„Der wirksamste Stellhebel ist das individuelle Verhalten“

6. Januar 2023


Maßnahmen zur Energieeinsparung bleiben über den Winter hinaus oberstes Ziel für jeden, der eine Immobilie besitzt und bewohnt. Daniel Burgis, Geschäftsführer von Black Label Developments, erklärt uns im Interview, wie dabei eine Beratung eines Profis helfen kann und was jeder selbst machen kann — unabhängig von langfristig gesetzten Sanierungsfahrplänen.

Interview von Mira Schnittger

AIZ: Stellen wir uns vor, ein Eigentümer möchte sein 20 Jahre altes Zweifamilienhaus energetisch ertüchtigen, weiß aber nicht wie. Also kommen Sie zu einer Beratung zu ihm ins Haus. Was passiert dann?

Daniel Burgis: Bevor wir den Ist-Zustand der Immobilie aufnehmen, gehen wir ins Gespräch mit dem Eigentümer, fragen nach, was er sich vorstellt. Bei der Besichtigung nehmen wir Probleme und Schwachstellen genau unter die Lupe. So bekommt man ein Gefühl für den Kunden und seine Immobilie, kann seine Wünsche und Bedürfnisse aufnehmen, bevor ein individueller Sanierungsfahrplan erstellt werden kann. Übrigens ein attraktives Förderinstrument für den niedrigschwelligen Einstieg in eine fachkundige Beratung. Es wird zu 80 Prozent bezuschusst, der Eigentümer zahlt nur einen Eigenanteil, den Rest bekommen wir vom Bund.

Wir beginnen unseren Rundgang meistens im Keller und schauen zunächst nach der Heizung: Wie ist ihr Zustand, passt die Vorlauftemperatur, hat sie gerade einen Notlauf? Um weiter in die Tiefe gehen zu können, checken wir zudem alle Unterlagen wie Baupläne, Wärmeschutznachweis und Heizlastberechnung — wenn es eine gibt. Ein Haus ist für uns eine Blackbox. Ich kann nicht auf den ersten Blick wissen, wie eine Wand aufgebaut ist. Gibt es eine Dämmung, wie ist der U-Wert — das sind Fragen, die ich erst nach Erstbesuch und Unterlagencheck beurteilen kann.

Mit einem schlüssigen Konzept hin zur Elektrifizierung des Gebäudes, das Heizung und Photovoltaik miteinander verbindet, kann man sehr gute Lösungen entwickeln, um dem Eigentümer eine gewisse Autarkie zu geben.

Gibt es eine Förderung für Eigentümer, die Sie empfehlen würden?

Der Gesetzgeber hat bestimmte Förderkategorien festgelegt. Das ist zum einen die Gebäudehülle, zum anderen die Anlagetechnik. Entscheidet sich ein Eigentümer zum Beispiel, die Fenster erneuern zu lassen, kann er sich sogenannte Umfeldmaßnahmen mitfördern lassen. Das umfasst etwa das Streichen von Wänden oder die Ausbesserung von Schäden, die durch die energetische Maßnahme des Fensteraustauschs angefallen ist. So bekommt er ein ganzes Paket, weil alles zusammenhängt.

Gibt es Alternativen zur Luftwärmepumpe, Pellet- oder Hybridheizung?

Interessant sind Wasserstofftechnologien, also dass man anstatt Gas Wasserstoff durchs Netz pumpt und dann daraus eine Brennstoffzelle oder durch eine andere Anlage Wärme erzeugt. Auch Speichertechnologien bieten verschiedene Ansätze, dem Stromnetz Strom abzunehmen. Durch den verstärkten Ausbau erneuerbarer Technologien, gerade durch Photovoltaik, gibt es zu gewissen Tageszeiten einen erheblichen Überschuss an Strom. Auch im Bereich der Sektorkopplung gibt es nachhaltige Ansätze, Strom zu speichern, um ihn dann entweder wieder direkt als Strom oder für Warmwasser und Raumwärme nutzen zu können.

Können Sie eine Prognose geben, wie sich der Gaspreis in den nächsten Jahren entwickeln wird?

Das ist schwierig vorauszusehen, weil die Politik einen großen Anteil daran hat. Aber ich nutze bei meinen Kalkulationen perspektivisch einen Gaspreis von 12 bis 15 Cent. Meiner Meinung nach ist das ein realistischer Wert, da die Bundesregierung bei ihrer Gaspreisbremse von einem ähnlichen Wert ausgeht und auch Gas, das über den Atlantik gebracht wird, zwischen 10 und 12 Cent liegt. Beim Strom gehe ich davon aus, dass wir langfristig günstiger werden. Die nach oben steigende Preisspirale der letzten 20 Jahre wird stoppen. Auch glaube ich, dass es eine Änderung der Stromtarife geben wird. Wir werden verstärkt in die Hoch- und Niedertarife gehen, also dass man, je nach dem zu welcher Uhrzeit man Strom nachfragt, unterschiedliche Preise bezahlt.

Zudem müssen Wärmepumpen ab 2023 mit einer sogenannten SG-Ready-Schnittstelle ausgestattet sein. Das heißt, der Netzbetreiber hat Zugriff darauf und kann sie im Zweifel auch steuern. Darauf aufbauend kann der Stromsektor neue Tarife und Produkte entwickeln.

Die von Ihnen erwähnten Maßnahmen nehmen von der Planung bis zur Umsetzung sicher einige Zeit in Anspruch. Gibt es etwas, was ich kurzfristig machen kann, um Energie zu sparen?

Der wirksamste Stellhebel ist das individuelle Verhalten. Vor allem um das Heizen machen sich viele zu wenig Gedanken. Zum Beispiel ist oft nicht bekannt, wie das Thermostat funktioniert. Nämlich, dass ich mit den Stufen eins bis fünf nicht reguliere, wie stark die Heizung Wärme abgibt, sondern eigentlich eine Raumtemperatur einstelle. Heißt, wenn ich in einem kalten Raum die Heizung auf fünf stelle, wird er nicht schneller warm, als wenn ich sie auf drei gedreht hätte. Ein weiterer Aspekt sind schlecht oder gar nicht gedämmte Rohrleitungen. Den wenigsten ist bewusst, wieviel Wärme darüber verloren geht. Jeder Meter ungedämmte Rohrleitung verschwendet ungefähr 200 Kilowattstunden im Jahr, da kommen gerade in einem Mehrfamilienhaus nennenswerte Beträge zusammen. Darüber hinaus kann ich Badezimmer mit wassersparenden Armaturen ausstatten.

 

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