Individuell und dennoch günstig in Serie bauen

18. Februar 2020


Wird heutzutage ein Haus gebaut, stammen einzelne Bauteile oftmals aus industrieller Vorproduktion. Die Effizienz einer solchen Vorfertigung hat in der Automobilindustrie schon eine mehr als 100-jährige Tradition. Damals revolutionierte Ford den Autobau durch das Fließband beim „Model T“, indem der Autohersteller die Produktion auf das Achtfache steigerte. Das Auto wurde dadurch für große Teile der Gesellschaft erschwinglich. Es folgten deutsche Hersteller wie Opel, Daimler und VW, die ihre Modelle jeweils in derselben Werkshalle flexibel in Ausstattung und Farbe flexibel herstellen können. Beim Hausbau verhält es sich etwas anders.

Von Andreas Fohrenkamm

Die örtlichen Gegebenheiten wie die Form und Größe des Grundstücks sind meistens zu unterschiedlich. Es bedarf bestimmter Anpassungen, was den Untergrund, die Höhe und die Außenfassade betreffen. Doch um schneller voranzukommen, fordert mancher Bauverband, Wohnungsengpässe mit seriellen Bauten zu kompensieren.

Ist serielles Bauen dennoch die richtige Antwort auf die Herausforderungen im 21. Jahrhundert? Sofort haben viele bei diesem Thema deutsche Plattenbauten der 1960er- und 1970er-Jahre vor Augen. Sie entstanden überwiegend in Form turmhoher Siedlungen in Großstädten und sollten unterschiedliche gesellschaftliche Schichten zusammenbringen. Wegen der baulichen Enge wurde dieses Ziel häufig verfehlt, es entstand in Teilen eine Ghettoisierung. Insofern ruft das serielle Bauen immer auch eine negative Assoziation hervor.

Der Begriff muss daher einmal neu in die Gegenwart übersetzt werden. Er bedeutet nicht, einheitlich aussehende Häuser zu produzieren. Serielles Bauen 2.0 bedeutet, die Individualität einzubeziehen. So entstehen Einfamilienhäuser, Mehrgeschosser und selbst auch Ferienimmobilien mit Reetdach in unterschiedlichen Grundrissvarianten. Ein intelligent ausgeklügelter Rohbau unterscheidet sich nach seiner Fertigstellung in der Außengestaltung in Form und Farbe.

Doch nicht nur die Produktionsweise beeinflusst die Baukosten. Auch die Entwicklung und die Planung tragen Gewicht. Dazu gehören eine einheitliche Planungssoftware und ein einheitliches Bausystem. Diese müssen wie Zahnräder ineinandergreifen, wenn sie am Ende kostensenkend wirken sollen. Es gibt dabei nicht die „eine“ Bauweise der Zukunft, sondern eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Was das Bauen häufig verteuert

In den zurückliegenden zehn Jahren haben sich Baumaterialien in Deutschland um 36 Prozent verteuert, was doppelt so hoch ist wie die Entwicklung der Lebenshaltungskosten.

Bei jedem dritten Neubau übersteigen die wahren Baukosten die geplanten Kosten um etwa zehn Prozent, in einzelnen Fällen sogar um zwanzig Prozent. Hinzu kommen höhere Aufwendungen für gestiegene Energiestandards. Wenn sich künftig nur noch wenige Menschen eine eigene Wohnung leisten können, gerät auch die Immobilie als Anlageform ins Stocken. Das kann nicht der gesellschaftliche Konsens sein, nach dem derzeit händeringend beim Thema bezahlbares Wohnen gesucht wird.

Die Immobilienwirtschaft sollte eine Antwortmöglichkeit in einer höheren Effizienz bereithalten. Wie die Automobilindustrie, die ihre Fahrzeuge gegenwärtig vor allem auf Montageinseln in der Fabrikhalle baut, könnte in absehbarer Zukunft die Bauindustrie vorgefertigte Bauteile mithilfe von Robotern produzieren.

Wohnhäuser in Systembauweise zu errichten, das bringt aber heutzutage schon zahlreiche Vorteile. Die Prozesse sind flüssiger. Die künftigen Eigentümer sparen Geld, welches sie beispielsweise für eine höherwertige Innenausstattung ausgeben können oder die Gestaltung des Vorgartens. Eines sollten sich alle bei dieser Bauweise merken: Die Individualität des Hauses bleibt beim modernen seriellen Bauen auf jeden Fall erhalten.

 

Foto: © Bonava