Die Korrektur kommt, die Frage ist nur: wann?

26. April 2018


Während draußen der Frühling endlich beginnt, befindet sich der Immobilienzyklus im Spätherbst. Zumindest wird immer deutlicher, dass die Frage nicht mehr lautet, ob es zu Korrekturen kommen wird, sondern wann — und wodurch motiviert.

Noch ist der Markt bullig — Wohnimmobilien in den deutschen Metropolen und Ballungszentren erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Das betrifft private Käufer (Eigennutzer und Anleger gleichermaßen), aber auch Family Offices sowie institutionelle und unabhängige Immobilieninvestoren. Mir stellt sich dabei die Frage, ob die stabilen und weiterhin steigenden Preise mit einer wachsenden Nachfrage zusammenhängen — oder ob nicht das Angebot derart verknappt ist, dass „beinahe alles“ einen Käufer findet?

Machen wir uns nichts vor: Solange die Politik nicht endlich Maßnahmen ergreift, die den Wohnungsneubau drastisch ankurbelt, wird der Druck auf dem Wohnungsmarkt in den deutschen Metropolen weiterhin groß sein. Die Digitalisierung ganzer Berufszweige ebenso wie die Mobilitätsrevolution sind Faktoren, die den Zuzug in die Großstädte weiter vorantreiben. Daran wird sich in den kommenden Jahren nicht viel ändern. Auch das jetzt einsetzende Wachstum der Randlagen und Umlandstädte ist im Ergebnis eine Folge des Metropolbooms: Die Menschen wollen in und nah an den Großstädten leben.

Nach zehn Jahren des Zyklus scheint freilich bei sehr vielen Menschen angekommen zu sein, dass Investitionen in Immobilien interessant sind. Vom Bäcker bis zum Lehrer wollen alle am Markt teilnehmen, und das wiederum stimmt mich skeptisch. Wenn beinahe jeder meint, in Immobilien investieren zu müssen (und zu können!), dann ist der Markt für Opportunitäten so gut wie vorbei. Gewiss, es gibt immer noch gute Objekte und hier und da spannende Angebote. Aber immer mehr Immobilien werden durchgehandelt, immer häufiger steigen die Faktoren ins Unermessliche, und zahlreiche Investitionen rentieren sich nur noch dank luftigen Aufteilungsfantasien und für viele kaum mehr leistbare Projektentwicklungen. Die Folge: Viele Renditeerwartungen basieren nicht auf den Preisen von heute, sondern auf den Einnahmen von morgen.

Natürlich wird es auch in Zukunft in absoluten Bestlagen der deutschen Metropolen exklusive Kauf- und Mietpreise geben. Aber im Großen sind die Preise, die heute für das klassische Mietshaus verlangt (und nach wie vor gezahlt) werden, deutlich über dem, was sich unter strengeren Kriterien rechnen würde. Manch ein Käufer kalkuliert beim Erwerb mit drastischen Mieterhöhungen und ist dementsprechend willens, immense Faktoren in Kauf zu nehmen. Aber kann man an den Mieten noch ohne weiteres arbeiten? Ich bezweifle das aus drei Gründen:  Zum einen sind vielerorts die Mieten in den letzten Jahren bereits gestiegen. Zum anderen sind Mietpreiserhöhungen infolge von Mietpreisbremse und sozialen Erhaltungsverordnungen in der Tat nicht mehr ganz so ohne weiteres möglich. Und drittens nimmt aufgrund der Wohnungsknappheit die Fluktuation auf dem Mietmarkt immer weiter ab. Ich kann daher nur warnen, potenzielle Mietpreiserhöhungen schon beim Kauf in die Kalkulation mit einfließen zu lassen.

In eine ähnliche Richtung geht auch die letzte Empirica-Studie. Demnach sind die Preise am Immobilienmarkt bis zu 30 Prozent überhöht. Man mag die „30 Prozent“ für marktschreierisch erachten, aber wer heute in einer B- oder C-Lage eine Wohnung mit dem Versprechen verkauft, der Käufer könne dafür 18 Euro und mehr auf den Quadratmeter verlangen, der stößt bei mir jedenfalls auf Skepsis.

In wenigen Monaten jährt sich das Aus der US-Investmentbank Lehman Brothers zum zehnten Mal. Auf der diesjährigen MIPIM in Cannes nahm man das zum Anlass, auch ein wenig Selbstkritik und Selbstreflexion zu betreiben. Viele Investoren agieren mit angezogener Handbremse und sprechen von Kaufpreisplateaus. Man hört von Deals, die beinahe schon geschlossen waren und nun, so heißt es, aufs Neue auf den Tisch geholt werden. Die eine oder andere Exklusivität platzt, weil die versprochenen (überhöhten) Preise am Ende nicht immer gehalten werden können. Das sind für mich bereits Korrekturanfänge, die durch den fehlenden Zins am derzeit noch sehr üppigen Kapitalmarkt lediglich hinausgezögert und verlangsamt wurden.

Foto: ©Streetflash