Immobilie verkaufen, aber wann?

22. Mai 2018


Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland steigen weiter. Trotz mancher Warnungen vor einer drohenden Überhitzung des Marktes scheint die Nachfrage seitens deutscher und internationaler Käufer nach wie vor ungebremst. Von Ioannis Moraitis, Vorstand der Hedera Bauwert GmbH

Viele Anleger schätzen die Stabilität der deutschen Politik und Wirtschaft. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase wird sich daran auch nicht sofort etwas ändern. Und selbst wenn eine Zinswende, wie von manchen vorausgesagt, bald kommt, wird es keine sprunghaften Entwicklungen geben — wir würden ja nicht von heute auf morgen Zinsen von vier Prozent haben!

Manche Projektentwickler — sowohl im Neubau als auch in der Bestandssanierung — stellt das zunehmend vor die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für einen Verkauf ist. Grundsätzlich lässt sich natürlich sagen: Der Moment ist dann richtig, wenn die eigenen Business-Pläne erfüllt sind. Wer einen Quadratmeterpreis von X bei der Rentabilitätskalkulation angenommen hat und diesen zum Zeitpunkt Y auch erzielen kann, der hat seine Schuldigkeit getan und sollte zum Notar schreiten. Aber stimmt das auch?

Offensichtlich gibt es hierzu unterschiedliche Positionen. So erlebe ich zunehmend, dass Projektentwickler die „Perlen“ ihrer Immobilien für einen späteren Verkauf zurückstellen. Manch einer behält sich sogar vor, für einige Jahre in die Immobilie selbst einzuziehen, gewissermaßen Nutznießer seiner eigenen Entwicklungsbegabung zu werden und erst zu einem späteren Zeitpunkt den Vertrieb anzusetzen. Wohlgemerkt: In manchen Fällen dient dieses Modell auch dazu, die geforderte Vorverkaufsquote zu erfüllen. Ich halte letzteren Fall im Übrigen für gefährlich, da man damit droht, ein Schneeballsystem aufzubauen und nicht zu sehen, dass man ständig auf Grundlage nicht verkaufter Immobilien neue Projekte finanziert. Das mag gut gehen, solange der Markt deutliche Wachstumsraten erlebt. Wehe aber, wenn eine noch so geringe Seitwärtsbewegung eintritt.

Auch über dieses gefährliche Element der Eigennutzung hinaus stehe ich dem verzögerten oder hinausgeschobenen Verkauf skeptisch gegenüber. Das hat für mich mehrere Gründe — Basis für mich ist aber stets mein Blick auf den Track-Record, der im Mittelpunkt meiner Berufsphilosophie steht.

Zum einen hat das damit zu tun, dass ich viele meiner Projekte — wie die meisten Entwickler — fremd finanziere. Ich achte daher stark auf den Umgang mit den mich finanzierenden Instituten und respektiere deren Vertrauen in mein Geschäft. Bin ich folglich in der Lage, meinen Investitionsauftrag fristgerecht oder sogar vorfristig und ohne Abschläge zu erfüllen, dann stärkt das meinen Stand bei den mich finanzierenden Instituten. Es mag altmodisch klingen, aber Verlässlichkeit zahlt sich nach wie vor aus, während Überraschungen hingegen fast immer mit Mehrausgaben verbunden sind.
Gewiss könnte man annehmen, dass der Vertrieb lieber noch ein wenig warten würde. Angesichts der Preisentwicklungen ließen sich womöglich höhere Erlöse erzielen — und welcher Vertriebschef freut sich nicht darüber? Das ist aber zu kurz gedacht. Übertriebene Kaufpreiserwartungen werden einem nur selten gedankt. Das abgeschlossene Projekt ist für sich ein Wert. Einerseits werden so Kapazitäten frei, um neue Projekte anzugehen. Und andererseits gilt auch für einen erfolgreichen Vertrieb die Regel: Lieber zehn Wohnungen zu einem leicht niedrigeren, aber nach wie vor guten Quadratmeterpreis verkaufen als fünf zu einem höheren. Dabei geht es um mehr als den Umsatz. Erfolge steigern die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeiter — das ist die beste Motivation, die ein Entwickler seinen Vermarktern mit auf den Weg geben kann.

Und dann gibt es den Eigenwert eines abgeschlossenen Projekts. Dass ein Vorhaben beendet ist, alle Einheiten verkauft sind, Vermarktung, Vertrieb, Einpreisung und Notariat sprichwörtlich ad acta gelegt werden können, hat für Projektentwickler einen monetären ebenso wie ideellen Wert. Erfolgreich beendete Projekte stärken den Track-Record und schaffen Freiraum für Neues, während Rattenschwänze in Form von letzten, womöglich schwierigen Einheiten ab einem gewissen Punkt nur noch Ballast sind.

Diese Kombination aus Verlässlichkeit gegenüber den Banken und dem eigenen Vertrieb sowie der partnerschaftlichen Wertigkeit gegenüber den Kunden ist der beste Weg zu einem stabilen Engagement und ermöglicht ein Hineinwachsen in den Markt — auch über eine kurzfristige Nachfrage hinaus.

Mein Fazit: Der Verkauf von Immobilienprojekten sollte von Konservatismus geprägt sein. Die Koordinaten für den richtigen Zeitpunkt lauten Rentabilitätskalkulation und Zeit. Je früher die errechnete Rendite erzielt werden kann, desto besser. Denn dann hat man als Entwickler die Kapazitäten und den geistigen Freiraum, um sich auf die Akquise und Umsetzung neuer Projekte zu konzentrieren.