Den Traum möglich machen

26. August 2022


Endlich kommt Bewegung in die Sache. Die Ampelregierung scheint erkannt zu haben, wie wichtig die Förderung von Wohneigentum ist. Die SPD kündigte jetzt ein staatliches Programm zum Eigenkapitalersatz an, die FDP vor einigen Tagen eine Reform der Grunderwerbsteuer. Jetzt heißt es: Bitte auch dranbleiben und umsetzen!

Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

Es ist ein Traum vieler Bürger in diesem Land. 95 Prozent der 18- bis 29-jährigen Deutschen hätten gern eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus. 73 Prozent aller Mieter wären gern Eigentümer. Doch die Eigentumsquote liegt nur bei circa 45 Prozent. Deutschland hält damit die „rote Laterne“ in Europa. Nirgendwo auf dem Kontinent ist die Wohneigentumsquote niedriger als bei uns. Tendenz: weiter sinkend.

Mehr als zwei Drittel der Deutschen wünschen sich, dass der Staat mehr für die Förderung von Wohneigentum tut. Zu Recht. Die größte Hürde beim Eigentumserwerb ist und bleibt das Eigenkapital. Jungen Familien ist der Erwerb häufig überhaupt nur möglich, wenn das Eigenkapital durch Unterstützung von Verwandten oder eine Erbschaft aufgebracht werden kann. Eine Eigentumsbildung aus dem Einkommen einer Erwerbstätigkeit ist kaum noch möglich. Damit ist die Frage des Wohneigentums längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Durch die steigenden Bauzinsen hat sich die Situation nochmals verschärft. Deshalb ist es richtig, ein staatliches Programm zur Eigenkapitalergänzung aufzulegen, wie von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert angekündigt. Damit sollen Haushalte mit stabilem Einkommen, aber ohne großartige Rücklagen unterstützt werden. Im Bauministerium von Klara Geywitz werde schon daran gearbeitet, heißt es. Die Nachricht freut uns.

Aber: Es darf jetzt nur nicht wieder passieren, dass die Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens in einem komplizierten Prüfungs- und Zulassungs-Dickicht hängen bleibt wie in der vergangenen Legislaturperiode. Ein weiteres wichtiges Instrument zur Förderung des Wohneigentums wäre die Absenkung der Grunderwerbsteuer oder zumindest die Einführung von situativen Freibeträgen, etwa für den Ersterwerb. Hier bleibt aber abzuwarten, ob der politische Mut dazu reicht. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat eine Reform der Grunderwerbsteuer angekündigt. Er schlägt vor, den Bundesländern die Möglichkeit einzuräumen, für den Erwerb der selbst genutzten Wohnung einen zweiten, geringeren Steuersatz einzuführen.

Ich begrüße die Initiative des Bundesfinanzministers natürlich ausdrücklich, sehe aber auch große Probleme bei der Umsetzung. Warum? Damit die Länder die Möglichkeit, den Steuersatz abzusenken, nutzen, müsste zugleich die Regelung über den Länderfinanzausgleich geändert werden. Denn die gegenwärtige Regelung über den Länderfinanzausgleich bildet einen starken Anreiz für die Länder, den Steuersatz für die Grunderwerbsteuer zu erhöhen und wird eine Absenkung verhindern. Denn in den Länderfinanzausgleich geht die Grunderwerbsteuer nicht mit ihrem tatsächlichen Steueraufkommen ein, sondern mit ihrem Anteil an der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Soweit ein Land daher einen Steuersatz hat, der höher ist als der durchschnittliche Steuersatz aller Bundesländer, gehen die Steuereinnahmen nicht in den Länderfinanzausgleich ein.

Der IVD fordert daher, dass die Befugnis zur Festsetzung des Steuersatzes wieder auf den Bund zurückübertragen wird. Unabhängig davon sollte der Bund durch ein Bundesgesetz einen Freibetrag für den Erwerb der selbstgenutzten Wohnung einführen. Die Gesetzgebungsbefugnis steht ihm zu, weil es sich dabei nicht um eine Regelung über den Steuersatz, sondern die Bemessungsgrundlage handelt.

Übrigens: Den Wunsch nach einem finanziellen Ausgleich der Bundesländer hält der IVD für ungerechtfertigt, da diese die Grunderwerbsteuer in der Vergangenheit immer wieder erhöht haben und das Steueraufkommen in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. 2021 haben die Länder Steuereinnahmen durch die Grunderwerbsteuer in Höhe von 18,33 Milliarden Euro eingenommen, 2016 waren es noch 12,41 Milliarden. Derweil dreht sich die Spirale von Steuererhöhungen in den Ländern immer weiter. Zu Beginn des kommenden Jahres erhöht Hamburg die Grunderwerbsteuer von 4,5 auf 5,5 Prozent. Die Hansestadt will damit ihre coronabedingten Haushaltslöcher schließen. Auch in Sachsen wird aktuell eine Erhöhung von 3,5 auf 5,5 Prozent diskutiert. Das wäre die 30. Erhöung der Grunderwerbsteuer in den Ländern seit 2009.

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