Es braucht eine Gesamtstrategie

25. September 2023


Suchmaschinenoptimierung (SEO) bedeutet nicht nur das Einfügen der richtigen Keywords. Suchmaschinen und Künstliche Intelligenz (KI) beziehen viel mehr Faktoren bei ihrer Bewertung mit ein. Experte Christian Kunz von SEO Südwest und dem Podcast „SEO im Ohr“ berichtet im AIZ-Interview, warum es auf mehr als nur Keywords ankommt.

Interview von Jan Kricheldorf

AIZ-Magazin: Herr Kunz, bei der Suchmaschinenoptimierung schauen die meisten auf Google. Aber es gibt ja noch andere Suchmaschinen, beispielsweise Bing von Microsoft, DuckDuckGo, Ecosia oder Yahoo. Bisher wurden diese Suchmaschinen ja oft ausgelassen, weil ihr Marktanteil zu gering war und jetzt ist auch noch Künstliche Intelligenz (KI) wie ChatGPT dazugekommen. Muss bei der Suchmaschinenoptimierung das Spektrum erweitert werden?

Christian Kunz: Tatsächlich ist es so, dass Bing bei Nutzerzahlen schon zulegen konnte. Vor kurzem habe ich gelesen, dass hier 100 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer täglich erreicht wurden. Das ist im Vergleich zu Google zwar immer noch sehr wenig. Aber es zeigt, dass es da Entwicklungen gibt. Dazu kommt KI wie ChatGPT, der man auch Fragen stellen kann und die dann Chat-Antworten von verschiedenen Quellen präsentiert. Diese Hybridisierung bietet zusätzliche Chancen, gesehen zu werden.

Wenn man die Immobilienbranche betrachtet, spielen da ja oftmals lokale Suchanfragen eine Rolle. Und im Bing-Chat beispielsweise ist immer mal wieder zu sehen, dass die Antworten um lokal relevante Suchergebnisse erweitert werden. Eine Suchmaschinenoptimierung kann hier also in Zukunft wichtiger werden.

Der Fokus liegt ja sehr stark auf den Inhalten. Viele SEO-Agenturen überprüfen aber eine Webseite mit einem automatisierten Test, der die SEO-Mängel der Webseite auflistet. Wie wichtig sind Page Rank, Page Speed, leere H-1-Überschriften und so weiter?

Als SEO-Berater suche ich natürlich nach Dingen, die man verbessern kann. Nun ist es aber so — und das ist der Fehler, den viele begehen —, dass sie einfach die Ergebnisse von SEO-Tools eins zu eins weitergeben und unkommentiert lassen und auch nicht mit eigenen Erfahrungen verbinden.

SEO-Tools können praktisch und hilfreich sein. Man muss aber wissen, wie man sie bedient und welchen Aussagewert die Daten haben, die man daraus erhält. Es gibt beispielsweise immer noch SEO-Tools, die sagen, deine Webseite hat zu wenige Worte und dass das unbedingt verbessert werden muss. Das ist aber immer vom Kontext und vom Thema abhängig.

Das heißt, es gibt viele Themen, die kann man tatsächlich treffend und präzise in wenigen Worten abhandeln und da muss man nicht weitschweifig erzählen, sonst gelangt man irgendwann zu Seiten, da muss man ewig runterscrollen, bis man irgendwann mal zu der Information kommt, die man eigentlich haben will.

Meine Erfahrung ist, dass Google inzwischen sehr stark honoriert, wenn man sich auf der Webseite kurzfasst und auf den Punkt kommt. Ergebnisse aus solchen SEO-Tools sollten also unbedingt besprochen und eingeordnet werden.

Welche Rolle spielt die Lokalität einer Webseite? Also wie wichtig ist der Standort bei der Suchmaschinenoptimierung?

Leider muss man sagen, dass immer öfter eine Vielzahl von Landing Pages für verschiedene Orte und Städte geschaffen werden, die dann ohne postalische Adresse, also ohne einen realen Standort des Unternehmens, gute Rankings erzielen. Allerdings ist das mit einem Risiko behaftet. Denn das kann irgendwann nach hinten losgehen, wenn sich Google — oder andere Suchmaschinen — dazu entscheiden, das Ganze abzustrafen oder abzuwerten.

Deshalb rate ich immer dazu, für eine Landing Page sollte auch möglichst ein Standort, also ein Büro oder ähnliches vorhanden sein, beziehungsweise um es umgekehrt zu sagen: Wo man keinen Standort hat, sollte man vorsichtig sein, eine Landing Page zu erstellen.

Welche Strategien gibt es, um mit Keywords ein gutes Ranking zu erzielen?

Für kleinere oder neue Anbieter wird es zunächst einmal schwierig sein, für häufig gesuchte und hart umkämpfte Keywords wie „Haus kaufen Berlin“ zu ranken. Alternativen können sogenannte Nischen-Keywords oder Long-Tail-Key-words sein, die etwas seltener gesucht werden und für die es leichter ist, gute Rankings zu erzielen. Ein Beispiel im betrachteten Kontext wäre „Doppelhaushälfte in Berlin Spandau kaufen“. Je kleiner das Segment ist, desto eher hat man da auch Chancen, dann entsprechend in den Suchergebnissen zu erscheinen. So kann man es schaffen, mit der Zeit für solche Nischen-Keywords von Google berücksichtigt zu werden. So merkt Google, dass da Treffer-Potenzial oder Know-how vorhanden ist. Dann wird die Webseite vielleicht auch mal für etwas generischere Keywords in den oberen Regionen der Suchergebnisse angezeigt. Das kann aber tatsächlich ein Prozess sein, der sich über viele Monate, Jahre hinzieht, wenn man in einem solch hart umkämpften Markt dann eben auch für generische Keywords ranken will. Da muss man tatsächlich einen langen Atem haben.

Ergänzend ist die Strategie des informationsorientierten Contents sinnvoll, also wissensorientierte Themen und Suchanfragen zu adressieren, zum Beispiel worauf man beim Hauskauf in Berlin besonders achten sollte oder wie viel eine Immobilie aktuell wert ist. Dies kann in einem Blog oder Magazin dargestellt werden. Über interne Verlinkung können dann auch noch die relevanten Landingpages gestärkt werden, beziehungsweise diese können auch direkt über die wissensorientierten Suchanfragen in den Suchergebnissen erscheinen.

Welche Elemente auf einer Webseite beziehen Suchmaschinen darüber hinaus mir ein?

Auch Bilder, Videos und beispielsweise Google Discover sind hier wichtig. Google Discover ist ein auf den individuellen Interessen basierender Nachrichten-Feed, also auch eine Trafficquelle, die für viele Websites inzwischen sehr bedeutend ist. Darüber hinaus ist es sinnvoll, möglichst viele Kanäle zu bedienen. Neben sozialen Medien ist insbesondere
auch YouTube sehr wichtig. Das spielt alles in die Suchmaschinenbewertung mit rein. Der Vorteil ist, dass alles aufeinander einzahlt.
Wenn da eine gute Gesamtstrategie steht, profitieren Webseite, Social Media und Youtube voneinander.

 

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