Fragen und Antworten zur Heizkostenverordnung

1. April 2022


Die Heizkostenverordnung wurde Anfang Dezember 2021 verabschiedet und verkündet. Die Energieeffizienz-Richtlinie (EED) mit der Novellierung der Heizkostenverordnung in der nationalen Umsetzung stellt in dieser Form die Immobilienwirtschaft und die Messdienstunternehmen aktuell vor große, teils zeitlich kaum lösbare organisatorische Herausforderungen.

Von Peter Gerhardt

Die Kernforderungen der Novellierung der Heizkostenverordnung sind ambitioniert. Durch die Novellierung der Heizkostenverordnung sollen Messgeräte  fernausgelesen und auf Basis von monatlichen Ablesewerten Nutzern unterjährige Verbrauchsinformationen (UVI) zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzer sollen damit die Transparenz erhalten, ihr Verbrauchsverhalten zu ändern und Ansätze für die Energieeinsparung zu gewinnen.

Eine weitere, markt-verändernde Forderung ist die Interoperabilität von Messgeräten durch offene Funkprotokolle, um einen einfacheren Lieferantenwechseloder einen Umstieg auf Selbstabrechnung mühelos zu ermöglichen. Das Messgerätegeschäft und die Abrechnungsdienstleistung werden durch die Interoperabilität zukünftig einfacher voneinander trennbar sein. Damit soll auch der Wechsel von einem Heizkostenabrechner zu einem anderen erleichtert werden. Damit werden auch die Forderungen des Kartellamts nach Offenheit erfüllt, das in der Sektorenuntersuchung 2014 die herstellerspezifischen Funkprotokolle der Messdienstunternehmen bemängelt hatte.

Umsetzung Heizkostenverordnung – Übergang viel zu kurz bemessen

Seit der Verkündung der Heizkostenverordnung sind defacto nur noch fernauslesbare Messgeräte einzubauen. Das heißt, in Neubauten und bei Ablauf der Eichfristen im Altbestand dürfen nur noch Geräte der neuen Generation zum Einsatz kommen und bis zum 31. Dezember 2026 soll die Umrüstung abgeschlossen sein.

Ab 1. Januar 2022 sind dann für den Januar des Jahres Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen monatlich für Nutzer bereitzustellen, wenn fernablesbare Zähler oder Heizkostenverteiler vorhanden sind. Viele Wohnungsunternehmen und Verwalter sind organisatorisch und IT-technisch noch gar nicht darauf eingestellt. Die EED stellt Anforderungen an die Beteiligten, die letztlich nur mit einer komplett automatisierten Fernablesung und digitalisierten Prozessen effizient zu erfüllen sind. Hier rücken die Verwaltungssysteme von Verwaltern in den Blickpunkt: sind diese datentauschfähig und können mit Bewohnerdaten und Verbrauchsdaten automatisiert ausgetauscht werden? Das vereinfacht die Prozesse — insbesondere bei Mieterwechseln.

Die Nutzerbereitstellung der UVI kann dann je nach IT-Struktur in zwei Varianten erfolgen. Erste Variante: Das Immobilienunternehmen hat ein eigenes Nutzerportal oder eine mobile App und plant die Daten selbst aufzubereiten. Zweite Variante: Die Nutzer des Immobilienunternehmens nutzen das Portal oder die App des Messdienstleisters.

Die Anbindung der Nutzer an Portale oder die zur Verfügungstellung von mobilen Apps ist zu klären. Sollen die UVI beim Messdienst abrufbar sein, muss dieser die Nutzer ansprechen und in sein System einbinden. Denkt die Verwaltung über eine eigene CRM-Portallösung nach, in der Nutzer darüber hinaus auf Protokolle, Abrechnungen etc. zugreifen können, sind sogenannte API-Schnittstellen und Datenformate abzustimmen, damit die UVI vom Verwalter selbst im System erzeugt werden kann.

Geräteinteroperabilität durch offene Funkprotokolle

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte zukünftig nur noch Geräte einsetzen, die mit einem möglichst offenen Funkstandard ausgestattet sind. Besonders zu erwähnen ist der Standard gemäß dem Open-Metering-System (OMS). Dieser wird von vielen Messdienstunternehmen beherrscht. OMS steht dabei für eine hersteller- und spartenübergreifende Kommunikationsarchitektur mit intelligentem Zähler. Die Messgerätehersteller beherrschen OMS zum Großteil schon und können entsprechende Geräte kurzfristig einbauen, sofern sie verfügbar sind. Auch in diesem Segment sind die weltweiten Probleme bei der Chipherstellung angekommen und führen zu ersten Lieferschwierigkeiten.

Ist Ihr Unternehmen schon „EED-ready“?

Es empfiehlt sich in Hinblick auf den aktuellen Verwaltungsbestand den Messdienst prüfen zu lassen, welche Anlagen schon fernauslesbar sind und welche Umrüstungen auf Fernauslesung in 2022 anstehen sowie welche Eigentümer und Mieter an die UVI-Lieferung angebunden werden müssen.

In beiden Fällen sind Vorbereitungen und Abstimmungen mit den Messdiensten und IT-Partnern erforderlich. Datentauschprozesse und Datenformate sind abzustimmen. Insbesondere die Registrierung der Nutzer sowie die Nutzerwechsel führen in den Verwaltungen zu zusätzlichem Aufwand.

Folgende „EED-ready“-Fragen sollten Sie sich stellen:

Welche Liegenschaften sind im Bestand betroffen und schon fernauslesbar?
Welcher Bestand muss eichzeittechnisch kurzfristig auf Fernauslesung umgestellt werden?
Wie, mit welchen Medien, sollen Ihre Nutzer zukünftig informiert werden?
Welche Nutzer sind davon betroffen?
Sind der Verwaltungssoftware- und Messdienstpartner schon vorbereitet?
Wie soll der Mieterwechsel und damit der Datenschutz sichergestellt werden?
Welche Lösungen stehen seitens der Partner zur Verfügung?
Wie soll der Registrierungsprozess für Nutzer ablaufen?
Hat der Messdienstpartner eine Hotline
für Nutzerrückfragen vorgesehen?
Welche Lösungen sind für „off-Line“-Nutzer angedacht?

 

Makler mit Eigentümern zusammenbringen!

Mit unserem Warmakquise Content Paket bekommst du Akquise-Werkzeuge an die Hand, um neue Aufträge zu generieren.

Eule

Fragen aus der praktischen Umsetzung

In der Praxis erzeugt die Umsetzung der Verordnung bei den Verantwortlichen vielfach Fragen — und auch berechtigtes Kopfschütteln. Wir haben Ihnen die wichtigsten zusammengestellt und die Antworten aufbereitet.

Wann ist eine Liegenschaft fernauslesbar und wann müssen die UVI geliefert werden?

Als fernablesbar gelten alle Erfassungsgeräte, die ohne Zugang zu den Nutzeinheiten abgelesen werden können. Die Definition ist technologieoffen und bezieht neben online angebundenen Gateway-Lösungen auch Walk-By- und Drive-By-Lösungen mit ein, wo ein Ableser vor Ort die Daten ausliest. Derzeit verdichtet allerdings sich eine Rechtsmeinung, wonach die monatliche Verbrauchsinformation in diesen Fällen, das heißt 12-malige Anfahrt, unwirtschaftlich sein könnte. Es ist mit dem Messdienstes zu prüfen, ob durch die Vor-Ort-Auslesung unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen und damit der Ausnahmetatbestand eingreift.

Wie wird die Interoperabilität geregelt?

Mit Ablauf eine einjährigen Übergangsfrist zum 1. Dezember 2022 dürfen nur noch solche fernablesbaren Ausstattungen,
die zugleich auch interoperabel sind, eingebaut werden. Es ist dabei eine technische Interoperabilität zu gewährleisten nach dem jeweiligen Stand der Technik, die es erlaubt, dass eine andere Person die Ausstattung zur Verbrauchserfassung ohne Mitwirkung des Geräteeigentümers ablesen kann. Der Geräteeigentümer wird verpflichtet, dem Gebäudeeigentümer das notwendige Schlüsselmaterial zum Auslesen der Verbrauchsdaten kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Welche Informationen müssen in den UVI geliefert werden?

Verbrauchsinformationen nach Absatz 1 Nummer 2 müssen mindestens folgende Informationen enthalten:

Verbrauch des Nutzers im letzten Monat in Kilowattstunden, einen Vergleich dieses Verbrauchs mit dem Verbrauch des Vormonats desselben Nutzers sowie mit dem entsprechenden Monat des Vorjahres desselben Nutzers, soweit diese Daten erhoben worden sind, und einen Vergleich mit dem Verbrauch eines normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittsnutzers derselben Nutzerkategorie.

Kann der Mieter die UVI ablehnen und den Verwalter von der Lieferung entbinden?

Die Mieter können nicht wirksam auf die Verbrauchsinformationen verzichten. Die Regelungen zur Mitteilungspflicht sind zwingend. Vertragliche Vereinbarungen, die davon abweichen, sind gemäß § 2 HeizkV unwirksam.

Müssen UVI zu Verfügung gestellt oder mitgeteilt werden?

Der Verordnungsgeber beharrt auf einer monatlichen Mitteilungspflicht im mietrechtlichen Sinne. Eine bestimmte Form der Übermittlung ist nicht vorgegeben. Die Mitteilung kann schriftlich per Post oder auf elektronischen Kommunikationswegen erfolgen. Bei Nutzung einer Smartphone-App bereitgestellt werden, bedarf es einer zusätzlichen Benachrichtigung des Nutzers per E-Mail, Push-Nachricht oder vergleichbaren Mitteilungen. Gerade der postalische Versand erzeugt weiteren Aufwand und Folgekosten, eine rechtssichere Umlage ist derzeit unklar.

Können die Kosten für die UVI umgelegt werden?

Gemäß § 7 Abs. 2 sind die Kosten der Abrechnung und Verbrauchsinformationen umlegbar — § 6 Buchst. a wurde ergänzt. Die Portokosten sind jedenfalls dann umlegbar, wenn sie beim Dienstleister angefallen sind. Nicht abschließend geklärt ist, ob die Portokosten des Vermieters auf den Mieter bei schriftlicher Information umgelegt werden können. Sicher ist die Übertragung der Aufgaben auf einen Messdienstleister. Gemäß den Vorgaben der EU-Energieeffizienzrichtlinie sind Verbrauchsinformationen kostenfrei zu erteilen, es sei denn, es sind für die Verbrauchsinformationen Kosten durch Beauftragung eines Dienstleisters entstanden.

Welche Sanktionsmöglichkeiten haben Mieter, wenn Vermieter die Maßnahmen nicht umsetzen?

Nach der Verordnung können 3 Prozent für fehlende fernablesbare Geräte und 3 Prozent für fehlende Verbrauchsinformationen abgezogen werden. Der Kürzungsbetrag bezieht sich auf diegesamte Heizkostenabrechnung. Eine Kürzung der Vorauszahlungen auf die Heizkosten ist auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 HeizkV nicht zulässig.

Mit welchem Mehraufwand ist für Nutzer zu rechnen?

Die Angebote im Markt sind recht unterschiedlich. Wir nehmen aktuell Preise für die UVI von 4,50 – 7,00 Euro wahr. Hinzu kommen neue Preispositionen für die Umsetzung des § 6a Abs. 3 von bis zu 10 Euro. Wer ein eigenes CRM-Portal aufbaut, kann mit zusätzlichen Kosten von 8 – 12 Euro pro Wohnung rechnen. In Summe können so Kosten von 25 Euro netto pro WE zustande kommen. Das ist weit von der von der EU geforderten Kostenneutralität entfernt.

Handlungsbedarf

Die Ministerien wollen die Novellierung nach drei Jahren auf den Prüfstand stellen und dann die Effekte und Kosten bewerten. Es bleibt zu hoffen, dass in dieser Zeit zumindest Klarheit für die Verantwortlichen bei der Umsetzung geschaffen wird. Immobilienunternehmen und -verwalter sollten jetzt darauf achten, im Interesse Ihrer Nutzer einen vernünftigen Interessenausgleich zu erzielen und möglichst kostengünstige Lösungen umzusetzen. Es empfiehlt sich, die Leistungen in einem Gesamtpaket zu verhandeln oder eine Ausschreibung durchzuführen, die in der Regel die besten Effekte erzielt.

 

© RoccoHerrmann/Depositphotos.com