Je höher die Miete, umso kürzer die Mietdauer?

15. November 2017


Nicht immer ist die Maximalmiete entscheidend für das Erzielen einer langfristigen Rendite. Vermietete Wohnungen als Investmentform erleben bekanntlich seit einigen Jahren einen Boom. Die Kaufpreise für Zinshäuser sind stark gestiegen. Konnte man beispielsweise in Köln vor sieben Jahren noch mit dem 18-fachen der Jahresnettomiete kalkulieren, so liegt der Kaufpreisfaktor von Mietshäusern mittlerweile beim 27-fachen. Von Stefan Frey

Vermietete Wohnungen als Investmentform erleben bekanntlich seit einigen Jahren einen Boom. Die Kaufpreise für Zinshäuser sind stark gestiegen. In Berlin erhöhte er sich auf den 33-fachen Jahresmietertrag. Wie so oft führt München diese Entwicklung an. Hier kletterte der Vervielfältiger für gute Zinshäuser in den zurückliegenden sieben Jahren vom 37-fachen der Jahresnettomiete sogar auf das 50-fache.

Im Gegenzug versuchen viele Vermieter, gerade bei Neubauten und modernisierten Wohnungen, bei der Nettokaltmiete das Maximum herauszuholen. Dies geschieht häufig vor dem Hintergrund, ihr Investment möglichst schnell zu amortisieren. Vordergründig gibt ihnen der Markt Recht: Die Nachfrage nach Wohnraum ist in vielen Ballungsgebieten hoch, die Mieten geklettert und viele Verbraucher müssen in Anbetracht dieser Verknappung in den sauren Apfel hoher Mieten beißen.

Langfristig betrachtet aber macht es oftmals Sinn, wenn der Vermieter, beziehungsweise seine Immobilienberater (Verwalter oder Makler) diese Vorgehensweise betriebswirtschaftlich hinterfragen. Oft bleibt unter dem Strich bei solchen Wohnungen mehr übrig, wenn ihr Mietzins unter der möglichen Maximalmiete liegt und die Mieter dafür länger wohnen bleiben. Kurz: Zu häufige Mieterwechsel können zum Renditekiller werden.
Denn sehr teure Wohnungen gehen erfahrungsgemäß einher mit häufigem Mieterwechsel. Verbraucher nutzen eine überteuerte Wohnung oft nur als Zwischenlösung für ein bis drei Jahre. Danach wechseln sie ins Eigentum oder in eine preislich angemessene Mietwohnung.

Häufige Mieterwechsel aber sind für den Eigentümer mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Ergebnis der neuen Berechnung ist häufig, dass der Überschuss des Vermieters umso höher ist, je länger Mieter in der Wohnung verbleiben. Denn mit Einführung des Bestellerprinzips im Sommer 2015 zahlen fast immer die Vermieter den Makler, nicht mehr die Mieter.

Zweitens: Bereits 2004 kassierte der Bundesgerichtshof Vereinbarungen zur Übertragung von Schönheitsreparatur-Klauseln; weitere Urteile mit zusätzlichen Beschränkungen folgten. Darin wurden beispielsweise starre Fristen und das generelle Abwälzen von Schönheitsreparaturen auf den Mieter für ungültig erklärt. Die Konsequenz: Der Vermieter fährt bei der Neuvermietung am besten, wenn er entweder eine umfassend renovierte Wohnung übergibt oder — bei nicht renovierten vier Wänden — dem Neumieter in der Anfangszeit eine Mietreduktion zugesteht. Lässt er Renovierungsarbeiten durchführen, ist dies zumeist mit Leerstandsphasen verbunden. Nicht vergessen werden darf drittens, dass Mieter teurer Wohnungen in der Regel höhere Ansprüche haben was die Qualität der Gemeinschaftsflächen, Lärmbeeinträchtigungen und die Beseitigung kleiner Reparaturen angeht. Liegt die Kaltmiete hingegen 1 oder 2 Euro unter dem maximal erzielbaren Mietzins, hat der Vermieter oft treuere Mieter. Laut einer Studie von Haus & Grund Deutschland liegt die durchschnittliche Mietdauer bei 11,7 Jahren. Die in dem Interessensverband organisierten privaten Vermieter stellen etwa zwei Drittel der Mietwohnungen. Eine andere Untersuchung kommt zum Ergebnis, dass die Umzugshäufigkeit der 20- bis 40-Jährigen am höchsten ist. Auf diese Altersgruppe entfallen 43 Prozent der jährlich etwa 4,8 Millionen Haushalte, die ihre Bleibe wechseln. Dies ist kein Wunder, fallen doch in dieser Lebensphase wichtige Entscheidungen, die einen Tapetenwechsel nötig machen wie Ausbildung und Studium, Jobwechsel, Auslandsaufenthalte und Familiengründung.

Um das Delta zwischen hohen Zinshaus-Erwerbskosten und adäquaten Kaltmieten ein wenig zu reduzieren, können sich Investoren auf B-Lagen konzentrieren, die das Potenzial haben, sich in absehbarer Zeit zu Trendvierteln zu entwickeln. Dann sind ihre Einstiegskosten geringer und es sind möglicherweise in einigen Jahren moderate Mieterhöhungen denkbar, sofern das Quartier in Mode kommt. Dafür brauchen Anleger einen langen Atem.

Porträtfoto Stefan Frey e1510754469998
Stefan Frey ist Vorstand der Projektentwicklungs- und Bauträgergesellschaft FREY AG in Köln. Pro Jahr plant das IVD-Mitglied in der Domstadt etwa 250 Wohn- und einige Gewerbeimmobilien.