In der Zukunft ist die Gemeinschaft entscheidend

13. Juni 2018


Die Digitalisierung hat ihre Potentiale längst nicht erreicht. Fast täglich entstehen durch sie neue Ideen, die Wirtschaft wie Gesellschaft verändern. Dr. Uve Samuels von der Hamburg School of Business Adminstration (HBSA) berichtet im Interview, welche tiefgreifenden Möglichkeiten sie hervorbringt. Interview von Jan Kricheldorf

Wir haben viele Kleinunternehmen in der Branche, die sich schwer tun mit der Digitalisierung. Was raten Sie denen in Ihrem Vortrag auf dem Deutschen Immobilientag?

Entscheidend ist gar nicht mal so die Größe des Unternehmens, sondern die richtige Idee, die man entwickeln muss. Und da gerade Kleinunternehmen sehr viel näher an den Bedürfnissen ihrer Kunden dran sind, können sie auf Veränderungen flexibler reagieren als große Unternehmen mit vielen Hierarchiestufen. Kleinunternehmer haben  viele Möglichkeiten, Ideen für neue Services festzustellen und auszuprobieren.

Ich glaube, das Problem sind gar nicht mal die Ideen. Aber wie kriegt der Kleinunternehmer diese konkret auf die Straße?

Wenn man die Idee hat, dann gibt es heute über Partnerschaften, Kooperationen, Venture Kapital ganz neue Perspektiven, die für einen dann die Geschäftsidee entwickeln und skalieren.

Nehmen wir einen 60-jährigen Immobilienmakler, der die letzten Jahre offline seine Geschäfte bestellt hat. Schafft der das auch noch?

Wer 60 Jahre alt ist und viele Kunden hat, muss sicher nicht mehr auf alle Entwicklungen reagieren bis er 65 ist. Aber wer 50 ist, der sollte auf das Geschäft der letzten Jahre nicht mehr hoffen. Denn die Entwicklungen gehen so schnell und so rapide, dass der sich auf jeden Fall Gedanken machen sollte, wie er Geschäftsmodelle mit Zukunftsperspektiven entwickelt.

Aber nicht aus jedem Immobilienprofi kann  jetzt ein PropTech-Unternehmen werden…

Nein, aber es kann schon viele PropTechs geben. Es geht um klassische Dienstleistungen, bei denen man über digitalen Technologien und Plattformen neue Alleinstellungsmerkmale finden kann.

Wie kann das funktionieren?

Wenn man die digitale Dienstleistung nicht alleine anbieten kann, dann kann man Kooperationen eingehen und gemeinsam daraus Mehrwerte generieren, die dann auch dem Kooperationspartner Vorteile erbringen.

Also sind Maklerbörsen eine gute Idee, um sich zusammenzuschließen und digitale Ideen zu verwirklichen?

Zum Beispiel. Ich denke aber auch an die Plattform vom Immobilienverband Deutschland — ivd24. Das halte ich für sehr gut. Gemeinsam wird die Marke von ivd24 größer werden und für Marktdurchdringung sorgen. Auf der anderen Seite ist man natürlich auf dieser Plattform auch Wettbewerber. Solche Plattformen halte ich für besonders tauglich und diese können auch ein Muster sein für andere Branchen.

Ein anderes Ihrer Themen auf dem Deutschen Immobilientag ist das Modell Blockchain. Das kenne ich bislang nur von Kryptowährungen. Was verstehen Sie darunter?

Blockchain ist eine Technologie, die alles was heute zentral organisiert ist, dezentral organisiert. Das wird das Internet fundamental revolutionieren und zwar sehr schnell. Die Monopole, die wir heute haben: Google, Apple, Amazon uns Facebook sind Monopole, die den Reichtum einiger weniger nähren. Durch Blockchain können wir Plattformen demokratisieren.

Wie meinen Sie das konkret?

Der Begriff, der Blockchain am nächsten beschreibt, ist das Genossenschaftsmodell. Mit der Blockchain-Theorie kann man Eigentumsrechte verwalten und zwar als kleine digitale Verträge. Man kann Werte und Dinge, die heute im Eigentum eines einzelnen sind, teilen. Im Zeitalter von Sharing, also dem Teilen, gibt es viele vorstellbare Modelle auf der Eigentumsseite wie zum Beispiel das vom Immobilien-Teilen, vom Arbeitsplatz-Teilen oder vom Ressourcen-Teilen. Das wird uns völlig neue Perspektiven ermöglichen.

Aber kann man das wirklich auf die Immobilienbranche anwenden?

Es hat schon begonnen. Das kann zum Beispiel das Co-Working sein, das Büro, das  nicht einem einzelnen Betreiber gehört, sondern mehreren Nutzern. Wo die Eigentümer selbst diejenigen sind, denen das gehört, wie eine Genossenschaft. Ein kollektives, gemeinschaftliches Agieren.

Also ist Blockchain eine Weiterführung von Share Economy in einer gewissen Weise?

Ja, in der  Tat. Wir können alles teilen auf der Welt, technologisch unterstützt und alle Zwischenhändler und Intermediäre, wie Facebook oder Zentralbanken können damit überflüssig gemacht werden. Es geht darum,  dass sämtliche Geschäftsbeziehungen direkt gemacht werden können. Ohne Zwischenhändler.

Also dasselbe Prinzip wie bei Open Source Anwendungen…

Ja, das kann man so gelten lassen. Aber man kann viel weiter gehen, weil die ganze Entwicklung und die Gestaltung in die Gemeinschaft gehen können. Das ist eher ein kommunistisches Modell, da es dem kollektiven Betreiber gehört. Es entstehen Betriebskosten. Der Betreiber schüttet keine Gewinne aus. Mit den Umsätzen müssen die eigenen  Betriebskosten abgedeckt werden können. Das bedeutet aber auch, dass die Unternehmen nicht auf Wachstum aus sind, sondern im Prinzip dazu da sind, die Blockchain Projekte am Laufen zu halten.