Auswirkungen der Verschärfung des Mietrechts im Steuerrecht

25. Februar 2020


Das Mietrecht ist in den letzten Jahren immer weiter verschärft und die Möglichkeit zu einer Anhebung der Miete stark eingeschränkt worden. In Berlin soll das Mietenniveau durch den sogenannten Mietendeckel sogar abgesenkt werden. All diese Regulierungen haben Auswirkungen im Steuerrecht.

Von Hans-Joachim Beck

Auf Bundesebene ist zum 1. Januar 2020 der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre ausgedehnt worden. In Gebieten mit steigenden Mieten führt dies naturgemäß zu einem Absinken der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dadurch wird die Möglichkeit, gemäß § 558 BGB die Zustimmung zu einer Mieterhöhung zu verlangen zumindest für einige Jahre abgeschafft.

Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht können sich dadurch in drei Bereichen ergeben: Annahme einer Gunstmiete (§ 21 Abs. 2 EStG), Liebhaberei für Mietwohnungen im Privatvermögen, Teilwertabschreibungen für Mietwohnungen im Betriebsvermögen.

Gunstmiete

Von einer Gunstmiete spricht man, wenn das Entgelt für die Überlassung der Wohnung weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG ist das Mietverhältnis in diesem Fall in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Soweit die Aufwendungen des Vermieters auf den unentgeltlichen Teil der Vermietung entfallen, sind sie vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen, sodass ein etwaiger Verlust entsprechend gekürzt wird.

Als Miete wird dabei nicht nur die Nettokaltmiete angesetzt, sondern die Nettokaltmiete zuzüglich der Betriebskosten, weil steuerrechtlich auch die vom Mieter getragenen Betriebskosten als Mieteinnahmen gelten. Dementsprechend wird von den Finanzämtern als ortsübliche Marktmiete die ortsübliche Nettokaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten angesetzt. Die Berücksichtigung der Betriebskosten ist für den Vermieter günstig, da diese in der Regel auch bei einer verbilligten Überlassung von dem Mieter in vollem Umfang zu tragen sind.

Zur Feststellung der ortsüblichen Miete geht die Finanzverwaltung in Berlin bisher von dem aktuellen Mietspiegel aus. Nach Inkrafttreten des Mietendeckels wird es jedoch keinen Mietspiegel mehr geben. Denn gemäß § 528 Abs. Abs. 2 Satz 2 BGB ist bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete „Wohnraum ausgenommen, bei dem die Miethöhe durch Gesetz (…) festgelegt worden ist“. Aufgrund des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG) wird dies aber bei allen Wohnungen der Fall sein, die vor dem 1. Januar 2014 bezugsfertig geworden sind. Denn für diese Wohnungen ist in § 3 Berliner MietenWoG geregelt, dass die Mieten nicht höher sein dürfen als am 18. Juni 2019. Bei einer Wiedervermietung muss die Miete gemäß § 4 Berliner MietenWoG sogar auf die sogenannte Tabellenmiete abgesenkt werden. Als Ersatz für den Mietspiegel will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung deshalb eine Datenbank sämtlicher Mietverträge einrichten (Mietenkataster).

Durch das Berliner MietenWoG soll nicht nur ein Mietenstopp bewirkt, sondern das Niveau der Mieten sogar abgesenkt werden. Durch ein Absinken der ortsüblichen Vergleichsmiete würde die vereinbarte Miete aber nicht zur Gunstmiete werden, weil ihr Anteil an der ortsüblichen Miete dadurch größer und nicht kleiner wird. Dies hätte allenfalls zur Folge, dass der Vermieter dementsprechend auch die von ihm vereinbarte Gunstmiete absenken könnte, ohne unter die Grenze von 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete zu rutschen.

Solange der Mietendeckel gilt, wird die Finanzverwaltung als ortsübliche Miete jedoch weiterhin den Mietspiegel 2019 zugrunde legen und auf die Vorschrift des § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB verweisen, nach der ein Vermieter sich bei einem Mieterhöhungsverlangen auch auf einen veralteten Mietspiegel berufen kann, wenn kein aktueller Mietspiegel vorhanden ist. Denn anderenfalls müsste sie selbst umfangreiche Erhebungen zur Feststellung der Mieten anstellen. Zwar verfügt die Finanzverwaltung aufgrund der Angaben in den Steuererklärungen über die Höhe der Mieten. Die Angaben reichen jedoch nicht aus, um daraus eine Art Mietspiegel zu erstellen, da Angaben über die Ausstattung und Beschaffenheit der Wohnungen fehlen.

Anders wird es jedoch sein, wenn das Berliner MietenWoG — wie von der Senatsverwaltung geplant — nach fünf Jahren ausläuft. Wenn bis dahin das allgemeine Niveau der Wohnungsmieten gesunken ist, wie es die Senatsverwaltung möchte, wird es einen neuen Mietspiegel geben müssen, der diese niedrigeren Werte ausweist. Damit werden viele Vermieter die Möglichkeit haben, eine niedrigere Miete zu vereinbaren, ohne unter die Grenze von 66 Prozent rutschen. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Berliner Mietendeckel aufhebt, wird sich das Mietenniveau inzwischen möglicherweise — faktisch — gesenkt haben. Sollte die Entscheidung des BVerfG lange auf sich warten lassen, wird deshalb ein ähnlicher Effekt auftreten.

Ausweitung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete

Durch das Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete vom 21. Dezember 2019 ist der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete in § 558 Abs. 2 BGB von bisher vier auf sechs Jahre verlängert worden. Durch die Einbeziehung von zwei älteren Jahren wird die ortsübliche Vergleichsmiete in allen Gemeinden sinken, in denen die Mieten in den letzten sechs Jahren gestiegen sind. Sobald die neuen Mietspiegel veröffentlicht werden, kann man neu prüfen, wo die Grenze von 66 Prozent liegt.

Liebhaberei

Alle Investoren, die in den letzten Jahren in Berlin Wohnungen gekauft und im Vertrauen auf die Möglichkeit zukünftiger Mietsteigerungen einen hohen Kaufpreis akzeptiert haben, müssen mit dauerhaften Verlusten rechnen. Denn durch den Berliner Mietendeckel werden die erwarteten Mietsteigerungen verhindert und die Vermieter müssen die Miete bei einem Mieterwechsel gegebenenfalls sogar absenken. Die Investition würde vollends zum Desaster, wenn die Finanzverwaltung deswegen eine Liebhaberei annehmen und die Verluste streichen könnte. Dies ist jedoch nur in Sonderfällen zu befürchten.

Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie fallen nur dann unter eine der sieben Einkunftsarten, wenn die Absicht besteht, einen Totalüberschuss zu erzielen. Besteht diese Absicht nicht, werden die Einkünfte der Privatsphäre zugeordnet, sodass Verluste unberücksichtigt bleiben. Dies ist der Fall, wenn mit dem Vermietungsgegenstand in der Totalperiode voraussichtlich kein Totalgewinn erwirtschaftet wird. Befindet sich die Immobilie im Betriebsvermögen, ist ein möglicher Veräußerungsgewinn einzubeziehen. Gehört die Immobilie zum Privatvermögen ist ein etwaiger Veräußerungsgewinn dagegen unbeachtlich.

Um die Probleme einer Prognoserechnung zu vermeiden, hat der Bundesfinanzhof im Jahre 1998 eine Vermutungsregel aufgestellt (BStBl 1998 II S. 771). Danach ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Absicht, positive Einkünfte zu erzielen, grundsätzlich zu vermuten, wenn die Vermietung auf Dauer angelegt ist. Aufgrund dieser Rechtsprechung dürften die mietrechtlichen Einschränkungen in den meisten Fällen nicht dazu führen, dass die Vermietung zur Liebhaberei wird. Allerdings gilt die Vermutung nicht, wenn es sich um einen Sonderfall handelt. Dies sind nach der bisherigen Rechtsprechung: nicht auf Dauer angelegte Vermietung (befristete Vermietung, zeitnahe Eigennutzung (in der Regel fünf Jahre), zeitnahe Veräußerung (in der Regel fünf Jahre), Mietkauf-/Bauherrenmodelle), Luxuswohnungen, Ferienwohnungen, leer stehende Immobilie, außergewöhnlich lange Renovierungszeiten, unbebaute Grundstücke, Verlustzuweisungsgesellschaften, Gewerbeobjekte und Immobilienfonds.

Unter einer Luxuswohnung versteht man entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch zunächst Wohnungen, die besonders groß sind (mehr als 250 m²) oder besondere Ausstattungsmerkmale aufweisen wie beispielsweise eine Schwimmhalle. Hierzu gehören aber auch Wohnungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten so hoch sind, dass die Normalabschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG höher ist als die Mieteinnahmen. In diesem Fällen gilt die allgemeine Vermutungsregel nicht, so dass der Vermieter nachweisen muss, dass er in der Totalperiode voraussichtlich einen Totalüberschuss erzielen wird.

In der Praxis dürfte es kaum Fälle geben, in denen ein entsprechend hoher Kaufpreisfaktor zugrunde gelegt worden ist. Würde der gesamte Kaufpreis für das Gebäude gezahlt werden und der Bodenwertanteil null Prozent betragen, wäre bei einer Abschreibung von 2 Prozent die Abschreibung gleich der Miete, wenn als Kaufpreis das 50-fache der Miete vereinbart würde.

Geht man von einem Gebäudewertanteil von 60 Prozent aus, so darf der Kaufpreis das 83-fache der Mieteinnahmen betragen (1: 0.6 x 0,02 = 83,3). Berücksichtigt man noch Anschaffungsnebenkosten von etwa 10 Prozent des Kaufpreises, darf der Kaufpreis das 75,75-fache der Mieteinnahmen betragen (1: 1,1 x 0,6 x 0,02 =75,75), damit die Normalabschreibung die Mieteinnahmen nicht übersteigt. Bei einem höheren Gebäudewertanteil ist der Faktor entsprechend höher.

Geht man von einem Abschreibungssatz von 2,5 Prozent aus, weil das Gebäude vor 1925 fertiggestellt worden ist, einem Gebäudewertanteil von 60 Prozent und Anschaffungsnebenkosten von 10 Prozent des Kaufpreises, darf der Kaufpreis das 60,6-fache der Mieteinnahmen betragen (1: 0,6 x 1,1 x 0,025 = 60,60). In Normalfällen, in denen die Vermietung auf Dauer angelegt ist, braucht der Vermieter also keine Prognoserechnung vorzulegen.

Anders sieht es jedoch aus, wenn die Vermietung nicht auf Dauer angelegt ist und die Wohnung zu einem vorübergehenden Zweck vermietet wird. Diese Mietverhältnisse fallen zwar gemäß § 549 Abs. 2 BGB nicht unter die Mietpreisbremse, werden aber von dem Berliner Mietendeckel erfasst. Wer weiterhin Wohnraum zu einem vorübergehenden Zweck vermietet, muss daher möglicherweise durch eine Prognoserechnung nachweisen, dass durch diese Art der Vermietung auch unter dem Berliner Mietendekel ein Totalüberschuss erzielbar ist. Betrachtet wird dabei nicht das Grundstück in seiner Gesamtheit, sondern das einzelne Mietverhältnis.

Hierbei ist grundsätzlich ein Zeitraum von 30 Jahren zu berücksichtigen. Instandhaltungskosten können nach der Zweiten Berechnungsverordnung geschätzt werden. Um Unsicherheiten auszugleichen, können die Mieteinnahmen um 10 Prozent erhöht und die Werbungskosten um 10 Prozent verringert werden. Mieterhöhungen könnten bei dieser Rechnung schon wegen der Verlängerung des Betrachtungszeitraums bei Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete nur sehr eingeschränkt berücksichtigt werden. In Berlin müssten für die nächsten Jahre sogar sinkende Mieten einkalkuliert werden.

Da die Instandhaltungskosten steigen werden und die Abschreibung gleich bleibt, kann man meines Eindrucks einen Totalüberschuss nur darstellen, indem man darauf hinweist, dass der Berliner Mietendeckel nur fünf Jahre gelten soll. Das gleiche Problem werden Vermieter haben, die ihre Wohnungen möbliert vermieten, da man auch diese Form der Vermietung wohl als Sonderfall einstufen muss.

Da nach dem Berliner Mietendeckel kein Möblierungszuschlag mehr verlangt werden darf, kann man eine positive Ertragsprognose nur vorrechnen, indem man bei den Mieteinnahmen für die Zeit nach Ablauf der voraussichtlichen Geltungsdauer des Berliner Mietendeckels wieder einen Möblierungszuschlag berücksichtigt.

 

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