Die Reform des Wohnungseigentumsrechts — Referentenentwurf liegt vor

11. Februar 2020


Seit Monaten arbeitet das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz an einem Gesetzentwurf zur Novellierung des WEG-Rechts (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz-WEModG). Vor wenigen Wochen wurde ein entsprechender Referentenentwurf an die anderen Bundesministerien gesendet, zu dem diese Stellung nehmen konnten. Nunmehr liegt der Referentenentwurf auch den wohnungswirtschaftlichen Verbänden mit der Möglichkeit zur Stellungnahme vor.

Von Annett Engel-Lindner

Voranstellend lässt sich festhalten, dass sich die Bemühungen und die Mitarbeit des IVD an der WEG-Reform nun auch im Gesetzesentwurf widerspiegeln und sich die Verbandsbestrebungen und Forderungen dort im Wesentlichen wiederfinden. Das reformierte Gesetz wird die Zusammenarbeit von Eigentümern, Beirat und Verwaltern effizienter und transparenter machen.

Die Schwerpunkte der Reform liegen in folgenden Aspekten, wobei diese hier nicht abschließend dargestellt werden.

Gestattung baulicher Maßnahmen

Wohnungseigentümer und Mieter sollen künftig einen Anspruch auf Gestattung baulicher Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität, der Barriere-Reduzierung und des Einbruchschutzes auf eigene Kosten zur alleinigen Nutzung haben. Die Gemeinschaft kann auf die Art der Durchführung Einfluss nehmen.

Erleichterung baulicher Maßnahmen

Bauliche Maßnahmen sollen künftig, ungeachtet der vorstehenden Privilegierungstatbestände, grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit möglich sein, insbesondere Maßnahmen, die zur nachhaltigen Kosteneinsparung führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen, sofern keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage erfolgt.

Stärkung der Rechtssicherheit in der Begründungsphase — Kodifizierung der Ein-Personen-Gesellschaft

Nach dem Referentenentwurf soll mehr Rechtssicherheit in der Begründungsphase der Gemeinschaft geschaffen werden. Das Wohnungseigentumsgesetz soll bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher für werdende Eigentümer unmittelbar gelten.

Stärkung der Gemeinschaft im Rechtsverkehr

Es sollen klare Vorschriften zur Vertretung der Gemeinschaft durch den Verwalter geschaffen werden.

Modernisierung des Klageverfahrens

Beschlussanfechtungsverfahren sollen sich künftig gegen die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten.

Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen

Das Recht zur Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen soll gesetzlich fixiert werden.

Erweiterung des Sondereigentums

Künftig soll es möglich sein, Terrassen, Gärten oder Stellplätze, die bislang zwingend Teil des Gemeinschaftseigentum waren, zu Sondereigentum erklären zu können. Stellplätze gelten dann als Sondereigentum.

Abweichende Kostenverteilung unabhängig vom Einzelfall möglich

Künftig soll die Gemeinschaft neben der Kostenverteilung für Einzelfallmaßnahmen auch über regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrende Positionen (zum Beispiel Fensteraustausch) beschließen können. Die Beschränkung auf den Einzelfall wird aufgehoben.

Modernisierung der Wohnungseigentümerversammlung

Im Zusammenhang mit der Wohnungseigentümerversammlung sind einige Veränderungen und Vereinfachungen geplant: Die Ladungsfrist für die Versammlung soll mit Ausnahme besonderer Dringlichkeit von zwei auf vier Wochen verlängert werden und bestehende Hürden für die Beschlussfähigkeit beseitigt werden. So soll beispielsweise das Beschlussfähigkeitsquorum aufgehoben werden.

Die Regelungen zur Zweitversammlung könnten somit entfallen. Zugleich soll Wohnungseigentümern eine Online-Teilnahme an Versammlungen ermöglicht und eine elektronische Beschlussfassung eingeführt werden. Ferner können einzelne Eigentümer zur Einberufung einer Versammlung ermächtigt werden.

Umlaufbeschlüsse sollen künftig anstelle der Schriftform, in Textform möglich sein, eine eigenhändige Unterschrift ist damit nicht mehr erforderlich. Die gesetzliche Pflicht zur Beschlusssammlung soll aufgehoben werden.

Flexible Zusammensetzung des Beirates

Die Zusammensetzung des Beirates soll künftig flexibler ausgestaltet werden können. Das Ob und die Anzahl der Beiratsmitglieder können die Eigentümer entsprechend den Bedürfnissen ihrer konkreten Gemeinschaft festlegen.

Stärkung der Verwalterkompetenzen und Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft

Die originären Verwalterkompetenzen sollen dadurch gestärkt werden, dass Maßnahmen gewöhnlicher Verwaltung sowie Eilmaßnahmen auch ohne eine Beschlussfassung der Eigentümer unmittelbar durchgesetzt werden können, was insbesondere in größeren Anlagen von großer Relevanz ist. Der Verwalter soll nach außen eine unbeschränkte Vertretungsmacht für die Gemeinschaft erhalten.

Harmonisierung von Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Harmonisierungsbedarf besteht vor allem im Bereich der Barrierefreiheit, Elektromobilität und des Einbruchschutzes, aber auch der Bewirtschaftungs- und Betriebskosten. Die gesetzlichen Regelungen des Miet- und WEG-Rechts sollen aufeinander abgestimmt werden.

Maßnahmen zur Errichtung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, zur Barrierereduzierung sowie zum Einbruchsschutz sollen künftig nicht mehr der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen. Zusätzlich soll der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Erlaubnis zur Durchführung dieser Maßnahmen erhalten.

Nach dem Entwurf soll für die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten bei vermieteten Eigentumswohnungen künftig zudem die wohneigentumsrechtliche Verteilung der Kosten maßgeblich sein.

Jährlicher Vermögensbericht

Kritisch sieht der IVD unter anderem die Neuregelung, wonach Verwalter neben der bisherigen Pflicht zur Erstellung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan auch einen jährlichen Vermögensbericht erstellen soll, welcher über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft geben soll. Diese zusätzliche Aufgabe für Verwalter, steht im Hinblick auf den damit verbundenen zeitlichen Aufwand und gewünschten Nutzen nach hiesiger Ansicht in keinem Verhältnis.

Abberufung des Verwalters erleichtert

Kritisch sieht der IVD darüber hinaus die erleichterte Möglichkeit der Abberufung des Verwalters. Diese soll nach dem Entwurf nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes abstellen, selbst wenn dies die Teilungserklärung/ Gemeinschaftsordnung vorsieht.

Bemerkung: Die vorstehende Aufstellung ist nicht abschließend.

Der IVD wird in Kürze zum Referentenentwurf umfassend Stellung nehmen und auf den aus seiner Sicht weiteren notwendigen Reformbedarf hinweisen.

Dabei wird sich der IVD insbesondere für die Einführung eines Sach- und Fachkundenachweises und die Schaffung einer originären Verwalterkompetenz für das Wohngeldinkasso einsetzen.

 

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