Ein kleines Puzzleteil auf dem Weg zu mehr Wohneigentum

23. Juni 2020


Soll ich jubeln? Nein. Soll ich weinen? Ebenfalls nein. Der Deutsche Bundestag hat im Mai 2020 das Gesetz mit dem etwas sperrigen Namen „über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser“ beschlossen. Damit endet ein langjähriger und schwieriger regulatorischer Prozess, der nun dafür sorgt, dass die Maklerprovision beim Verbraucherkauf von Immobilien grundsätzlich beidseitig geteilt wird.

Von IVD-Präsident Jürgen Michael Schick

Erinnern wir uns an den Anfang. Die SPD wollte ein hartes sogenanntes Bestellerprinzip und die Grünen sogar eine Deckelung der Provision auf 1,68 Prozent einführen. Die Politik wollte dem Immobilienmakler verbieten, auch für den Käufer tätig sein zu dürfen. Eine einseitige Vertretung des Verkäufers ohne jede Ausnahme — ein Verbot der Doppeltätigkeit also — sollte Gesetz werden. Das alles wurde verhindert. Die Doppeltätigkeit bleibt erhalten, auch wird eine einseitige Interessenvertretung für den Verkäufer weiterhin möglich sein.

Das ist ein großer Erfolg intensiver Arbeit über viele Monate und Jahre. Wir hatten überzeugende Argumente, intensive politische Gespräche, juristische Expertise, eine starke Öffentlichkeitsarbeit — und ein hohes Engagement unserer Mitglieder, das in der Geschichte des IVD seinesgleichen sucht. Dafür gilt es Danke zu sagen. Vielen Dank an alle, die dazu beigetragen haben, Schlimmeres für die Branche zu verhindern.

Dennoch bedeutet das Gesetz, dass sich viele Immobilienunternehmen umstellen müssen. Die Provision darf nicht mehr nur auf den Käufer abgewälzt werden. Auch in den Regionen in Deutschland, in denen die hälftige Teilung der Maklerkosten Usance ist, müssen viele Unternehmen ihre bisherigen Geschäftsmodelle auf Herz und Nieren untersuchen. Denn die Käufer werden grundsätzlich entlastet und dürfen nie mehr bezahlen als der Verkäufer.

Jetzt kommt es darauf an, dass die Makler den Wert ihrer Arbeit vor allem gegenüber dem Verkäufer verdeutlichten. Die IVD-Mitglieder sind dabei gut aufgestellt. Wir bereiten uns seit Monaten auf die grundsätzlich überflüssige Gesetzesänderung vor und haben wichtige Maßnahmen zur Stärkung unseres Berufsstandes identifiziert. Damit folgen wir übrigens guten IVD-Traditionen: Denn wir bilden uns regelmäßig fort — übrigens mehr als vom Gesetzgeber mit der Fortbildungsverpflichtung vorgegeben —, wir nehmen Seminare, Workshops und Konferenzen wahr — sei es vor Ort und im persönlichen Austausch, sei es in den vergangenen Monaten ausschließlich digital. Diesen Vorteil müssen wir nutzen. Der IVD ist ein Gütesiegel, an dem Käufer wie Verkäufer erkennen können, dass die Beratung und die Begleitung ihrer Immobilientransaktionen auch ihren Preis wert sind. Das wird mit Inkrafttreten des neuen Maklergesetzes umso wichtiger.

Wenn ich mir die Rahmenbedingungen der paritätischen Provisionsaufteilung anschaue, dann verstehe ich durchaus die Intention des Gesetzgebers. Die Bauzinsen mögen zwar auf einem historischen Tief sein und auch in den kommenden Jahren weiter vor sich her dümpeln, die Nebenkosten auf dem Weg ins Wohneigentum sind aber gleichzeitig deutlich gestiegen. Grunderwerbsteuer, Provision, Notar, Grundbuch — dies alles summiert sich auf etwa zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises. Und da der Kaufpreis in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, ist auch mehr Eigenkapital notwendig. Wohlgemerkt, die Kapitaldienstfähigkeit ist aufgrund besagten Zinstiefs auch bei gestiegenen Kaufpreisen in den meisten Fällen nicht das Problem — im Gegenteil: Aufgrund der ebenfalls hohen Mieten ist eine Hypothek häufig günstiger als ein Mietvertrag.

Es mangelt an dem zum Zeitpunkt des Kaufs Ersparten, das ohne Abschläge überwiesen werden muss. Also, dachte sich der Gesetzgeber, schaue ich mir die Nebenkosten an und prüfe, an welchen Stellen diese Ausgaben gesenkt werden können. Ergebnis: Das Gesetz zur Maklerprovision, das nun für ganz Deutschland kodifiziert, was schon zuvor in vielen Bundesländern praktiziert wird.

Nun aber stelle ich mir die Frage, ob damit die politischen Hausaufgaben alle erledigt sind. Und beim strengen Blick ins Hausaufgabenheft muss ich erkennen, dass der Nebenkostenkuchen bei Weitem nicht vom Tisch ist. Was ist mit der Grunderwerbsteuer? Was mit den zu Buche schlagenden Kosten für Amt und Eintragung? Was mit der weiterhin schwebenden Grundsteuer, die vierteljährlich zu überweisen ist?

Die Teilung der Maklerprovision hat nur dann eine wirkliche Berechtigung und ist nicht nur Ablenkung von der staatlichen Verantwortung, wenn sie als erster Schritt auf dem Weg zu einer Besserstellung der Eigentumserwerber erkannt wird. Umso mehr gilt es, dass wir uns gemeinsam für eine Senkung der Grunderwerbsteuer stark machen. Wir wollen erreichen, dass mehr Menschen Wohneigentum erwerben, weil uns alle das Thema Eigenverantwortung bewegt — und nirgendwo wird diese so praktisch abverlangt wie bei dem Sprung in die eigenen vier Wände.

Die Quote der Wohneigentümer muss in Deutschland erhöht werden. Und das am besten, in dem die Nebenkosten gesenkt werden. Die gesetzliche Teilung der Maklerkosten trägt dazu bei, ist aber nur ein kleines Puzzleteil.

75 Prozent der Deutschen würden gern Wohneigentum erwerben, wie regelmäßige Umfragen des IVD belegen. Ihnen kann nur geholfen werden, wenn die Grunderwerbsteuer mit Freibeträgen ausgestattet oder ganz und gar gesenkt wird. Im Übrigen: Die Provisionssätze der Immobilienmakler sind seit Jahrzehnten gleichgeblieben. Die Grunderwerbsteuer ist dagegen seit 15 Jahren gleich 28mal erhöht worden. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt, hier muss er jetzt auch liefern — und das Gute ist: Er weiß es auch. Denn das Hausaufgabenheft der Großen Koalition in Berlin heißt „Koalitionsvertrag“, und da steht diese Aufgabe schwarz auf weiß auf Seite 110: „Wir prüfen einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien ohne Rückwirkung beim Länderfinanzausgleich.“

Es wird nun also Zeit, das weitaus wichtigere Puzzleteil „Grunderwerbsteuer“ zu setzen.

 

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