Eine eigene Immobilie steigert Zufriedenheit deutlich

7. Juni 2019


Was macht die Zufriedenheit des Menschen aus? Welches sind die Determinanten des Glücksempfindens und wie können wir uns vielleicht am eigenen Schopfe nach oben ziehen? All das weiß Professor Bernd Raffelhüschen. Der Professor für Finanzwissenschaft und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an derAlbert-Ludwigs-Universität Freiburg ist ein gefragter Gastreferent und trat beim Deutschen Immobilientag 2019 auf. Die AIZ sprach mit ihm.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Herr Prof. Raffelhüschen, in Ihrem Vortrag auf dem Deutschen Immobilientag 2019 geht es um halb volle und halb leere Gläser. Welche Interpretation bevorzugen Sie denn?

Prof. Bernd Raffelhüschen: Ich bevorzuge die „halb vollen Gläser“, weil ich ein optimistischer Mensch bin, der im Prinzip eher das Positive als das Negative sieht.

Sie befassen sich in Ihrem Vortrag mit dem sogenannten Glücksatlas Deutschland — einer jährlichen Studie, in der Sie aber nicht das Glück messen, sondern die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung.

Glück zu messen, ist das Einfachste der Welt. Ich kann Glück haben, laufe bei Rot über die Ampel und werde nicht überfahren. Oder ich kann Glück haben und im Lotto eine Million Euro gewinnen. Das ist auch Glück und dessen Wahrscheinlichkeit auszurechnen, ist eine der leichteren Übungen. Das kann jeder Student im ersten Semester. Bei der Zufriedenheit sieht das etwas anders aus. Zufriedenheit ist nicht zufällig, sondern sie entwickelt sich aus bestimmten Gründen. Der Glücksatlas ist die Untersuchung der Gründe für die Zufriedenheit der Menschen.

Auf der Zufriedenheitsskala von 0 bis 10 waren die Deutschen in Ihrer Studie im vergangenen Jahr mit 7 Punkten recht zufrieden. Hat sich daran in den vergangenen Monaten etwas geändert?

Der aktuelle Wert wird derzeit noch errechnet. Aber im Verhältnis zu den vorherigen Jahren wird er wohl relativ konstant bleiben. Wir haben schon seit längerer Zeit ein hohes Zufriedenheitsplateau. Die einzige Entwicklung in der Regionalisierung ist im Grunde genommen, dass Ostdeutschland doch deutlich mit Westdeutschland gleichzieht. Der Abstand ist bei weitem nicht mehr so groß, wie er am Anfang unserer Studien war.

Woran liegt es, dass die ostdeutschen Regionen aufholen?

Das liegt tatsächlich an sehr vielen objektiven Faktoren – vor allem an den drei „G“: Gesundheit, Gemeinschaft und Geld. Je mehr ich von diesen drei Faktoren habe, desto besser ist das für meinen Zufriedenheitszustand. Wir haben in Ostdeutschland zum Beispiel Wachstumsraten von Renten gehabt, die bei weitem höher waren als die im Westen. Wir haben auch weitaus geringere Armutsquoten von Rentnern im Osten als im Westen. Früher hatte man Geld, ohne dass man sich davon etwas kaufen konnte. Heute ist das anders. Geld und Vermögen sind ein wichtiger Faktor beim Thema Zufriedenheit.

Aber der Volksmund sagt doch, dass Geld nicht glücklich macht.

Der Volksmund hat statistisch eher keine Ahnung. Geld und Vermögen machen natürlich zufriedener, allerdings nimmt der Zuwachs an Zufriedenheit mit steigendem Einkommen eher ab.

Welche Rolle spielt die eigene Immobilie?
Wenn ich in meiner eigenen Immobilie wohne, wirkt sich das auf die Zufriedenheit extrem positiv aus. Das Wohnen ist eine ganz wichtige Komponente. Das Verwenden von Vermögen für selbstgenutztes Eigentum ist das Beste, was man machen kann, nicht nur für die eigene Altersvorsorge, sondern auch für die eigene Zufriedenheit.

Bei den Mietern sieht das wohl etwas anders aus. Viele Bürger sind unzufrieden, gehen auf die Straße und demonstrieren gegen Mietpreisexplosionen…

…die die Medien herbeischreiben. Das ist aber kompletter Unsinn. Liest man das Statistische Jahrbuch und misst die Preise nicht in Euro und nicht in den inflationsgrad-justierten Realpreisen, dann ergibt sich folgendes Bild: In den 60er Jahren hat der Durchschnittsbürger mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgegeben. Das muss man heute in den teuersten Städten Deutschlands, Freiburg und München. Der Durchschnittsverdiener gibt heute für die Miete zirka ein Fünftel seines Einkommens aus. Und damit ist das Mieten so günstig wie selten zuvor. Dieser Hype mit den explodierenden Mieten kommt durch fehlinformierende Medien.

Dennoch will die Politik die Mietpreisbremse weiter verschärfen, Mietendeckel einführen und denkt gar über Enteignungen nach.
Ja, das ist eine komplett meschugge Situation. Denn die Politiker glauben das, was in der Zeitung steht, anstatt das Statistische Jahrbuch zu lesen. Es gibt keine Mietpreisexplosion in Deutschland. Es gibt einen Anstieg der Mieten in den letzten zehn Jahren, ja, aber davor waren sie fast 20 Jahre konstant. Diese Panikmache ist ein rein journalistischer Fake, Deutschland ist eines der günstigsten Mietenländer der Welt. Wenn man noch weniger Wohnraum haben will, als man jetzt schon hat, dann soll man weiter über Enteignungen diskutieren, die Mietpreisbremse noch weiter anziehen und die Mietrechtsregelungen weiter zu Lasten der Vermieter verschärfen.

Der Senat in Berlin geht mit wehenden Fahnen voran.

Berlin war schon immer eine Ausnahme. Berlin hatte noch nie einen vernünftig funktionierenden Markt für Wohnungen. Berlin war immer nur Planwirtschaft, sowohl im Osten als auch im Westen. Fakt ist doch, dass Berlin den günstigsten Wohnraum einer europäischen Hauptstadt stellt. Das Gejammere in Berlin ist auf einem deutlich hohen Niveau.

Bei den Immobilienpreisen will die Bundespolitik jetzt auch ansetzen. SPD und Grüne wollen die Käufer von selbstgenutzten Immobilien bei den Nebenkosten mit der Einführung des sogenannten Bestellerprinzips entlasten. Wie finden Sie das?

Die Immobilienpreise sind natürlich durch die Nebenkosten mit determiniert. Aber die Nebenkosten sind nicht die Makler. Die höchsten Nebenkosten sind die Grunderwerbsteuer. Hier sollte die Politik ansetzen. Was das Bestellerprinzip angeht: Sowohl beim Veräußern von Wohnraum wie auch beim Vermieten ändert das Bestellerprinzip nichts bei der Frage, wer die Last am Ende trägt. Die Last des Maklers ist eine Dienstleistung und die wird bezahlt von Käufern wie auch von Veräufern. Das wird auch in Zukunft so sein. Und bestimmend dafür ist nicht, wie der Gesetzgeber das vorgibt, sondern bestimmend ist das Verhältnis und die Elastizität von Angebot und Nachfrage.

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