Euro. In Hamburg verteuerten sich Immobilien im selben Zeitraum um etwa 75 Prozent. In Berlin haben sich die Kaufpreise sogar mehr als verdoppelt, wenn auch das Preisniveau niedriger blieb als in München. Diese Preisrally wirkt sich mittlerweile auf die Bevölkerungsstruktur aus.

Der Anstieg von Mieten und Kaufpreisen betrifft insbesondere die sogenannten Schwellenhaushalte, häufig also Familien mit Kindern. Ihnen sind wirtschaftlich Grenzen gesetzt. Mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens wollen und können sie für die eigenen vier Wände nicht ausgeben. Da erscheint ein Umzug ins angrenzende Umland verlockend. Wer etwa hohe Preise in München nicht aufbringen will, zieht nach Erding oder Fürstenfeldbruck. Hamburger überlegen, ob sie nicht mehr Wohnfläche bekommen, wenn sie etwa ins Schleswig-Holsteinische Wedel oder nach Stade umsiedeln. In Frankfurt pendeln mittlerweile aufgrund gestiegener Preise deutlich mehr Menschen in die Stadt als diese an Einwohnern zählt.

Häufig lohnt sich ein Umzug ins Umland

Eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem Ergebnis, dass mittelgroße Städte wie Lübeck und Mainz einen deutlich steigenden Zuzug haben — und zwar anteilig mehr als etwa Frankfurt am Main oder Hamburg. Zu den Top Sieben der mittelgroßen Zuzugsstädte gehört der Erhebung zufolge auch Potsdam. Das zeigt: Deutsche Metropolen wie beispielsweise Berlin sind zwar sehr beliebt, aber immer seltener können Durchschnittsverdiener noch die Top-Lagen bezahlen. Gerade für Schwellenhaushalte ist die eigene Immobilie am Stadtrand daher eine kluge Alternative. Die Baulandpreise sind häufig günstiger und ländliche Kommunen können größere Areale an Bauland schneller bereitstellen. Denn eine Umwandlung eines städtischen Gewerbegebietes zu einem Wohngebiet dauert häufig mehrere Jahre.

Campus-Büros ermöglichen das Arbeiten nahe am Wohnort

Umlandgemeinden sollten vor allem über ausreichende Büroflächen nachdenken. Denn das tägliche Pendeln und starre Anwesenheitspflichten im innerstädtischen Büro sind nicht mehr die zeitgemäße Antwort auf die Frage, wo wir künftig arbeiten wollen. Wenn wir Wohnquartiere mit Coworking-Spaces ausstatten, die punktuell buchbar sind, können die Bewohner eigenverantwortlich und in Absprache mit ihren Arbeitgebern entscheiden, von welchem Standort aus sie arbeiten wollen: Heute in der Zentrale, morgen vom Campus-Büro aus. Coworking-Spaces stellen die gleiche Infrastruktur zur Verfügung wie in einem normalen Büro, sind aber weitaus effizienter, da sie flexibel buchbar und abrechenbar sind. Es ist ein klarer Vorteil zum starren und individualisierten Homeoffice, das aufwendig eingerichtet werden muss.

Käufer von Wohnungen oder Reihenhäusern in der Peripherie sollten sich vor einem Umzug genau erkundigen, ob die Infrastruktur stimmt. Vom Umland in die Stadt sollte es geeignete Straßenverbindungen geben. Zudem ist ein gut ausgebautes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln wichtig. Städte wie Berlin haben Anbindungsprobleme lokalisiert und arbeiten im Rahmen des Projektes „Elbe-Spree“-Netz mit dem Land Brandenburg zusammen. Umsteigemöglichkeiten werden verbessert und Taktzeiten verkürzt.

Selbstverständlich müssen Käufer auch prüfen, ob die Immobilie etwa 15 bis 20 Prozent günstiger ist als in der Metropole. Noch ist das Preiswachstum dort in aller Regel moderater. Schließlich spielt ein gutes soziales Netz eine wichtige Rolle. Für Kinder sollten Bildungseinrichtungen nach Möglichkeit fußläufig erreichbar sein. Ebenso wichtig sind nahe Einkaufsmöglichkeiten, Apotheken sowie Ärzte in erreichbarer Nähe zur Wohnung. Wenn die Mehrheit der Faktoren erfüllt ist, dann steht einem Umzug ins Umland eigentlich nichts mehr im Wege. Nur lange warten darf man nicht aufgrund der weiterhin dynamischen Entwicklungen der Kaufpreise.