Digitale Talente finden und binden: Personalentwicklung als Transformationsgestalter

10. Januar 2018


Früher waren Berufsbilder und Tätigkeitsfelder klar definiert: Ein Taxifahrer chauffierte Fahrgäste und ein Hotelier vermietete Zimmer. Im Internet-Zeitalter ist die Zuordnung nicht mehr ganz so eindeutig. Eingebunden in das digitale Netz von Uber, Airbnb und Co. kann jeder Autofahrer zum Kurier und jeder Mieter zum Raumanbieter werden… Von Dagmar Faltis

Auch das Immobiliengeschäft hat sich durch die Digitalisierung signifikant verändert. Online-Plattformen mischen den Markt auf und vielleicht wird es in naher Zukunft sogar möglich sein, den gesamten Verkaufsprozess — von der Objektvermarktung bis zur Transaktion — webbasiert abzuwickeln. Eine profunde Digitalkompetenz ist für Maklerhäuser demnach unerlässlich, um im Wettbewerb zu bestehen. Doch wie lässt sich dieses Wissen aufbauen? Hierbei kann Personalentwicklung helfen — vorausgesetzt, die Strategie stimmt.
Mit moderner Unternehmenskultur Talente locken

Zugegeben, der Zeitpunkt, Fachkräfte mit digitalem Know-how zu gewinnen, ist ungünstig. Über 55.000 IT-Spezialisten fehlen laut jüngster Umfrage des Branchenverbandes BITKOM. 13 Prozent davon im Bereich Marketing und Vertrieb. Auch die Immobilienwirtschaft hat Nachwuchssorgen, denn immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Karriere in einem Immobilienunternehmen. Die Branche gilt nicht unbedingt als Hotspot moderner Arbeitswelten. Kein Wunder, dass 73 Prozent der vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) für die Digitalisierungsstudie 2016 Befragten den Mangel an gut ausgebildetem Personal als größtes Hindernis für die Umsetzung ihrer Digitalstrategie betrachten. Was also tun?

Ein wichtiger Faktor für die Mitarbeitergewinnung ist eine zeitgemäße Unternehmenskultur. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala von Bewerberinnen und Bewerbern stehen Themen wie Veränderungsbereitschaft, Flexibilität und Kommunikation, hat der internationale Personaldienstleister Hays in seinem HR-Report 2017 herausgefunden. Sind sie im Einklang, lassen sich kreative Talente locken, auch wenn die Firma klein und das Salär schmaler als üblich sind.

Als Trendsetter über sich reden lassen

Einer der vorlebt, wie sich eine moderne Unternehmenskultur positiv auf die Personalakquise auswirkt, ist der Immobilienmakler Bernd Bannasch in Leonberg unweit von Stuttgart. Bereits vor 10 Jahren ist der unkonventionelle Macher durch Guerilla Marketing vor Ort aufgefallen. Seit 2011 nutzt er Facebook für die Objektvermarktung. Die Immobilienpräsentation per App gehört längst zum Standard. Aktuell testet er, ob selbstgedruckte 3D-Architekturmodelle von Kaufangeboten bei den Kunden ankommen. Tüfteln mit VR steht als Nächstes auf dem Programm. Für Neues hat er sich immer interessiert, weshalb er in der Region seit langem als Trendsetter gilt, der das analoge Immobiliengeschäft ins digitale Zeitalter überführt. Das hat sich herumgesprochen, auch bei Kreativen.
Querdenken fordern und fördern

So gehört ein studierter Kommunikationsdesigner, der keine Lust mehr auf ein Dasein als Freelancer hatte, zum festen Mitarbeiterstamm von Bannaschs 18-köpfigem Team. Vollzeit kümmert er sich um das Marketing sowie den Webauftritt und alle übrigen digitalen Aktivitäten. Zugleich fungiert er als Schnittstelle zum externen IT-Dienstleister. Darüber hinaus gibt es einen Social Media-Manager, der sich für digitale Gadgets begeistert und alle mit seinen Ideen ansteckt. Ist der Chef dann auch noch involviert, gibt es kein Halten mehr. Dann heißt es: Los Leute, macht! Vom Geistesblitz bis zur Umsetzung dauert es oftmals nur ein paar Stunden.

Personalentwicklung strategisch betreiben

Die Startup-Atmosphäre rechnet sich für Bannasch. Mittlerweile ist sein Unternehmen an drei Standorten vertreten. Kürzlich hat er eine Hausverwaltung gekauft, die jetzt sukzessiv in die bestehenden Prozesse integriert wird. Ohne digitale Workflows wäre dieses Wachstum nicht möglich. Deshalb müssen alle Mitarbeiter per se über Digitalkompetenz verfügen, was durch ständige Schulungen gewährleistet ist. Und es gibt noch einen Grund, warum der Umtriebige Personal mit Web-Wissen an sich bindet: Weil er damit in der Lage ist, sowohl die Käufergeneration der 28- bis 40-Jährigen als auch die der Verkäufer ab 60 plus zu erreichen. Die einen digital, die anderen analog. Strategischer kann man Personalentwicklung nicht angehen.