Krise, welche Krise?

8. Mai 2023


Während der Markt für vermietete Eigentumswohnungen derzeit wenig attraktiv ist, haben Eigentümer, die möblierte Wohnungen auf Zeit vermieten, keinen Grund zu klagen. Die Nachfrage ist trotz der hohen Mietpreise stark. Das einstige Nischenprodukt avanciert zu einer eigenen Assetklasse.

Von Jan Kricheldorf

Arbeitgeber, die aufgrund des Fachkräftemangels darauf angewiesen sind, Arbeitskräfte aus dem gesamten Bundesgebiet zu werben, stehen nach dem erfolgreichen Rekrutieren oft vor einem Dilemma. Die neuen Mitarbeiter benötigen quasi über Nacht eine Wohnung am Einsatzort. In City-Lagen wie Berlin, München oder Hamburg wird das zunehmend schwer, weil die Mietmärkte dort am Überkochen sind. Hotelzimmer wären eine Möglichkeit zum Überbrücken, sind auf Dauer aber zu teuer, wenn es Monate braucht, bis der neue Mitarbeiter eine passende Wohnung gefunden hat.

Wohnen auf Zeit und möblierte Wohnungen haben deswegen in den großen Städten eine neue Bedeutung gewonnen. Hier findet der neue Firmenmitarbeiter beinahe sofort ein Wohnung, wenngleich auch zu einem Preis deutlich über vergleichbarem Mietniveau. Viele Unternehmen beteiligen sich an den Kosten, damit der Mitarbeiter sich schnell auf seine neue Aufgabe konzentrieren kann und gleichzeitig Zeit gewinnt, um eine dauerhafte Wohnung zu finden.

Auch Studenten profitieren von den Miniwohnungen

Auch Studenten, die in die Städte strömen, stehen wegen der angespannten Mietmärkte vor der Herausforderung, schnell eine Wohnung zu finden. Nicht wenige von ihnen beziehen deswegen ein so genanntes Micro-Appartment, also eine Miniwohnung von nicht mehr als 30 Quadratmetern und nehmen den höheren Quadratmeterpreis in Kauf. Vorteil auch: Die Mieter können sofort einziehen, ohne sich noch um Möbel, Internetanschlüsse und Kücheneinrichtung kümmern zu müssen. Alles schon da. Zudem werben die Anbieter vom so genannten Micro-Living mit dem Charme des Eigenen, des persönlichen Rückzugsortes, im Gegensatz zum klassischen temporären Wohnen im Hotel.

Keine Mietpreisbremse bei vorübergehendem Gebrauch

Eine aktuelle Analyse von ImmoScout24 zeigt, dass möblierte Wohnungen, die zum vorübergehenden Gebrauch vermietet werden, nicht unter die Mietpreisbremse fallen, also weiterhin unreguliert sind und somit eine Ausnahme im Mietmarkt darstellen. Der fehlenden Regulierung bei der Vermietung möblierter Wohnungen traten bereits im September 2021 die Länder Hamburg und Bremen entgegen. Mit einer Bundesratsinitiative wollten sie erreichen, dass der Möblierungszuschlag immer separat neben der Netto-Kaltmiete auszuweisen ist. Dadurch sollen Mieter möblierter Wohnungen die Höhe ihrer Miete mit der ortsüblichen Miete vergleichen können. So wäre nachvollziehbar, ob die Mietpreisbremse eingehalten wird. Die Höhe des Zuschlags sollte künftig begrenzt werden: auf monatlich höchstens ein Prozent des Zeitwerts, den die Möbel zu Beginn des Mietverhältnisses haben. Hamburg und Bremen zogen zwei Monate später zwar ihren Antrag zurück, er könnte aber jederzeit wieder aufgerufen werden.

In den letzten fünf Jahren hat der Anteil von möblierten Mietwohnungen deutschlandweit um 5 Prozentpunkte von 8 auf 13 Prozent zugenommen, wobei die Angebotsmieten für möblierte Wohnungen deutlich stärker als für unmöblierte Wohnungen gestiegen sind. So sind die Angebotsmieten für möblierte Wohnungen seit 2018 um die Hälfte von 15,50 Euro pro Quadratmeter auf 22,50 Euro gestiegen, während die Angebotsmieten für unmöblierte Wohnungen im gleichen Zeitraum lediglich von 7,41 auf 9,32 Euro gestiegen sind.

In den fünf größten deutschen Metropolen ist nach der Auswertung von Immobilienscout mehr als jedes dritte Angebot möbliert. Besonders deutlich ist der Anstieg von möblierten Wohnungen in Berlin, wo mittlerweile mehr Angebote möblierter als unmöblierter Wohnungen vorhanden sind.

Höhere Rendite, geringes Ausfallrisiko

In Köln etwa werden pro Quadratmeter möblierte Wohnungen für 33,86 Euro angeboten, was einer Verdopplung der Angebotsmiete innerhalb von vier Jahren entspricht. Im Vergleich dazu ist die Angebotsmiete für unmöblierte Wohnungen in Köln im gleichen Zeitraum lediglich um 16 Prozent gestiegen. In Berlin sind die Angebotsmieten für möblierte Wohnungen um 80 Prozent auf 32,28 Euro pro Quadratmeter gestiegen, während sie in München und Frankfurt am Main bei rund 30 Euro pro Quadratmeter liegen.

Investoren dieser Assetklasse profitieren von höheren Renditen als im klassischen Wohnbereich und einer meist solventen Klientel mit einem geringeren Ausfallrisiko. Daher ist die Nachfrage auch bei Kaufimmobilien in diesem Segment weiter ungehindert stark.

 

Foto: © Dariusz Jarzabek/AdobeStock