Durch Kooperationen den Wandel aktiv gestalten

9. Juli 2020


Man sollte sich nie darauf verlassen, dass etwas bleibt, wie es ist. So plump diese Binsenweisheit ist, zeigt sie in der aktuellen Covid-19-Pandemie doch einmal mehr ihre Tragweite: Noch lässt sich nur schwer absehen, welche wirtschaftlichen und ökonomischen Folgen in einigen Monaten ihre Wirkung auf den Immobilienmärkten entfalten werden. Alle Akteure tun deshalb gut daran, sich für unruhigere Zeiten zu wappnen, als wir sie lange Zeit erlebt haben.

Von Jens Nagel

Umso mehr sollte man dies angesichts der weiteren Herausforderungen beherzigen, denn die Anforderungen durch den demografischen Wandel, den Klimawandel und die Digitalisierung werden auch in der näheren Zukunft sicherlich nicht geringer werden. In vielen Fällen bedeutet das: Wo es möglich und sinnvoll ist, sollte man sich starke Partner suchen, um Know-how zu bündeln, wirtschaftliche Synergien zu erreichen und gemeinsam Investmentopportunitäten zu erschließen.

Der demografische Wandel verändert den Wohnungs- und Investmentmarkt

Auf wesentliche Veränderungen muss man sich beispielsweise auf dem deutschen Wohnungsmarkt einstellen, ganz unabhängig von möglichen politischen Eingriffen. Denn die Bevölkerung wird immer älter, mit dem Ergebnis, dass das Angebot in einer wachsenden Zahl von Fällen der Nachfrage nicht mehr entsprechen wird. Man hat dies bereits in den zurückliegenden Jahren sehen können: Ein immer größerer Teil der Neubauprojekte setzt auf barrierefreien Wohnraum, in den Medien wird schon seit Langem regelmäßig vor einer Wohnungsnot der Senioren gewarnt. Das hat, nach dem Boom der Pflegeheime im vergangenen Jahrzehnt, inzwischen auch das sogenannte Betreute Wohnen, also barrierefreie Wohnungen mit variablem Serviceangebot, in den Fokus großer Investoren gebracht.

Wohnraum für ältere Menschen erscheint als eine sichere Anlage – schließlich wird der Anteil der über 67-Jährigen an der Bevölkerung bis 2030 Prognosen zufolge um mehr als 30 Prozent zunehmen. Und tatsächlich lässt sich feststellen: Es ist zwar bereits viel erreicht worden beim altersgerechten Wohnen, doch den realen Bedarf kann der Wohnungsmarkt bereits heute nicht mehr befriedigen. Die Nachfrage wird absehbar steigen – und wer als Investor noch solide und nachhaltig wirtschaften möchte, muss sein Produkt verbessern.

Angesichts der Angebotsknappheit bedeutet das beispielsweise für Akteure, die bisher auf Bestandsankäufe fokussiert waren, auch selbst Projekte zu entwickeln. Doch diese Aufgabe gilt nicht umsonst als „Königsdisziplin“ des Immobiliengeschäfts. Um sie zu bewältigen, ist entsprechendes Know-how erforderlich – ob bei Finanzierung und rechtlichen Voraussetzungen, ob auf technischem oder gestalterischem Fachgebiet.

Kooperation beste Grundlage für unternehmerische Impulse

In den meisten Fällen kommt es deshalb im ersten Schritt darauf an, stabile strategische Allianzen mit anderen Unternehmen zu schmieden, die das entsprechende Wissen in die Zusammenarbeit einbringen können. Denn die Komplexität der Anforderungen wächst mit der Zeit weiter: Welcher erfahrene Immobilienkaufmann wird etwa von sich behaupten, die Entwicklung der Smart-Home-Technologien in den kommenden Jahren auch nur halbwegs absehen zu können?

Wie viele Assetmanager wissen, wie sich Brandschutzvorschriften und Gebäudeenergiegesetze auf die konkrete Wahl der Baustoffe auswirken? Und welcher Marketingexperte kann ohne Weiteres die Berechnung einer „Internal Rate of Investment“ erläutern? Die wachsende Komplexität der Anforderungen lässt sich am besten beantworten, wenn erfahrene Experten ihre Kompetenzen bündeln. Besonders für kleine und mittelgroße spezialisierte Unternehmen sind strategische Kooperationen eine der besten Möglichkeiten, um sich in einem immer weiter ausdifferenzierenden und professionalisierenden Markt zu behaupten.

Denn so kann jeder Partner seine individuellen Stärken – sei es eine langjährige Erfahrung als Projektentwickler, ein besonderes Betreiberkonzept oder eine ausgewiesene Expertise bei der Bewertung von Investitionen – einbringen und dadurch selbst Akzente setzen, anstatt nur im Fahrwasser größerer Marktteilnehmer unterwegs zu sein.

Dieses Prinzip ist insbesondere dann sinnvoll, wenn sich die Bedingungen erschweren. Und nachdem der deutsche Immobilienmarkt in den vergangenen zehn Jahren nur die Vorwärtsrichtung kannte, werden sowohl die Covid-19-Pandemie als auch die Herausforderung des Klimawandels langfristig eher dämpfend auf die klassischen Assetklassen wie Wohnen und Büro wirken. In einem solchen Marktumfeld kommt es darauf an, agil zu bleiben und auf etwaige Chancen schnell und flexibel reagieren zu können. Dazu bedarf es einerseits einer wirtschaftlich soliden Basis und andererseits einer guten Informationsbasis. Beides lässt sich am besten durch vertrauensvolle strategische Partnerschaften erreichen.

 

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