Die neue Sonderabschreibung nach § 7 b EStG – neu für die Schaffung neuer Wohnungen

5. November 2018


Am 29. August 2018 hat das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus veröffentlicht. Doch was bedeutet die neue Regelung für Sonderabschreibungen in der Praxis?

Von Hans-Joachim Beck

Danach soll durch Einführung eines neuen § 7b EStG für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen neben der Normalabschreibung gemäß § 7 Abs. 4 EStG eine Sonderabschreibung von bis zu 5 Prozent für vier Jahre gewährt werden. Damit beträgt die Abschreibung in den ersten vier Jahren jeweils 7 Prozent und – kumuliert – 28 Prozent. Danach ist gemäß § 7 a Abs. 9 EStG der Restwert von (50 – 4 =) 46 Jahre zu verteilen.

Im Falle der Anschaffung ist eine Wohnung neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird. In diesem Fall können die Sonderabschreibungen nur von dem Erwerber in Anspruch genommen werden.

Die Sonderabschreibungen können nur in Anspruch genommen werden, wenn der Bauantrag nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt worden ist bzw. die Bauanzeige in diesem Zeitraum erfolgt ist. Gemäß § 52 Abs. 15 a EStG kann die Sonderabschreibung letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026 in Anspruch genommen werden, auch wenn der vierjährige Begünstigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist. Dadurch soll erreicht werden, dass von der Baugenehmigung zügig Gebrauch gemacht wird.

Es muss sich um neuen Wohnraum handeln, der zur entgeltlichen Überlassung geeignet ist und die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllt. Danach muss es sich um eine Wohnung handeln, die mindestens 23 Quadratmeter groß ist und über die notwendigen Nebenräume (Küche, Bad Toilette) verfügt. Außerdem muss sie abgeschlossen sein und einen selbständigen Zugang haben.

Voraussetzung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 EURO je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Bei der Herstellung einer Wohnung dürfte es möglich sein, diese Grenze einzuhalten. Für Käufer dürfte die Grenze aber kaum einzuhalten sein, da im Erwerbsfall der gesamte Kaufpreis und damit auch die Kosten für den Boden mitzählen. Wenn beispielsweise ein Erwerber eine Wohnung zum Preis von 3.000 EURO je Quadratmeter kauft und davon ein Anteil von 25 Prozent für den anteiligen Boden gezahlt wird, dürfen die Herstellungskosten für die Wohnung lediglich (3.000 – 750 =) 2.250 betragen. Dies dürfte kaum zu schaffen sein. Um Herstellungs- und Anschaffungsfälle gleich zu behandeln sollte der Gesetzgeber daher regeln, dass in Anschaffungsfällen die Grenze von 3.000 EURO nur für den Gebäudewertanteil der Anschaffungskosten gilt. Anderenfalls käme die Sonderabschreibung für Erwerber nur in Regionen zum Tragen, in denen die Bodenwerte extrem niedrig sind. Dies sind aber gerade nicht die Gebiete, in denen die neuen Wohnungen benötigt werden.

Bemessungsgrundlage für die neue Sonderabschreibung sollen jedoch nicht die tatsächlichen Herstellungs- oder Anschaffungskosten sein, sondern nur ein Teilbetrag von 2.000 EURO.

Die Sonderabschreibung wird rückgängig gemacht, wenn

  • die neue geschaffene Wohnung in den ersten 10 Jahren nicht der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient,
  • der Investor die Wohnung innerhalb von 10 Jahren verkauft und der Gewinn nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegt. Ein steuerfreier Verkauf wäre nämlich nach § 23 EStG möglich, wenn der Investor eine Wohnung auf einem Grundstück errichtet, das er vor mehr als 10 Jahren erworben hat oder das Dachgeschoss in einem Gebäude errichtet, dass er vor mehr als 10 Jahren gekauft hat.
  • der Investor die Baukostenobergrenze von 3.000 EURO in den ersten drei Jahren durch nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten überschreitet.

Die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG – neu ist ausgeschlossen, wenn die Wohnung unmittelbar mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten gefördert wurde.

Negative Einkünfte aus der Vermietung eines Gebäudes, für das Sonderabschreibungen nach dem neuen § 7 b EStG in Anspruch genommen werden, können abweichend von § 37 Abs. 8 EStG bereits bei der Festsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr der Anschaffung oder Fertigstellung berücksichtigt werden. Hierzu wird die Regelung des § 37 Abs. 3 Satz 10 EStG, die bisher nur für erhöhte Absetzungen nach den §§ 14 a, 14 c und 14 d Berlin FG sowie Sonderabschreibungen nach § 4 FördG gilt, auf die neue Sonderabschreibung nach § 7 b EStG ausgedehnt. Gemäß der Verweisung in § 39 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 b EStG gilt dies auch für die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte. Da nicht nur die Verluste aus der neu geschaffenen Wohnung, sondern — im Huckepackverfahren — die gesamten negativen Einkünfte aus dem betreffenden Gebäude berücksichtigt werden können, dürfte die Neuregelung gerade für den Ausbau von Dachgeschossen und die Aufstockung interessant sein.

Im Ergebnis wird die Sonderabschreibung allerdings nur für kleinteilige Baumaßnahmen in Betracht kommen. Denn nach der EU-De-minimis-Verordnung darf der Steuervorteil eines Unternehmens aufgrund der Sonderabschreibung in drei Jahren höchstens 200.000 EURO betragen. Anderenfalls würde es sich um eine von der EU-Kommission zu genehmigende Beihilfe handeln. Bei Ermittlung dieses Höchstbetrages ist allerdings nicht auf die Höhe der Sonderabschreibung selbst abzustellen, sondern auf den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die Sonderabschreibung entsteht. Darunter ist der Betrag zu verstehen, um den sich die Steuer durch die Inanspruchnahme der Sonder-AfA vermindert. Damit hängt der Umfang des Steuervorteils von dem persönlichen Steuersatz des Investors ab. Handelt es sich um eine natürlich Person und unterstellt man einen Steuersatz von 45 Prozent, wären etwa Baukosten in Höhe von 2.957.040 EURO begünstigungsfähig. Dies würde einer Wohnfläche von 1.478 Quadratmetern entsprechen. Geht man von einer Wohnungsgröße von 70 Quadratmetern aus, wären dies 21 Wohnungen. Damit eignet sich die Sonderabschreibung vor allem für kleinteilige Nachverdichtungsmaßnahmen. Insbesondere der Dachgeschossausbau dürfte von der Neuregelung profitieren, weil § 37 Abs. 3 Satz 10 EStG auf die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG erweitert wird, und die Aufwendungen für das gesamte Gebäude, in dem die neue Wohnung liegt, bereits für das Jahr der Fertigstellung der neuen Wohnung im Vorauszahlungsverfahren und auf der Lohnsteuerkarte berücksichtigt werden können.

Kapitalgesellschaften, die aufgrund der sogenannten erweiterten Kürzung keine Gewerbesteuer zahlen, sondern nur die Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent, können dementsprechend die Sonderabschreibung für die dreifache Anzahl von Wohnungen nutzen.

Um den Bau neuer Wohnungen wirklich wieder attraktiv zu machen, wäre es geboten, den normalen Abschreibungssatz, der bisher nur 2 Prozent beträgt, auf mindestens 3 Prozent anzuheben. Dies wäre keine Förderung, sondern würde lediglich dem tatsächlichen Wertverzehr gerecht werden. Dieser hat sich nämlich in den letzten Jahren erheblich beschleunigt, weil ein immer größerer Teil der Baukosten auf die technische Ausrüstung der Gebäude entfällt.

Vor allem kommt es aber drauf an, den Bau von Wohnungen wieder zu erleichtern und die bürokratischen Hemmnisse, die sich in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben, wieder zurückzufahren. Hierzu müssen vor allem das BauGB, die BauNVO und die Bauordnungen der Länder bereinigt und entschlackt werden.
Wenn die Baukosten nicht weiter steigen sollen, muss auch die Vielzahl der Baunormen verschlankt werden. Nicht jeder neue Schalter, den die Industrie entwickelt, muss zur baurechtlichen Norm erhoben werden, ohne dass vorher Kosten und Nutzen gegeneinander abgewogen worden sind.

Beispiel
Abschreibungen je Quadratmeter bei Baukosten von 2.500 EURO je Quadratmeter

Normalabschreibung
Bemessungsgrundlage: 2.500 €

Jahr 1 – 4: 200 € (50 € x 4 Jahre)

+

Sonderabschreibung gem. § 7 b
Begünstigte Bemessungsgrundlage: 2.000 €

Jahr 1 – 4: 400 € (100 € x 4 Jahre)

= 600 €

Restbetrag: 2.500 € – 600 € = 1.900 €
zu verteilen auf 46 Jahre (50 – 4)

1.900 : 46 = 41,30 € pro Jahr

Jahr 5 – 10: 247, 80 € (42,30 € x 6 Jahre)

Summe AfA: 600 € + 247,80 € = 878,80 €

Restwert nach 10 Jahren: 1.621,20 €

Ohne die neue Sonderabschreibung würde der Restwert nach 10 Jahren 2.000 EUR betragen (2.500 – 2.500 x 20 %)