Das Verwalter-ABC zur WEG-Reform

30. Dezember 2021


Ausgewählte Begriffe und praktische Antworten zum neuen Wohnungseigentumsrecht erläutert Rechtsanwältin Annett Engel-Lindner. Sie betreut den Bundesfachausschuss der Verwalter in der IVD-Bundesgeschäftstelle.

Rechtsanwältin Annett Engel-Lindner beantwortet Verwalter-Fragen

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Nachzügler-Kosten und Nutzungeiner baulichen Veränderung§ 21 Absatz 4 WEG

Auch wenn ein Eigentümer einer baulichen Veränderung nicht zugestimmt hat und von den Nutzungen ausgeschlossen ist, hatdieser einen gesetzlichen Anspruch darauf, die Vorteile der baulichen Veränderung gegen Zahlung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs zu nutzen. Der Ausgleichsbetrag ist in der Beschlussfassung festzuhalten und umfasst im Regelfall die bis zur Beschlussfassung entstandenen Kosten. Dies sind die Bau-,Betriebs- und Erhaltungskosten. Laufende Betriebskosten sind nicht zu berücksichtigen, da diese mangels Nutzung nicht verursacht wurden.

Nachhaftung Eigentümer § 9 a Absatz 4 WEG

Der ausgeschiedene Eigentümer haftet nur für solche Verbindlichkeiten Dritter, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft fällig oder während dieser Zeit begründet worden sind und vor Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig werden.

Nachteil bei baulicher Veränderung §§ 14 Absatz 1, 20 Absatz 3 WEG

Eine Beeinträchtigung einzelner Eigentümer durch eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn sie über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Dies ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Dazu zählen im Regelfall: Veränderung des optischen Gesamteindruckes, wesentlicher Substanzeingriff (Statik), Zuführung oder Verstärkung von Immissionen, mit der Vergrößerung nutzbarer Flächen verbundene intensivere Nutzung, Minderung des Miet- oder Verkaufswertes, verstärkte Einsehbarkeit. Mit der Maßnahme verbundene Kosten hingegen begründen für sich allein gesehen keine relevante Beeinträchtigung.

Nachweis der Verwalterstellung § 9 b WEG

Ein besonderer Nachweis für die Verwalterstellung ist bei einem Auftreten des Verwalters für die Gemeinschaft gesetzlich nicht vorgesehen. Der Nachweis über dessen Bestellung erfolgt somit über die Niederschrift der Eigentümerversammlung, in der die Verwalterbestellung erfolgte. Muss der Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt erbracht werden, bedarf es hierfür der notariellen Beglaubigung der Unterschriften des Versammlungsleiters, eines Wohnungseigentümers und falls ein Beirat bestellt ist, von dessen Vorsitzendem oder Vertreter.

Notgeschäftsführung §§ 9 a Absatz 3, 18 Absatz 3 WEG

Jeder Eigentümer ist berechtigt, auch ohne Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmte Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines drohenden Schadens am Gemeinschaftseigentum oder Gemeinschaftsvermögen notwendig sind. Notwendig ist eine Maßnahme immer dann, wenn ohne weiteres Zutun ein Schaden unmittelbar einzutreten droht. Kann die erforderliche Maßnahme noch rechtzeitig einer Entscheidung durch den Verwalter oder die Gemeinschaft zugeführt werden, ohne dass es zu einem nachhaltigen Schaden führt, darf eine Notmaßnahme nicht veranlasst werden. Unter den Begriff der Notmaßnahmen fallen unter anderem: vorläufige
Reparatur bei Heizungsausfall, Auspumpen überschwemmter Räumlichkeiten, vorläufiges Verschließen eines Rohrbruchs. Die hierdurch entstehenden Kosten sind dem Notgeschäftsführer von der Gemeinschaft im Regelfall zu erstatten.

Nutzungen bei baulichen Veränderungen
§§ 16 Absatz 1, 21 Absätze 1-3 WEG

Der Begriff „Nutzungen“ im Sinne des § 21 WEG meint das Recht, die Früchte der baulichen Veränderung (Miete und Pacht, Einnahmen für Strom) in Anspruch zu nehmen und die baulichen Veränderungen grundsätzlich unter Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer gebrauchen zu können. Allerdings ist ein Alleingebrauchsrecht dann nicht durchsetzbar, wenn ein allgemeines Mitgebrauchsrecht am Gemeinschaftseigentum besteht, beispielsweise Hauseingangstür, Überdachungen, Einzäunungen. Dann partizipieren die anderen Eigentümer auch ohne Kostenlast notwendigerweise am Gebrauch der Sachen. Handelt es sich hingegen um eine bauliche Veränderung, die mit einer doppelt qualifizierten Mehrheit beschlossen wurde oder deren Kosten sich in einem angemessenen Zeitraum amortisieren, haben alle Eigentümer ein Gebrauchsrecht entsprechend der Kostenverteilung auf alle Eigentümer. In allen anderen Fällen sind die Eigentümer nutzungsberechtigt, die die Maßnahmen beschlossen haben.

Öffnungsklausel-Bindungswirkung von Beschlüssen
§ 10 Absatz 3 WEG

Um eine Bindungswirkung von Beschlussfassungen gegenüber Rechtsnachfolgern begründen zu können, bedarf die Beschlussfassung einer Eintragung im Grundbuch, sofern diese auf Grundlage einer Öffnungsklausel in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung getroffen wurde. Erfolgt die Beschlussfassung hingegen auf Grundlage einer gesetzlichen Beschlusskompetenz, ist der Beschluss auch ohne Eintragung im Grundbuch für Rechtsnachfolger verbindlich. Dies gilt auch für Altbeschlüsse (vor dem 01.12.2020 gefasst). Für diese gilt die Eintragungspflicht mit einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2025.

Online-Eigentümerversammlung
§ 23 Absatz 1 Satz 2 WEG

Die Gemeinschaft kann per einfachem Mehrheitsbeschluss beschließen, dass die Eigentümer an einer Präsenzversammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort mittels elektronischer Kommunikation teilnehmen können. Die Präsenzversammlung kann aber nicht zugunsten einer Online-Versammlung abgeschafft werden. Für die Online-Teilnahme gelten grundsätzlich alle auch für die Präsenzversammlung geltenden Versammlungsrechte, wie beispielsweise die Nicht-Öffentlichkeit der Versammlung oder die Vertretungs- und Stimmrechte. Die Online-Teilnahme unterliegt aber einigen Besonderheiten im Hinblick auf die Schaffung der technischen Voraussetzungen für die elektronische Kommunikation und die Ausübung der Versammlungsrechte. Dies muss im Vorfeld einer Versammlung genau bestimmt und festgelegt
werden. (Für weitere Informationen nutzen Sie gern unseren Ratgeber im IVD-Mitgliederbereich „In 5 Schritten zur Online-Eigentümerversammlung“).

 

Foto: mikhail-pavstyuk-unsplash