Die wichtigsten Fragen zur Entstehung der Gemeinschaft und dem Umgang mit werdenden Eigentümern

9. Juni 2021


Rechtsanwalt Nico Bergerhoff führt alle Leserinnen und Leser in dieser Serie durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). In Folge 3 geht es rund um die Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf den ersten Blick hat sich auch nach der WEG-Reform nichts Grundlegendes geändert: Weiterhin kann die Gemeinschaft durch Teilung oder durch einen Teilungsvertrag mehrerer Eigentümer eines Grundstücks gebildet werden. Eine wesentliche Änderung ergibt sich allerdings aus der Folgeregelung des § 9a Absatz 1 S. 2 WEG: Die Gemeinschaft der Eigentümer entsteht nunmehr unmittelbar mit Anlage der Wohnungsgrundbücher durch das Grundbuchamt.

Von Rechtsanwalt Nico Bergerhoff

Dies ist ein Unterschied zur bisherigen Rechtslage: Bei Teilung durch einen einzelnen Eigentümer entstand die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erst in dem Moment, in welchem außer dem teilenden Eigentümer mindestens ein weiterer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde.

Wann entsteht die WEG?

Der entscheidende Zeitpunkt für die Entstehung der Gemeinschaft ist aber nicht die Antragstellung oder der Eingang beim Grundbuchamt, sondern der dortige dingliche Vollzug, das heißt mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Kann erst nach Anlage der Wohnungsgrundbücher Eigentum erworben werden?

Wie bislang ist es weiterhin möglich, vom Bauträger Wohnungen zu erwerben, obwohl die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt worden sind. Der Erwerber wird durch eine Auflassungsvormerkung im ungeteilten Grundstücksgrundbuch geschützt und erhält gegenüber dem Bauträger einen Anspruch auf Erstellung des Gebäudes und Teilung entsprechend der beurkundeten Teilungserklärung.

Was darf die 1-Personen-Gemeinschaft?

Da die Eigentümergemeinschaft bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht, ist es rechtlich möglich, dass Eigentümer aller Sondereigentumseinheiten zunächst lediglich ein einzelner Eigentümer, zum Beispiel der Bauträger ist. Besonderheiten für den Zeitraum, innerhalb dessen nur ein einziger Eigentümer existiert, hat das WEG nicht geregelt.

Entsprechend den allgemeinen Regelungen ist der Bauträger Träger der Rechte und Pflichten, kann allein über die Verwaltung des Wohnungseigentums entscheiden und auch alleiniger Vertreter der Gemeinschaft sein. Bereits in dieser Zeit kann ein Verwalter bestellt werden, dann ist dieser Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft. Wird kein Verwalter bestellt, so ist der Alleineigentümer nach § 9b Abs. 1 S. 2 WEG der alleinige Vertreter des rechtsfähigen Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft.

Problematisch könnte dies in denjenigen Fällen werden, in welchen der Bauträger in dieser Zeit Verträge abschließt, ohne im Vertrag zu konkretisieren, ob er nunmehr für sich als Bauträger oder als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt. Hier wird am Ende durch Auslegung zu ermitteln sein, ob der Bauträger sich selbst oder die Gemeinschaft der Eigentümer verpflichten wollte.

Der Alleineigentümer kann allein Beschlüsse fassen, an welche die späteren Wohnungseigentümer gebunden sind. Darüber hinaus kann der Alleineigentümer auch mit sich selbst Vereinbarungen treffen und diese gegebenenfalls sogar durch Eintragung in die Wohnungsgrundbücher verdinglichen, sodass auch derartige Vereinbarungen bindend für die späteren Eigentümer wären.

Den späteren Wohnungseigentümern steht es jedoch frei, durch einen abändernden Zweitbeschluss Beschlüsse des Alleineigentümers wieder aufzuheben oder durch eine abweichende Vereinbarung eventuell vorhandene verdinglichte Vereinbarungen des Alleineigentümers wieder rückgängig zu machen. Dies setzt natürlich die entsprechenden Mehrheiten hierfür voraus.

Besteht hier nicht eine Missbrauchsgefahr?

Das Fehlen von Sonderregelungen für die Zeit der Ein-Personen-Gemeinschaft führt dazu, dass den späteren Eigentümern keine anderen Abwehrmöglichkeiten gegen einen eventuellen Missbrauch durch den Alleineigentümer zur Verfügung stehen. Zwar gelten für dessen Beschlüsse durchaus auch die allgemeinen Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung, wie der Stimmrechtsausschluss oder das Verbot der Majorisierung. Für den späteren Eintritt eines Erwerbers wird es allerdings schwierig sein, gegen diese Beschlüsse vorzugehen, da die Anfechtungsfrist für die gefassten Beschlüsse (ein Monat ab Beschlussfassung) des Alleineigentümers bei dessen Eintreten in die Gemeinschaft längst abgelaufen sein dürfte.

Auch abgeschlossene schuldrechtliche Verträge zulasten der Gemeinschaft sind bis auf wenige Ausnahmefällen, in welchen zum Beispiel Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen später nicht mehr angreifbar. Lediglich im Hinblick auf den Verwaltervertrag sind die Erwerber durch das neue jederzeitige Kündigungsrecht der Eigentümergemeinschaft geschützt.

Denkbar und in der Literatur vertreten werden Absicherungen der Erwerber im Kaufvertrag, so zum Beispiel durch ein vereinbartes Mitwirkungsrecht der Erwerber nach Abschluss des Kaufvertrages, sodass keine Beschlüsse ohne deren Kenntnis mehr gefasst werden können. Ob sich dies in der Vertragsgestaltung der Bauträger durchsetzen lässt, wird die Praxis zeigen.

Gibt es noch den werdenden Wohnungseigentümer?

Das von der Rechtsprechung akzeptierte Institut des werdenden Wohnungseigentümers besteht fort, es ist nunmehr auch gesetzlich in § 8 Abs. 3 WEG definiert. Dies macht auch Sinn, da auch nach Anlage der Wohnungsgrundbücher ein Erwerber erst Eigentümer wird, wenn der Kaufpreis vollständig bezahlt wurde. Im Bauvorgang kann daher eine erhebliche Verzögerung zwischen der Überlassung des Besitzes an der Wohnung einerseits und der tatsächlichen Eintragung des Eigentümers im Grundbuch andererseits bestehen.

Wer wird werdender Eigentümer?

Das Gesetz definiert nunmehr die Voraussetzungen, unter welchen ein Erwerber werdender Eigentümer wird. Möglich ist dies nur beim erstmaligen Erwerb von Wohnungseigentum vom teilenden Eigentümer. Für alle späteren Erwerbsfälle greift die Regelung nicht.

Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen eines wirksamen auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteten Erwerbsvertrages (Kaufvertrag). Der Übereignungsanspruch muss darüber hinaus durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert sein.

Schließlich muss der Erwerber bereits den Besitz am Sondereigentum erhalten haben. Auf die Übergabe oder gar Fertigstellung des gemeinschaftlichen Eigentums kommt es hier nicht an.

Welche Folgen knüpfen sich an die Stellung als werdender Eigentümer?

Hier hat sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert:

Der werdende Eigentümer ist im Innenverhältnis zwischen den übrigen Eigentümern einem Volleigentümer gleichzustellen. Ihm steht also zum Beispiel das Recht zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung ebenso zu wie die Pflicht zur Erbringung der Hausgeldzahlungen.

Auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten ändert die Stellung als werdender Eigentümer grundsätzlich nichts. Ansprüche Dritter gegenüber dem Grundstückseigentümer sind an den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer und nicht den werdenden Eigentümer nach § 8 Abs. 3 WEG zu richten.

 

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