Die Wohnungsrückgabe und der Makler – Die Beweislast des Vermieters (Teil 1)

29. April 2022


Hans Werner Gloßner beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit Haus- und Wohnungsmietverträgen, mit Praxisfällen, Neuigkeiten und Kuriositäten der Rechtsprechung. In seiner AIZ-Kolumne schreibt der Immobilienprofi aus Neumarkt in der Oberfalz darüber. In seinem neuen Beitrag geht es unter anderem über die Beweislast des Vermieters bei einer Wohnungsrückgabe.

Von Hans Werner Gloßner

Wer Wohnimmobilien zur Miete vermittelt, kennt dieses Thema zur Genüge. Mit jeder Übergabe oder Rückgabe lernen Sie dazu. Mit neuen Erfahrungen verändert man sein Verhalten. Als Makler wollen Sie dem Vermieter oder Mieter helfen, wenn es um Differenzen geht. Fragen sollten noch während der Übergabe geklärt werden können, dann sind Sie auf dem richtigen Weg und beweisen Kompetenz auf Ihrem Fachgebiet. Damit generieren Sie nachhaltig neue Geschäfte.

Kundenbindung wichtig

Auch wenn heutzutage bereits Teilleistungen im Vermietungsgeschäft verkauft werden, so halte ich es persönlich immer noch für richtig, dem Kunden eine komplette Dienstleistung anzubieten. Denn die Kundenbindung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mein Slogan lautet in diesem Zusammenhang: „Wer nicht vermietet, darf nicht verkaufen“. Im Zeitablauf eines Maklerlebens hat sich zumindest bei mir dieser Grundsatz bewährt.

Betreue ich meine Kunden jahrelang, steht irgendwann der Verkauf an. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, dann wird der Kunde Sie beauftragen, die Wohnung oder das Haus zu verkaufen, denn Sie haben in der vergangenen Zeit eine gute Dienstleistung erbracht und deshalb werden Sie den Auftrag erhalten, weil Sie sich das Vertrauen verdient haben. Deshalb ist es ratsam, diese Dienstleistung sehr ernst zu nehmen.

Doch zurück zur Übergabe. Nicht alles ist möglich. Dazu sind die Beteiligten zu unterschiedlich, ebenso die Interessenssphären von Mieter und Vermieter. Abgesehen davon, dass derjenige im Vorteil ist, der einen Sachverhalt beweisen kann, kommt es immer wieder zu Konflikten, weil keiner der Beteiligten so richtig Bescheid weiß.

 

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Eule

Vorsicht vor Schwarmwissen

Das Schwarmwissen aus dem Internet hilft nicht immer, denn wer beschäftigt sich intensiv mit dieser Materie? Ich behaupte mal, sehr wenige.

Hier ist der Makler mit seiner Erfahrung gefragt und seinem Wissen, das er sich hoffentlich angeeignet hat, um durch seine Reputation zu zeigen, dass er seine Vermittlungsgebühr wert ist, wenn er zur Übergabe eingeladen wird oder wenn es zu seinem Verständnis gehört, dabei zu sein. Sie wissen, dass ein Übergabeprotokoll nur dann einen Wert hat, wenn insbesondere Mängel oder Feststellungen im Detail beschrieben und im Protokoll erwähnt sind. Ein Meterstab und ein Feuchtigkeitsmessgerät gehören meines Erachtens zum unabdingbaren Handwerkszeug eines jeden Maklers. Als Makler sind Sie auch Zeuge, wenn es einmal zu Gericht gehen sollte. Deshalb empfiehlt sich zum Protokoll eine umfangreiche Fotodokumentation. Fotografieren Sie jedes Detail, jeden Quadratmeter Wand und Boden. Dieser Aufwand lohnt sich. Nehmen Sie ein gutes Smartphone oder eine hochauflösende Kamera mit einem guten Blitz, das
sichert Ihnen gute Beweisfotos. Und bitte kein allzu großes Weitwinkelobjektiv, das verzerrt die Ansicht der Beweisfotos.

Alles was üblich ist, ist Ihnen bereits geläufig. Sie haben alles schon immer im Fleisch und Blut. Es gibt vielleicht ein paar Themenbereiche, die Sie noch nicht wussten.

Als Makler sehe ich manchmal mehr, als mir lieb ist, das heisst, ich übersehe Dinge, die ich nicht ins Protokoll auf-nehme, weil auch von der Rechtsprechung ein gewisses Maß an Normalität in der Beurteilung von Mängeln erwartet werden kann. Beispiel: ein Rostfleck auf der Terrasse 3 x 4 cm ist ein Mangel, der mit vielleicht 30 Euro zu bewerten ist, mehr nicht. Es wäre unverhältnismäßig, die Platte austauschen, insbesondere dann, wenn der Belag schon über 25 Jahre alt ist und möglicherweise auch kein gleichwertiger Ersatz vorhanden ist.

Beispiele aus der Praxis

Anderes Thema im Zusammenhang mit der Übergabe: Das Landgericht in Berlin (Urteil vom 01.07.20 – 65 S 19/20) hat entschieden, dass man davon ausgehen kann, dass jede Wohnung einen funktionierenden Telefon- und Fernsehanschluss zu haben hat (§ 535 Abs. 1 BGB). Wenn nicht, ist es immer Sache des Vermieters, diesen zu reparieren, es sei denn, der Mieter hat den Schaden verursacht. Des Weiteren muss auch nicht jede Steckdose kontrolliert werden, das, so sagt das vorgenannte Gericht, würde die Übergabe „überfrachten“. Dies gilt entsprechend also nicht nur für den Telefon- und Kabelanschluss, sondern für alle Steckdosen, Lampenaustritte und sonst vorhandene Installationen einschließlich der Wasserversorgung.

Beweislast: Vermieter muss dem Mieter die Beschädigung nachweisen! Wer haftet für einen Schaden — Vermieter oder Mieter? Oft sind beide Seiten über diese Frage nicht einig. Ein Urteil zeigt: Ein Vermieter kann dem Mieter nicht einfach die Verantwortung zuschieben. Vermieter müssen nachweisen können, dass eine Mietpartei einen Schaden verursacht hat. Allenfalls kann kein Schadenersatz verlangt werden, wie ein Urteil des Landgerichts Stuttgart zeigt (Urteil vom 07.08.2020- Az 32 C 2844/19). Denn bei strittigen Sachverhalten trägt die Vermieterpartei die Beweislast.

Reparatur eines Rollladens

In dem verhandelten Fall stritten Mieter und Vermieter um die Kosten für die Reparatur eines Rollladens. Die Ver-
mieter machten vor Gericht Schadenersatz wegen Beschädigung geltend und wollten die Kosten für die Notreparatur in Höhe von rund 230 Euro und die Kosten für weitere Reparaturen in Höhe von rund 550 Euro vom Mieter erstattet bekommen. Dieser wies dies zurück. Der Rollladen sei jederzeit bestimmungsgemäß benutzt worden. Die Ursache für den Schaden sei ein Defekt in der Rollladenmechanik, auf die der Mieter keinen Zugriff habe.

Die Vermieter haben hier keinen Anspruch auf Schadenersatz. Denn in strittigen Fällen liege die Beweislast, dass sich die Schadensursache im Obhutsbereich des Mieters befindet, beim Vermieter. Hierfür müsse der Vermieter die Möglichkeit anderer Schadensquellen entkräften. Der Vermieter habe aber hier nicht nachgewiesen, dass der Schaden nicht auf Verschleiß beruht. Aufgrund des Alters des Rollladens von mehr als 20 Jahren ist ein Verschleiß der Mechanik allerdings naheliegend.

Fortsetzung folgt.

 

Foto: © KingVector/Depositphotos.com