Damals wie heute: Das Immobiliengeschäft lebt immer noch von Werten, Vertrauen und Gefühlen

11. Juni 2020


Unter der Rubrik „Meine Story“ erzählen Immobilienprofis ihre Erfolgsgeschichten. Dabei sind es oftmals die kleinen Details oder auch generationen-übergreifenden Begegnungen, die ihr Unternehmen so spannend machen. So auch im Traditionsunternehmen von Heinrich Eichler. Der 78-Jährige ist mittlerweile „geprüfter und öffentlich vereidigter Diplom-Großvater“, wie er seinen Lebensstatus selbst beschreibt. Was ihn seit Jahren antreibt, ist die Brücke zur jungen Generation zu schlagen. Hier schreibt Heinrich Eichler seine Geschichte.

Von Heinrich Eichler

Als ich mich als junger Kaufmann nach Abschluss der Handelsschule und einer Banklehre sowie dem BWL-Studium in den frühen 70er Jahren entschloss, in der Immobilienbranche Fuß zu fassen, war die Geschäftswelt nicht mit unserer heutigen Zeit vergleichbar. Niemand digitalisierte. Es gab keine StartUps oder PropTechs, wenig Businessoptimierung und kein Insta-Marketing, keine virtuellen Besichtigungen, auch keine CRM-Softwares. War die Zeit deshalb schlechter? Mitnichten.

Unsere Werbung war etwas Print und viel Mundpropaganda. Wir überzeugten unsere Kunden durch Leistung und Zuverlässigkeit und nicht durch Hashtags und HighRes. Das Internet gab es praktisch noch nicht. Wir schrieben Briefe, wir sprachen miteinander, wir parshipten zwar nicht, aber zumindest networkten wir schon und betrieben Kundenpflege — wenn auch mit Karteikarten.

Die 70er waren gewiss weniger schnelllebig, aber nicht weniger zielstrebig. Sicherlich aber waren sie hemdsärmeliger. Herausforderungen wurden unkompliziert gelöst und nicht bis ins letzte Detail wiederholt ausdiskutiert. Die Reaktionszeiten waren langsamer — die Reaktionen selbst dafür aber oft durchdachter.

Grundsätzlich stand man zu seinem Wort. Diese Tatsache war eine der höchsten Intentionen des Ring Deutscher Makler (RDM), dem ich 1978 beitrat. Wir waren ehrliche Kaufleute und verschrieben uns den ordentlichen Geschäftsgebaren des Berufsstandes. Heute würde man dazu sagen „Kaufleute vom alten Schlag“ — eine schöne Zeit, und eine wertvolle Basis für den heutigen IVD mit all seinen Organen. Damals wie heute ist das Bollwerk IVD für mich mehr als nur ein Verband. Der IVD ist eine Philosophie – und die Mitgliedschaft eine Verpflichtung.

Wir alle stehen in der Pflicht, uns gegenüber Politik, Medien und nicht zuletzt gegenüber beziehungsweise im Sinne unserer Kundschaft zu positionieren und zu engagieren. In Zeiten von (scheinbar) vollständiger Transparenz, medialer Panikmache und teils berechtigter Unruhe auf Verbraucherseite, ist diese Pflicht mehr denn je gefragt.

Ich halte nichts von „Früher war alles besser“. Selbst im eigenen Unternehmen lege ich höchsten Wert darauf, die nächsten Generationen mit ihren Ideen, ja auch mit ihrem (Über)Mut in die Verantwortung zu nehmen.

Das Zepter aus der Hand zu geben, ist dabei nie einfach; aber es ist immer auch eine Chance, die Unternehmenstradition weiter zu gestalten. Dieses Gefühl — etwas Wehmut, viel Erwartung und noch mehr Vorfreude auf die Zukunft — begleitet mich seit einigen Jahren — und es fühlt sich gut an! Ein beruhigendes Gefühl, diese Mischung aus „gebraucht werden“ und „sich zurückziehen dürfen“.

Eine Sicherheit, die es mir und meiner Frau, die mit mir seit über 40 Jahren die Geschicke der Firma lenkt, auch ermöglicht, uns mehr unseren Enkeln zu widmen.

In unserer Laufbahn waren Freitage immer auch Entscheidungstage. Sie waren bis abends gefüllt mit Besichtigungsterminen, Besprechungen und Eigentümerversammlungen. Mittlerweile bin ich freitags nur noch Opa und mit ruhigem Gewissen für fast Niemanden erreichbar — ein schöner Luxus, der aber nur funktioniert, wenn man vertraut.

Aus unseren freundschaftlichen Gesprächen weiß ich, dass es vielen Kollegen aus meiner Generation ähnlich ergeht, sofern sie noch nicht im wohlverdienten Ruhestand sind. Nicht nur im Unternehmen, sondern auch im Verband ist es essentiell, die nächsten Generationen zu fördern und ihnen Vertrauen zu schenken. Eine Strategie, die aufgeht.

Durch intensive Ausbildungsförderung bis zum akademischen Abschluss haben wir, die qualifizierten Ausbildungsbetriebe, angeführt von RDM/IVD mit Industrie- und Handelskammern, die Immobilienbranche zu einem fachlich fundiertem Marktsegment aufgestellt.

Ich selbst durfte hierbei auf Vorstandsebene im RDM, im IHK-Prüfungsausschuss und in der Süddeutsche Immobilienbörse mitwirken. Zusammen mit den anderen „Alten Hasen“ blicke ich nun — interessiert, aber entspannt — in die Zukunft.

In unseren Unternehmen und im Verband haben wir gute Leute an der Spitze, die es schafften, durch die Herausforderungen der letzten Jahre das Branchenprofil zu schärfen und Rückgrat zu zeigen. Das werden sie auch brauchen, denn leider versucht die Politik immer wieder (nicht selten aus reinem Populismus), die Branche an den Pranger zu stellen, um vom eigenen Verschulden abzulenken.

Sicher, das gab es auch in meinen Anfangsjahren schon. Durch die Schnelllebigkeit der Medienlandschaft sowie durch falsche Berichterstattung entsteht allerdings heute viel eher eine falsche Meinung beim „Verbraucher“, die nur schwierig zu korrigieren ist.

Nicht zu verachten ist das Ansehen und Vertrauen, das renommierte, ja durchaus auch konservative Fachbetriebe — ebenso wie der gestandene Verband — beim Kunden und in der Branche genießen. Vor allem wenn es uns allen gelingt, alte Routinen und Ansichten gegen neue Impulse und Ideen zu tauschen. Sich zu öffnen und den Zeitgeist mitzunehmen. Dabei aber den bewährten eigenen Stil zu pflegen und zu leben. Dies sehe ich als gesunde Mischung für alle Herausforderungen der „20er Jahre“.

Die Immobilienwirtschaft ist und bleibt für mich ein ehrliches Handwerk — aus der Sicht eines Maklers und Hausverwalters stelle ich hierbei fest: Die Anforderungen an meine Dienstleistung haben sich in den letzten Jahren gewaltig verändert.

Ob abstruse Gesetzesentwürfe oder reißerische Presseberichte, ob neue Technologien und engere Terminkalender, ob künstliche Intelligenz oder virtuelle Realität — bei allen Herausforderungen, Neuerungen und technischen Möglichkeiten bin ich überzeugt, dass das Immobiliengeschäft immer noch von Werten, Vertrauen und Gefühlen lebt.

Dies hat sich in meiner gesamten Laufbahn nie geändert und ist für die Zukunft genauso wichtig — in diesem Sinne gebe ich mit vollem Vertrauen mein Unternehmen in die nächste Generation und freue mich auf meine neue berufliche Herausforderung als „geprüfter und öffentlich vereidigter Diplom-Großvater“. Ich werde mir allergrößte Mühe geben, auch der nachfolgenden Generation unsere Werte mitzugeben.

 

Fotos: © Erik Mosoni/Eichler Immobilien GmbH