„Das geplante Bestellerprinzip ist falsch“

20. September 2018


Mit dem als Alibi vorgeschobenen Argument, Wohnen für breite Kreise erschwinglicher zu machen, kam es zunächst zur Einführung der Mietpreisbremse sowie des Bestellerprinzips bei Wohnungsvermietungen. Letzteres bedeutet, dass allein derjenige den Makler zahlt, der ihn beauftragt. Beide Maßnahmen haben das Wohnungsangebot nicht um eine einzige Einheit vergrößert, sondern die Erhaltungs-, Nachqualifizierungs- und Wohnungsneubaubereitschaft bundesweit — insbesondere in mit preisauskömmlichem Wohnungsangebot chronisch unterversorgten Wachstumsregionen — noch erkennbar verringert. Deshalb sind, wie bereits vor Einführung prognostiziert, beide Maßnahmen in Bezug auf ihr deklariertes Ziel kläglich gescheitert.

Von Dr. Wulff Aengevelt

Uneinsichtig zündet das Bundesjustizministerium nun dennoch die nächsten Nebelkerzen mit Ankündigung der Verschärfung der Mietpreisbremse und Plänen zur Einführung des Bestellerprinzips auch beim Immobilienkauf.

Kann das Bestellerprinzip schon breiten Mietkreisen keine Verbesserung des Wohnraumstandards, keinen Mietstillstand und kein vermehrtes erschwingliches Wohnungsangebot bringen und im Ergebnis also nicht helfen, wie soll es wundersam dann Käufern helfen? Zeitnah wirksame Hilfe kann nur ein für breite Kreise gezielt miet- und kaufpreisgerechtes Wohnungs(über)angebot gewährleisten. Nur so nimmt der Modernisierungswettbewerb und -druck im Interesse der Mieter zu und nur so kommt die Dämpfung des Mieterhöhungstrends durch vermehrte mieterseitige Auswahlmöglichkeiten zustande. Analog zum Vermieter preist auch der Immobilienverkäufer die allein auf seine Schultern verlagerte Maklercourtage preiserhöhend ein.

Makler als weisungsgebundene Vertriebs-„Knechte“

Hinzu kommt, dass mit dem Bestellerprinzip bei Immobilientransaktionen erheblich in die vom Grundgesetz geschützte Vertragsfreiheit der Kontrahenten eingegriffen würde. Zudem würde das seit Einführung des BGB vor rund 120 Jahren geprägte Leitbild des redlichen Maklers als markterfahrener Mittler der Vertragsparteien aufgegeben. Nach deutschem Rechtsverständnis ist der Makler grundsätzlich eben nicht der einseitige Interessenvertreter wie zum Beispiel der Anwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc. Den Makler von Gesetzes wegen zukünftig prinzipiell zum einseitigen und damit weisungsgebundenen Vertriebs-„Knecht“ eines „Bestellers“ zu machen, ist gerade aus dem Bundesjustizministerium ein eklatanter Eingriff in bewährte Marktabläufe und damit als Fehlgriff klar abzulehnen. Das Bestellerprinzip wäre das intendierte Ende des klassischen Doppel-Maklers als bewährter parteiloser, sach- und fachgerechter weisungsfreier Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer.

Preistreiber Grunderwerbsteuererhöhungen

Das Vorhaben des Bundesjustizministeriums ist umso verwerflicher angesichts der Tatsache, dass der Staat bzw. die große Mehrheit der Bundesländer selbst Preistreiber der in der Regel über zehn Prozent hohen Transaktionskosten beim Immobilienkauf sind: Mit Grunderwerbsteuererhöhungen um bis zu 86 Prozent von seinerzeit 3,5 auf 6,5 Prozent beispielsweise in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen haben sich die Erwerbsnebenkosten binnen kurzer Zeit so dramatisch erhöht, dass daraufhin Tausende von privaten Schwellenhaushalten nach jahrelangem Konsumverzicht zugunsten hoher Ansparleistung den Wohneigentumserwerb um viele Jahre verschieben müssen oder ihn wegen zwischenzeitlicher Boden- und Baupreissteigerungen überhaupt nicht mehr leisten können.

Wie sozial ungerecht die Grunderwerbsteuererhöhung der öffentlichen Hand ist, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel: Bei einem angenommenen Kaufpreis von 300.000 Euro für ein kleineres Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung bedeutet die Erhöhung einen Anstieg der Grunderwerbsteuer von 10.500 Euro (Steuersatz: 3,5%) auf 19.500 Euro (Steuersatz: 6,5%), also Mehrkosten von 9.000 Euro. Diese sind in der Regel allein durch Eigenkapital sprich Sparleistung des Käufers zu erbringen. Nimmt man — optimistisch — eine für einen Schwellenhaushalt beachtliche jährliche Sparleistung von 5.000 Euro an, bedeutet dies eine Verzögerung von zwei Jahren, bis der Mehrbetrag angespart ist.

In dieser Zeit steigen indessen auch sowohl die Grundstücks- als auch die Baukosten. Geht man hier — bewusst konservativ — von lediglich zwei Prozent der Gestehungskosten jährlich aus, bedeutet dies zusätzliche Mehrkosten von EUR 6.000 pro Jahr, das heißt mehr als die jährliche Sparleistung. Konsequenz: Der Erwerb von Wohneigentum verzögert sich nicht, sondern er fällt — insbesondere für Schwellenhaushalte — komplett aus. Das ist im höchsten Maße unsozial, hemmt die Eigentumsbildung in breiten Bevölkerungskreisen und verhindert den eigentumsbildenden Entlastungseffekt („Sickereffekt“) des Wohnungsmarktes!

Statt also weitere Nebelkerzen zu zünden, sollte die Bundesregierung ihren Einfluss geltend machen, dass die Grund- erwerbsteuer zumindest für den Eigennutzungserwerb von Wohnimmobilien endlich wieder auf den bundeseinheitlichen Satz von 3,5 Prozent zurückgesetzt wird und damit — zum Beispiel bis zu einer nach individueller Immobilienart vernünftigen Kaufpreisobergrenze — den privatgenutzten Immobilienkauf effektiv günstiger macht.

Des Weiteren müssen Bund, Länder und Kommunen vorrangig den preisgedämpften Wohnungsbau durch gezielte entsprechend zweckbestimmte Verkäufe ihrer Wohnungsbaugrundstücke anregen und etwa die Errichtung von preisgedämpften Wohnungen zur Auflage anderweitiger Baugenehmigungen machen. Außerdem sind in Regionen mit Wohnraumunterversorgungen bei den Baugenehmigungsbehörden zeitlich limitiert Task Forces einzurichten, die Wohnungsbauanträge vorrangig bearbeiten.

Abschließend noch ein kritisches Wort zum Argument des Ministeriums, dass das Bestellerprinzip zwar zur Kaufpreiserhöhung führe, indessen bekäme der finanzierende Erwerber diese über die dann auch höhere Finanzierung wieder zurück. Auch diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Immobilienkredite basieren nicht auf dem nominellen notariellen Kaufpreis, sondern auf den nach einschlägigen Wertermittlungsrichtlinien von vom Finanzierer beauftragten Sachverständigen ermittelten erheblich geringeren Beleihungswerten. So wie Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtsgebühren und Käufermaklerprovision bislang nicht Bestandteil des Beleihungswertes sind, wird ebenso wenig die via Bestellerprinzip zur Verkäufermaklerpovision mutierte Käufermaklerprovison nun plötzlich etwa Bestandteil des Beleihungswertes. Auch hier irrt das Justizministerium also gewaltig.

Solange die Bundesregierung kein schlüssiges Programm verabschiedet, in den Gebieten mit Wohnraumunterversorgung zumindest zeitbegrenzte Investitions- und/oder Steueranreize für die nachfragegerechte Ertüchtigung und den Neubau preisgedämpften Wohnraumes zu schaffen, läuft sie an der überfälligen Problemlösung weiter vorbei. Zudem wird die Zuwanderung von Fachkräften gerade in ohnehin wohnraumknappen bis -unterversorgten Wachstumsregionen behindert. Hierdurch wird das Wirtschaftswachstum gehemmt und zahlreiche weitere Negativeffekte gesetzt.

Nur die Beschleunigung der zeitnahen Bestandssanierung und gezielter Wohnungsneubau im preisgedämpften Miet- und Preissegment liegen im Interesse breiter Bevölkerungskreise. Dagegen sind offensichtlich ideologisch motivierte Bremsmanöver fachlich eklatant falsch und damit Nebelkerzen, um von der fehlenden Problemerkennung und Problemlösung abzulenken:

Wer im Wohnungsbau heute noch falsch bremst anstatt überfällig richtig zu beschleunigen, ist gesellschaftspolitisch ein gefährlicher Falschfahrer, vor dem im Interesse des Gemeinwohls deutlich zu warnen ist.

Foto: © macrovector