Bisher zwischen den Stühlen, aktuell im Spotlight

10. Mai 2023


Die B-Städte boomen – welche Ursachen stecken hinter dem aktuellen Nachfrage-Hoch? Zwar gibt das aktuelle Spitzenpreis-Niveau der Objekte auch in ausgewiesenen A-Lagen wieder nach. Dennoch richtet sich der Fokus von Immobilien-Käufern und privaten Anlegern weg von den Metropolen und vermehrt auf Städte der B-Kategorie. Welche deutschen Kommunen zählen zu dieser Kategorie, was zeichnet sie aus, warum boomen sie gerade jetzt — und welche realistische Prognose lässt sich bezüglich der mittel- und langfristigen Entwicklung abgeben?

Von Florian Bauer

Nach der vielfach verwendeten Standort-Klassifikation der bulwiengesa AG zählen 14 deutsche Städte und Großstädte zur Kategorie der B-Städte. Sie haben zwischen 200.000 und 600.000 Einwohner und bieten seit Jahren und Jahrzehnten den wichtigen und großen deutschen Arbeitgebern beste Rahmenbedingungen.

Sie halten einerseits ein breitgefächertes kulturelles und wirtschaftliches Angebot bereit, wirken andererseits immer noch übersichtlicher und vertrauter als die internationalen Metropolen der Bundesrepublik. Ihre nationale und große regionale Bedeutung sorgt für eine gute Verkehrsinfrastruktur und vergleichsweise kurze Arbeits- und Einkaufswege. Ihre Nähe zu A-Lagen ermöglicht den Bewohnern, bei Bedarf von deren Flair und Vielfalt zu profitieren, ohne stundenlange Anreisen in Kauf nehmen zu müssen. Bis vor kurzem standen Städte wie Leipzig, Dortmund, Bremen, Hannover oder Nürnberg aber eher noch im Schatten ihrer „A-Schwestern“, entsprechend moderat entwickelten sich Kaufpreise, Mieten, Nebenkosten — und die Nachfrage nach lukrativen Anlage-Objekten. Angesichts aktuell sinkender Kaufpreise einerseits und steigender Mieten andererseits rücken diese Regionen jetzt ins Visier von Immobilien-Käufern und Investoren, die mit der Rendite-Situation in den Metropolen unzufrieden sind.

Die günstige Rendite-Schere – B-Städte haben jetzt alle Trümpfe in der Hand

Mittlerweile lassen sich in A-Städten kaum noch Bruttomietrenditen von über 4 Prozent erzielen. Der Durchschnitt liegt eher bei 3 bis 3,5 Prozent. Eine Ausnahme bildet immer noch München — dafür liegt hier der Quadratmeterpreis selbst im Januar 2023 noch 50 bis 100 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Die Mietpreise bewegen sich in den Metropolen zudem seit Jahren auf einem vergleichsweise hohen Niveau — und haben auch in diesem Jahr kaum oder wenig nachgegeben. Demgegenüber stehen die B-Städte, die zum einen von einem niedrigeren Kaufpreis-Level profitieren, das aktuell stagniert. Zum anderen ziehen die Mieten in Münster, Essen oder Bonn überdurchschnittlich an. Im Ergebnis entsteht eine Schere von überschaubaren Anschaffungskosten und interessanten Ertragsaussichten, die zu Bruttomietrenditen von zwischen 4 und 5 Prozent führt.

In den C-Städten liegen dagegen Kaufpreise und erzielbare Mieten gleichermaßen niedriger — was sich auch in uninteressanten Bruttomietrenditen niederschlägt. Weiterhin haben die C-Städte den urban orientierten Berufstätigen eher wenig zu bieten. Diese müssen als Angestellte aktuell wieder öfter in Präsenz am Unternehmensstandort arbeiten. Angesichts der hohen Inflation — insbesondere im Energiebereich — sehen sich viele Menschen gezwungen, aus den A-Lagen wegzuziehen und sich in B-Lagen passende Arbeitgeber zu suchen. Diese sind hier traditionell ansässig und momentan vermehrt auf der Suche nach qualifizierten und ortsflexiblen Fachkräften.

Hier entsteht somit Druck aus zwei Richtungen (A- bzw. C- und D-Lagen), der sich positiv auf die Renditen auswirkt. Nicht zu vernachlässigen sind auch die noch tragbaren Kosten für energetische Sanierungen. Diese können in manchen Metropolen (München) immerhin bei bis zu 1.000 Euro pro Quadratmeter liegen und vermeintlich lohnende Investitionen in den Verlust-Bereich absinken lassen.

Welche Vorteile ergeben sich aus der B-Städte-Konjunktur für Käufer, Vermieter und Investoren?

Angesichts der beschriebenen Aspekte, die sich aktuell auf die Miet-Rentabilität von Objekten in B-Städten enorm positiv auswirken, sollten Kauf-Interessenten und Anleger den jeweiligen Markt zeitnah — aber ohne Hast — sondieren und sich auf die besten Optionen konzentrieren. Trotz der stetig zunehmenden Nachfrage gibt es immer noch genügend Immobilien, die eine Bruttomietrendite von weit über 4 Prozent abbilden können.

Dennoch werden ebenfalls etliche Eigentümer von weniger lukrativen Objekten, die vielleicht auch noch einige Schönheitsfehler oder hohes Sanierungspotential aufweisen, den Schwung nutzen und versuchen, für ihre Immobilien den besten Preis zu erzielen. Hier muss man einen klaren Kopf behalten, alle relevanten Faktoren genau prüfen und absolut nüchtern entscheiden. Eigentümer und Vermieter von gepflegten Objekten in B-Städten sollten diese auf jeden Fall halten und weiter abwarten. Ein konkretes Learning für Käufer: „Augen auf“ bei C- und D-Lagen. Auch A-Lagen werfen aktuell nur für ausgewiesene und erfahrene Profis vernünftige Renditen ab.

Zusammenfassung und Immo-Aussicht

Momentan kann man als Käufer und Anleger in B-Städten nicht viel falsch machen. Es ist davon auszugehen, dass sich im Laufe der nächsten Monate weitere Marktkorrekturen im Mietbereich ergeben. In vielen B-Kommunen entwickelt sich endlich auch der ÖPNV im notwendigen Umfang, um den ansässigen Arbeitgebern die dringend erforderlichen Fachkräfte zuführen zu können. Entsprechend attraktiv werden diese Regionen für qualifizierte und selbstbewusste Berufstätige, die Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance und gut erreichbare Angebote legen, wenn sie wieder mehr in Präsenz arbeiten müssen. Diese lehnen es zusehends ab, nur für das Wohnen und Leben in einer A-Metropole überhitzte Mieten und Preise akzeptieren zu müssen. In die B-Städte drängen sie zusammen mit den Menschen aus C- und D-Lagen, die sich zentralere Angebote und bessere Verkehrsanbindungen wünschen. Dieser Trend wird sich perspektivisch weiter fortsetzen.

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