Dr. Jan-Marco Luczak: „Bestellerprinzip stellt erheblichen Eingriff in Privatautonomie dar“

14. Januar 2019


Dr. Jan-Marco Luczak, Vorsitzender der Berliner CDU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag und rechtspolitischer Experte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht im AIZ-Interview über schleppenden Wohnungsbau, Verschärfungen des Mietrechts und die Förderung von Wohneigentum.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Die Große Koalition hat angesichts der Wohnungsknappheit eine Wohnraumoffensive angekündigt, Ende September traf man sich diesbezüglich zu einem Wohngipfel im Kanzleramt. Wie kommt die Offensive voran, etwa in Sachen Baulandausweisung und Erleichterung von Genehmigungsverfahren?

Dr. Jan-Marco Luczak: Zur Baulandmobilisierung berät bereits eine Expertenkommission, in der neben Politik und Wissenschaft auch die Immobilienwirtschaft vertreten ist. Voraussichtlich im Frühjahr wird die Kommission konkrete und praktikable Vorschläge machen, wie Baulandpotenziale, die es in Deutschland auch in Ballungsregionen zweifellos noch gibt, besser und schneller erschlossen werden können. Auf dem Wohngipfel wurden außerdem Maßnahmen beschlossen, wie Genehmigungsverfahren beschleunigt und das serielle und modulare Bauen vereinfacht werden können. Das sind sinnvolle Beschlüsse, die umgesetzt werden müssen, allerdings auch viel Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen benötigen. Mit dem Baukindergeld und der Sicherung des sozialen Wohnungsbaus über 2019 hinaus hat die Große Koalition bereits einiges auf den Weg gebracht, was den Wohnungsbau ankurbeln wird. Die Union setzt sich außerdem für eine Sonder-AfA für Mietwohnungsbau ein. Hier muss sich die SPD bewegen.

Ist das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen bis Ende 2021 noch realistisch? Was kann und sollte die Politik tun, damit das Ziel erreicht werden kann?

Die Marke von 1,5 Millionen Wohnungen ist ambitioniert, aber es ist gut, dass sich die Große Koalition ein so ehrgeiziges Ziel gesteckt hat. Viele Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Ziels beitragen, sind bereits im Koalitionsvertrag und im Eckpunktepapier des Wohngipfels festgehalten. Tatsache aber ist, dass bis 2021 nicht mehr viel Zeit bleibt und der Wohnraummangel kein Zukunftsproblem darstellt, sondern akuten Handlungsbedarf mit sich bringt. Deshalb müssen wir uns auf eine möglichst schnelle Umsetzung der vielen guten Ideen und Lösungen konzentrieren.

Die Immobilienwirtschaft kritisiert, dass die Bundesregierung wohnungspolitisch nach wie vor insbesondere durch Regulierungen im Mietrecht auffällt, beispielsweise hinsichtlich einer Verschärfung der Mietpreisbremse und Modernisierungsumlage. Warum beharren Union und SPD weiter darauf, sich vor allem auf die Mietenpolitik zu fokussieren?

Das Mietrecht ist kein Allheilmittel, sondern eine von mehreren Stellschrauben für bezahlbares Wohnen. Steigende Mieten sind in vielen Städten ein wirkliches Problem. Wir als Union nehmen das sehr ernst. Deswegen haben wir ein umfassendes Paket vereinbart, wie wir Mieter besser vor steigenden Mieten schützen. Zentral ist, dass wir mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt schaffen und Mieter in die Lage versetzen, ihre Rechte geltend zu machen. Dazu führen wir eine Auskunftspflicht für Vermieter ein, wenn sie von der Mietpreisbremse abweichen wollen. Außerdem ist es unser Ziel, dass Menschen nicht aus ihren angestammten Wohnvierteln verdrängt werden. Mir ist wichtig, dass Mieter sich ihre Wohnung auch noch nach einer Modernisierung leisten können. Die Änderungen bei der Modernisierungsmieterhöhung haben wir darum so gestaltet, dass eine Mietwohnung auch nach einer Modernisierung noch bezahlbar ist. Gleichzeitig bleiben Maßnahmen wie energetische Sanierung und ein altersgerechter Umbau für Eigentümer wirtschaftlich tragbar. Das Mieterschutzpaket ist in dieser Form ein ausgewogener Kompromiss. Weitergehende Forderungen nach mehr Regulierung, wie beispielsweise ein von der SPD geforderter Mietenstopp, oder eine Ausweitung des Betrachtungszeitraums der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Erstellung von Mietspiegeln, lehne ich ab. Aus meiner Sicht darf der Mietspiegel nicht zu einem politischen Steuerungselement verkommen.

Die Wohneigentumsquote verharrt in Deutschland bei rund 45 Prozent und ist damit so niedrig wie in keinem anderen EU-Staat. Sollte eine höhere Eigentumsquote nicht im Sinne der Politik sein?

Ich bin sehr dafür, die Eigentumsquote zu erhöhen und insbesondere mehr jungen Familien den Sprung ins Eigenheim zu ermöglichen. Dafür muss Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Wohneigentum stellt eine gute Form der privaten Altersvorsorge dar und bietet Familien ein sicheres Zuhause. Doch gerade junge Familien stehen häufig vor dem Problem, nicht genügend Eigenkapital aufbringen zu können. Deshalb hat die Große Koalition das Baukindergeld eingeführt, das zugleich der Eigentums- sowie der Familienförderung dient. Die hohe Nachfrage nach dem Baukindergeld zeigt, dass es viele Familien auf dem Weg in die eigenen vier Wände unterstützen kann. Wichtig ist mir auch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Bürgschaftsprogramm der KfW, mit dem sich das beim Erwerb notwendige Eigenkapital effizient senken ließe. SPD-Finanzminister Scholz muss hier schnell Vorschläge machen.

Bundesjustizministerin Katharina Barley (SPD) will das sogenannte Bestellerprinzip für Immobilienverkäufe einführen. Wie steht die CDU dazu?

Es ist richtig, dass Immobilienkäufer bei den Erwerbsnebenkosten entlastet werden müssen, damit mehr Familien der Weg in die eigenen vier Wände ermöglicht wird. Die Einführung eines verbindlichen Bestellerprinzips stellt in meinen Augen einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie dar. Dafür bedarf es einer Rechtfertigung. In der Mehrzahl der Länder werden die Maklerkosten zwischen Verkäufer und Käufer geteilt. Dieser Marktstandard hat sich entwickelt, ohne dass es hierfür eines regulierenden Eingriffs bedurft hätte. Es stellt sich also die Frage, ob der Gesetzgeber hier überhaupt handeln muss. Überdies besteht die Gefahr, dass Verkäufer die Provision einfach auf den Kaufpreis aufschlagen. Dadurch würden Käufer sogar zusätzlich belastet. Es hat schon seinen Grund, warum das Bestellerprinzip nicht im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoller, über eine Senkung der Grunderwerbsteuer nachzudenken, um Familien zu entlasten.

Die jährlichen Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stiegen von 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf zuletzt 13,1 Milliarden Euro an, der Steuersatz ist in einigen Bundesländern inzwischen auf 6,5 Prozent angestiegen. Wann wird sich die Politik dazu durchringen, die Grunderwerbsteuer zu senken oder Freibeträge einzuführen, um die Eigentumsbildung in Deutschland zu fördern?

Tatsächlich verhindert die stetig steigende Grunderwerbsteuer die Bildung von Wohneigentum und treibt Mieten weiter in die Höhe. Bund und Länder sind deshalb in der Pflicht, hier für eine Entlastung zu sorgen. Ich bin dafür, dass der Bund Freibeträge beispielsweise für selbstgenutztes Eigentum einführt. Das würde die Eigentumsbildung direkt und effizient fördern. Dazu haben wir auch eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Leider höre ich dazu bisher sehr wenig von dem zuständigen SPD-Bundesminister.

In Berlin erschweren beziehungsweise verhindern Senat und Bezirke durch Milieuschutzgebiete und die verstärkte Ausübung des Vorkaufsrechts private Investitionen in Wohnraum. Ist das der richtige Weg, um die Probleme auf dem Wohnungsmarkt in der Bundeshauptstadt zu beheben?

Als erstes brauchen wir Rahmenbedingungen, um mehr, schneller und kostengünstiger bezahlbaren Wohnraum zu bauen. Das kann der Staat nicht alleine schaffen. Hier brauchen wir auch private Investitionen in den Wohnungsbau. Der Berliner Senat sollte seinen Fokus darauf legen, hierfür die Bedingungen zu verbessern. Das Vorkaufsrecht der Bezirke sehe ich kritisch. Es wird viel Steuergeld in die Hand genommen, womit aber nur wenigen Mietern geholfen werden kann. Das Geld sollte besser in den dringend benötigten Bau neuer Wohnungen investiert werden. Das würde mehr Menschen helfen. In Berlin können wir allerdings ein zunehmend schwieriges Umfeld für dringend benötigte Investitionen beobachten. Der rot-rot-grüne Senat sorgt hier also auch noch für eine Verschärfung der Probleme.

Für den schleppenden Wohnungsbau in Berlin findet sich in Ihrem Heimatbezirk Tempelhof-Schöneberg ja ein Paradebeispiel.

Sie spielen auf das Tempelhofer Feld an. Hier haben wir einen Volksentscheid, der eine Bebauung untersagt. Diese Entscheidung der Berliner ist aber aus dem Jahr 2014. Seitdem hat sich die Situation grundlegend verändert: Die Mieten steigen und der Bedarf an neuen, bezahlbaren Wohnungen ist enorm. Eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes könnte hier einiges bewegen. Deswegen bin ich dafür, die Berlinerinnen und Berliner erneut zu befragen.

Foto: © Yves Sucksdorff / www.luczak-berlin.de