Aufteilung des CO2-Preises – ein guter Kompromiss?f

28. Juli 2022


Auf den ersten Blick ist der Bundesregierung mit dem Referentenentwurf zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten eine pragmatische Lösung gelungen. Im Detail zeigen sich allerdings bedenkliche, kaum nachvollziehbare Schwächen: Effektiver Klimaschutz wird ausgebremst und zukünftige Rechtsstreitigkeiten in Kauf genommen.

Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

Manchmal kann die Suche nach einem politischen Kompromiss mühevoll oder sogar aufreibend sein. Seit Monaten streitet sich das politische Berlin darum, wie der Heizkostenaufschlag durch den CO2-Preis zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden könnte — eine aus meiner Sicht völlig unnötige Debatte, die viele Ressourcen verbraucht und überdies für viel Unfrieden zwischen Mietern und Vermietern gesorgt hat.

Während die vorherige Regierung auf der Suche nach einer guten Lösung am Ende gescheitert ist, hat die Ampelkoalition nun als Kompromiss einen neuen Referentenentwurf vorgelegt, der zur Abstimmung im Bundestag ansteht.

Das nun vorgelegte Stufenmodell sieht vor, dass der CO2-Preis zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt wird. Bei Häusern mit besonders schlechter CO2-Bilanz übernehmen die Vermieter 90 Prozent der Kosten, ab dem Standard „Effizienzhaus 55“ müssen sie hingegen nichts mehr bezahlen. Ist dieser Entwurf nun ein guter, ein tragbarer oder eher ein fauler Kompromiss?

Auf den ersten Blick scheint er zumindest zweckmäßig, da er alle Beteiligten in die Verantwortung nimmt. Schaut man aber genau hin, lässt er viele Ausnahmen zu: Wenn zum Beispiel energetische Sanierungen für Eigentümer aufgrund staatlicher Vorgaben nicht möglich sind, dann müssen sie sich weniger stark oder sogar gar nicht am CO2-Preis beteiligen. Dies gilt für denkmalgeschützte oder in Milieuschutzgebieten gelegene Gebäude.

Insbesondere dieser Kompromiss ist im wahrsten Sinne des Wortes faul. Die Regelung zeigt, dass man es zugunsten einer Sozialverträglichkeit einfach in Kauf nimmt, dass in diesen Gebieten kaum energetisch saniert wird. „Milieuschutz verhindert Klimaschutz“, so könnte die Überschrift dieser Idee lauten. Ist das der politische Wille des Gesetzgebers?

Ich kann mir das angesichts der Einsparziele im Gebäudesektor nicht vorstellen. Um diese nochmal in Erinnerung zu rufen: Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Auf den Gebäudebereich entfallen rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen, in den kommenden acht Jahren müssen die Emissionen im Gebäudebereich gegenüber 1990 auf 67 Millionen Tonnen CO2 sinken. Diese Ziele sind aber nicht erreichbar, wenn ganze Viertel in den Großstädten flächig von Sanierungsmaßnahmen unberücksichtigt bleiben.

Nicht mehr tragbar wird der Kompromiss, wenn die Verfasser des Referentenentwurfs davon ausgehen, dass im Ergebnis Mieter und Vermieter vor Gericht ausfechten werden, wie das Gesetz angewendet wird. „Es ist nicht auszuschließen, dass es im Mietverhältnis anfänglich Unsicherheiten in der Anwendung der neuen Rechtslage gibt. Dies kann in vereinzelten Fällen zu vermehrtem Beratungsbedarf bis hin zu einer gerichtlichen Klärung und geringfügigen Mehrbelastung der Gerichte führen“, heißt es in dem Entwurf.

Um es offen und ehrlich zu sagen: Niemand braucht bereits programmierte Rechtsstreitigkeiten; es sollte doch den Anspruch geben, Gesetze auf die Beine zu stellen, die von Anfang an Konflikten vorbeugen und diese nicht noch schürt.

Wir als IVD werden uns weiterhin für gute und pragmatische Lösungen einsetzen — auch in neuer Funktion. Turnusmäßig wird der IVD am 1. Juli den Vorsitz in der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) vom ZIA übernehmen.

Es ist für uns Auftrag und Bürde zugleich, in dieser schwierigen Zeit den Vorsitz der BID zu übernehmen. Denn die Herausforderungen sind angesichts der außenpolitischen und ökonomischen Lage komplex: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, Inflationssorgen, eine mögliche Zinswende und die Auswirkungen der Corona-Jahre auf die Immobilienbranche sind nur einige Stichworte. Und auch steigende Baukosten, Lieferkettenprobleme und der allgegen-
wärtige Fachkräftemangel werden uns weiter stark beschäftigen.

Unser Hauptanliegen wird aber bleiben, uns gegenüber der Politik für realisierbare Lösungen insbesondere beim Wohnungsbau einzusetzen. Wir werden dabei nicht müde zu betonen, dass bereits konkrete Vorschläge vorliegen, wie Bauen einfacher und schneller funktionieren kann — und dies sowohl ökologisch nachhaltig als auch sozialverträglich.

 

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