Gemeinsam mehr erreichen

13. September 2017


Wer bei Kollaboration an Spione und Agenten denkt, lernt den Begriff im Zuge der digitalen Transformation neu kennen: Hier steht er für moderne Formen der Zusammenarbeit zwischen Geschäftspartnern, die gemeinsam mehr erreichen möchten als sie es im Alleingang könnten.

Von Dagmar Faltis

Immer mehr etablierte Unternehmen arbeiten kollaborativ, denn angesichts vermehrt produkt- und herstellerübergreifender Services stoßen sie mit ihren eingefahrenen Strukturen und tradierten Geschäftsmodellen zunehmend an Grenzen. Zwar funktionieren ihre Angebote, aber es sind eben keine vernetzten Lösungen. Doch gerade darauf legen digital geprägte Kunden Wert. Selbst die Big Player der Autoindustrie sind auf branchenfremde Partner angewiesen. So werkeln BMW und Daimler an eigenen Onlineplattformen für automobile Dienste, in die sie ihre Marken als „connected car“ integrieren. Aus dem Einzelprodukt „Auto“ wird so das Gesamtkonzept „Mobilität“.
Der eine hat, was der andere nicht kann         

Auch in der Immobilienwirtschaft sind strategische Partnerschaften mit Tech-Firmen keineswegs ungewöhnlich. Laut der CBRE-Studie „Digitale Transformation und Innovation in der deutschen Immobilienbranche 2017“ arbeiten bereits 13,7 % der befragten 163 Unternehmen mit Technologieanbietern zusammen. 5,8 % kümmern sich sogar aktiv um die Akquise von Start-ups. Keine schlechte Basis, um sich zukunftsfähig aufzustellen. Einige bedeutende Partnerschaften zwischen alten Hasen und jungen Gründern gibt es bereits, wie die der LEG Immobilien AG mit der Sanierungsplattform Doozer und die der Deutsche Wohnen AG mit dem prämierten Türsystemanbieter KIWI.KI. Stets geht es darum, sich gegenseitig zu ergänzen und häufig noch analoge Prozesse mittels digitaler Lösung effizienter und komfortabler zu gestalten. Wie gehen Immobilienunternehmen die Partnersuche nun an?

Raus aus der Wahrnehmungsblase

Hilfreich ist zunächst ein Blick von außen auf das eigene Unternehmen und das tägliche Doing zu werfen. Denn häufig steckt man dermaßen tief im Alltagsgeschäft, dass Abläufe gar nicht als überholt wahrgenommen werden, selbst wenn sie ruckeln. Hauptsache, alles ist im Fluss. Das ist verständlich. Dennoch müssen sich die Verantwortlichen fragen, wie lange ihr Geschäft unter diesen Umständen noch erfolgreich sein wird, wenn sich um sie herum alles verändert und zwar rasant. Die Konkurrenz schläft schließlich nicht. Der Immobilienmarkt auch nicht. Und die Kunden schon gleich gar nicht. Zumal branchenfremde Anbieter auf die Idee kommen könnten, sich ein Stück vom lukrativen Immobilienkuchen abzuschneiden, weil sie die Technologie dazu haben, siehe Airbnb. Abwarten ist also keine Option. Perspektivwechsel ist angesagt.

Konkrete Ziele definieren  

Um bisherige Prozesse zu reflektieren und über neue Ideen zu diskutieren, bietet sich im ersten Schritt eine Art Innovation Day an, der regelmäßig mit der Belegschaft stattfindet. Hier können sowohl die erfahrenen Semester als auch die Mitarbeiter der Generation Y ihre Erkenntnisse einfließen lassen. Wichtig ist, sich offen, aber zielgerichtet auszutauschen, damit man nicht im Allgemeinen steckenbleibt. Statt unspezifischer Fragen („Wie können wir innovativer werden?“) sollten konkrete Verbesserungsmaßnahmen für ein bestimmtes Problem (z.B. „Wie kann das Immobilienmanagement die Mieterzufriedenheit steigern?“) ausgelotet werden. So kann für genau diese Herausforderung an einer Lösung gearbeitet werden. Außerdem wird dadurch erkennbar, ob es Sinn macht, einen Partner mit ins Boot zu holen, weil sich mit ihm das Ziel besser erreichen lässt.

Selbst die Initiative ergreifen

Ist klar, welche Kooperationspartner interessant sein könnten, geht die Suche los. Wobei der Besuch von Immobilienevents nur eine Möglichkeit ist, Digitalpioniere kennenzulernen. Sich von anderen Branchen inspirieren zu lassen, hat ebenfalls Charme. Auch lohnt es sich, fernab der ausgetretenen Pfade nach neuen Partnern Ausschau zu halten. Wer könnte einen besser auf pfiffige Ideen bringen, als Unvoreingenommene? Oder Querdenker. Die Kür ist dann, selbst als Inkubator aufzutreten und interessant zu sein für mögliche Partner. Sie meinen, das klappt nicht? Auch kleine Aktionen können große Wirkung haben. Oder denken Sie, James Bond hätte ohne die technischen Gimmicks von „Q“ je einen Bösewicht zur Strecke gebracht? Man sollte immer offen sein für Neues.