Berlin in Zeiten des Mietendeckels

31. März 2020


Der Mietendeckel ist nach langem Hin und Her am 23. Februar 2020 in Berlin in Kraft getreten. Wird das Gesetz vor dem Verfassungsgericht bestehen können? Wie sieht es derzeit auf dem Berliner Immobilienmarkt aus, und wie wird es jetzt weitergehen? Und vor allem: Wie sollten sich Mieter und Vermieter verhalten?

Von Achim Amann

Aktuell bereiten Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU und FDP eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle vor, die dem Bundesverfassungsgericht in wenigen Wochen vorgelegt werden soll. Zahlreiche Abgeordnete stellten sich hinter den Antrag, damit die nötige Rechtsicherheit für alle Betroffenen einkehrt. Die Politiker argumentieren mit der Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels, da er sich über Beschlüsse auf Bundesebene hinwegsetzt. Folgen die Richter dieser Einschätzung, wird der Mietendeckel in 6-24 Monaten gekippt, mögliche Rückzahlungen stehen dann an. Damit wäre niemand geholfen — im Gegenteil.

Die rot-rot-grüne Regierung in Berlin verfolgt hingegen andere Ziele. Ein Großteil der Bevölkerung befürwortet den Mietendeckel, aus meiner Sicht ist das ein ganz klarer Wählerfang. Solange die Meinung in der Bevölkerung nicht umschlägt, kann hier fortlaufend argumentiert werden, nach dem Willen der Berlinerinnen und Berliner zu handeln. Die zunehmende Instrumentalisierung bei der Diskussion empfinde ich als sehr problematisch.

Entwicklungen am Berliner Immobilienmarkt

Hier sehe ich unterschiedliche Entwicklungen: Auf der einen Seite werden die Preise für vermietete Wohnungen weiter fallen. Andererseits bleiben die Preise für Neubauten stabil oder steigen nur minimal an. Insgesamt wird die Nachfrage jedoch erheblich nachlassen.

Besonders die Preise für Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen werden nun massiv fallen. Warum? Diese Wohnungen sind zu klein, um langfristig als eigene Wohnung betrachtet zu werden. Die Ertragswertrechnung des Käufers erbringt niedrige Mieten und somit auch niedrige Kaufpreise. Spätestens bei den Banken wird sich zeigen, dass diese Wohnungen nur noch begrenzt beliehen werden.

Vor allem internationale Investoren sind sauer über diese Entwicklungen. Sie haben zu kleiner Rendite, also im Schnitt zu 3% oder darunter, in Berlin eingekauft. Sie hatten lange die Gewissheit, dass wir hier eine klare politische und rechtliche Lage haben. Das stimmt nun nur noch bedingt. Verschiedene Investoren haben sich schon zurückgezogen und werden es weiter tun. Der Ruf Berlins ist über Jahre für diese Gruppe von Kunden zerstört. Eine Rückkehr ist erst zu erwarten, wenn Renditen wieder gestiegen sind, die Wohnungsnot weiter zugenommen hat und die Regulierungen wieder geändert werden. Zusätzlich wird die Situation durch ein anderes Thema verschärft, das die Medien beherrscht: Durch das Coronavirus bleiben insbesondere asiatische Investoren fern, die langfristigen Folgen können wir noch nicht abschätzen.

Wer profitiert, wer profitiert nicht?

Zu den Profiteuren des Mietendeckels zählen nach meiner Meinung Spekulanten mit der nötigen Liquidität. Sie werden abwarten, bis die Preise fallen und dann investieren. Es profitieren aber auch Menschen, die in den kommenden Jahren günstige Objekte aus Notverkäufen erwerben können. Außerdem profitieren Immobilienmakler von der Situation: Es werden mehr Objekte zur Verfügung stehen, der Verkäufermarkt kann sich in einen Käufermarkt wandeln.

Und die Verlierer des Mietendeckels? Vor allem kleinere Kapitalanleger, die Wohnungen vermieten und auf die Marktmieten angewiesen sind, um ihre Schulden zu bezahlen. Aber auch Mieter, deren Wohnungen in einem schlechten Zustand sind. Die Qualität der Wohnungen wird sich dem Preis anpassen, Vermieter werden nichts investieren, der Zustand der Wohnungen wird sich eher verschlechtern. Ganz generell werden es auch Wohnungssuchende schwieriger haben, weil es weniger Mietwohnungen geben wird.

Mieter und Vermieter sollten an einem fairen Umgang festhalten

So verworren die Situation auch ist, das wichtigste ist, dass die Mieter und Vermieter auch in Zukunft fair miteinander umgehen und sich nicht durch die Politisierung des Themas beeinflussen lassen. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Politik, besonders in Berlin, die Dinge immer schlimmer macht als sie ohne deren Eingriff vorher waren. Der Markt hat sich sowieso schon beruhigt und wird sich weiter beruhigen. Mieter können einfach nicht mehr höhere Mieten zahlen und das spiegelt sich schon seit etwa zwei Jahren in der Vermietung wider. Die Mieten steigen schon seit dieser Zeit nicht mehr so erheblich wie davor. Der regelnde Preis-Faktor besonders in Deutschland sind sowieso die Banken, welche nicht wie in anderen Ländern wahllose Kredite vergeben haben. Wir sehen also keine Immobilienblase.

Eine große Gefahr für Mieter: Sobald der Mietendeckel gekippt wird, müssen die Mieter die Differenzmiete erstatten. Sie kommen also in Zahlungsverzug mit Ihrer Miete, was im schlimmsten Falle eine Kündigung Ihres Mietverhältnisses zur Folge haben kann. Daher rate ich Mietern, einfach weiter die Miete aus dem Mietvertrag zu zahlen und ruhig zu bleiben, bis es eine sichere Rechtslage gibt.

Mein abschließender Rat: Niemand sollte sich von der Politik instrumentalisieren oder von den Medien verrückt machen lassen. Wie immer ist der gesunde Menschenverstand gefragt. Wenn Mieter und Vermieter nicht mehr miteinander sprechen, verhärten sich die Fronten, und das wäre in niemandes Interesse.

 

Foto: © Elinacious/Depositphotos.com