Bundesgerichtshof – Wann zählt die Eigentümergemeinschaft als Verbraucher?

16. März 2018


Aktuelle Urteile der Bundesgerichtshofs behandeln eine WEG unter bestimmten Voraussetzungen wie einen Verbraucher. Welche Folgen hat dies und was müssen Verwalter beachten? Rechtsanwalt Daniel Schillberg erläutert die Details zum Urteil. Von Daniel Schillberg 

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat in gleich zwei Urteilen vom 25. März 2015 (Az. VIII ZR 243/13 und Az. VIII ZR 360/13) entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Verbraucher im Sinne des BGB zu behandeln ist, wenn ihr erstens mindestens ein Verbraucher angehört und zweitens das konkrete Rechtsgeschäft nicht der Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit dient. Dieser Wertung folgte im März 2017 auch der Bausenat des BGH (Az. VII ZR 269/15).

Die Einordnung der WEG als Verbraucher verwirrt auf den ersten Blick. Schließlich ist ein Verbraucher im Rechtssinne eine natürliche Person, sprich ein atmender Mensch. Die WEG hingegen gleicht eher einem Verein.

Der BGH hat entschieden, dass der Erwerber durch den Eintritt in eine WEG seine Verbraucherschutzrechte nicht verliert. Dies gilt selbst dann, wenn Unternehmer (GmbH, AG, KG etc.) Mitglieder einer WEG sind. Laut BGH ist die WEG auch dann noch Verbraucher, wenn sie bei Vertragsschluss durch einen Verwalter vertreten wird.

Wie zu bewerten ist, wenn eine WEG, die vollständig aus Unternehmern besteht, lediglich aufgrund der Vorteile des Verbraucherschutzrechts einen so genannten „Alibi-Verbraucher“, also etwa den Geschäftsführer eines Erwerber-Unternehmens, in die WEG aufnimmt, wurde vom BGH noch nicht entschieden.

Die Gemeinschaft wird jedoch nur dann als Verbraucher angesehen, wenn im konkreten Vertragsverhältnis keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Vertragsverhältnisse, die der Bedarfsdeckung dienen – wie beispielsweise Versorgungsverträge – dienen nicht der gewerblichen Tätigkeit. Ebenfalls stellt die Weitervermietung von Wohnungseigentum als private Vermögensverwaltung keine gewerbliche Tätigkeit dar.

Die Einordnung einer WEG als Verbraucher führt dazu, dass sich ihr das gesamte Verbraucherschutzrecht des BGB eröffnet. Dabei gilt: Das AGB-Recht gewährt dem Verbraucher einen hohen Schutzgrad. Diverse, gegebenenfalls unliebsame AGB-Regelungen in WEG-Verträgen, könnten sich als unwirksam erweisen. Dies betrifft insbesondere Klauseln über Haftungsfreizeichnungen, Vergütung und Vertragsdauer. Gemäß § 309 Nr. 9 lit. a) BGB ist eine Klausel eines Dienst-/ Werkleistungs- oder Warenlieferungsvertrages unwirksam, sobald der Vertrag eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren vorsieht. Der BGH wird sich diesbezüglich eventuell mit dem offenen Widerspruch des AGB-Rechts zur Bestellungshöchstdauer eines Verwalters von fünf Jahren zu befassen haben.

Verwalterverträge unterliegen demnach dem Widerrufsrecht; die Frist für den Verbraucherwiderruf beträgt 14 Tage und beginnt mit Vertragsschluss. Bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen und anderen beginnt die Frist nur, wenn der Unternehmer, in diesem Fall der Verwalter, seinen gesetzlichen Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher nachgekommen ist. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers erlischt spätestens nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss
(§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB).

Widerruf von
Verwalterverträgen

Wird ein Verwaltervertrag außerhalb der dauerhaften Geschäftsräume des Verwalters, zum Beispiel in den Räumen der WEG, geschlossen, kann dieser nach § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB widerrufen werden. Der Verwaltervertrag sollte daher mit einem WEG-Vertreter in den Geschäftsräumen des Verwalters geschlossen werden.

Widerruft die WEG den abgeschlossenen Verwaltervertrag, steht dem Verwalter Wertersatz nach § 357 Abs. 8 BGB für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zu, vorausgesetz, der Liegenschaftsbetreuer informiert den Verbraucher, also die WEG, gemäß den gesetzlichen Vorgaben über Widerrufsrecht und Wertersatzpflicht. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, schuldet die WEG keinen Wertersatz. Der Verwalter erhält dann nur die (markt-)übliche Vergütung und den finanziellen Ausgleich der getätigten Aufwendungen gemäß gesetzlicher Regelungen. Es wird auch diskutiert, ob das Widerrufsrecht überhaupt auf Verwalterverträge Anwendung finden soll.

Es soll den Verbraucher schließlich vor Überrumpelung schützen. Nach Einberufung einer Versammlung unter Berücksichtigung von Ladungsfristen sowie der Bezeichnung der einzelnen Tagesordnungspunkte, ist eine Überrumpelungssituation indes eher auszuschließen.