Mach’s persönlich!

2. September 2020


Das Netz ist voll mit Avataren, anonymen Seiteninhalten und Fakeprofilen. Abgesehen von selbstdarstellerischen YouTubern, bei denen das Geldverdienen nur über die persönliche Ebene geht, sind die nahen Momente bei digitalen Geschäftsbeziehungen immer noch rar gesät. Das ist ein großes Defizit, denn das Kommunizieren von Persönlichkeit ist der Schlüssel für mehr Aufträge und wird mit Einführung der Provisionsteilung eine noch größere Rolle spielen.

Von Jan Kricheldorf

Im Zeitalter von Google & Co. soll immer alles „unique“ sein, also einzigartig. Das betonen SEO-Spezialisten bei jeder Gelegenheit und verargumentieren damit ihre individuellen Dienstleistungen. Mit „unique“ sind in diesem Bereich üblicherweise die Webseiten-Texte gemeint. Es geht darum, der Suchmaschine anzuzeigen, dass ein Anbieter in der Lage ist, alle Fragen, die bei Suchenden auflaufen, auch möglichst individuell zu beantworten. In den Augen einer Suchmaschine ist das ein hoher Wert, setzt aber voraus, dass viele Menschen Immobiliendienstleister überhaupt suchen.

 

Bedürfnisse vor Algorithmus stellen

 

Was Makler betrifft, ist das Suchvolumen vergleichsweise niedrig, was auch erklärt, warum die meisten Webseiten wenig Besucher haben. Gut gerankte Webseiten hingegen machen nicht automatisch mehr Geschäft. Auch nicht, wenn die Texte alle individuell erstellt worden sind. Die Seite mag auf den Algorithmus von Google passen, aber nicht auf die Bedürfnisse der Zielgruppe. Viel wichtiger wäre es deswegen meiner Ansicht nach, den Besuchern der Webseite ein optimales Erlebnis zu verschaffen.

 

Stellen Sie Relevanz her

 

Schritt 1 sollte dann folglich nicht Suchmaschinenmarketing sein, sondern das Herstellen von Relevanz in den gewünschten Zielgruppen. Es ist doch klar: Sämtliche Leistungsversprechen und Erklärungen können in einer von vielen Kleinunternehmern dominierten Branche prima voneinander abgeschrieben werden. Bei potenziellen Auftraggebern stellt sich dann bei allen mehr oder weniger dasselbe Erlebnis ein. Um aufzufallen, müssen Alleinstellungsmerkmale hervorgebracht werden. Diese sollten allerdings weniger im Wort angelegt sein als vielmehr in der nonverbalen Kommunikation. Persönlichkeit gewinnt immer dann, wenn die unternehmerischen Fakten austauschbar werden. Denn es hilft eben nicht, Inhalte und Argument einfach bloß „unique“ zu formulieren, sondern es kommt darauf an, welcher Mensch hinter dem Unternehmen steht, was er ausstrahlt und verkörpert. Nur so werden sich regionale Qualitätsdienstleister dauerhaft gegen die digitale Konkurrenz behaupten können.

 

Starten Sie Ihre Persönlichkeits-Offensive

Wie gehen Sie Ihre Persönlichkeits-Offensive nun an? Als Erstes benötigen Sie gute Fotos. Es genügt nicht, im Einkaufszentrum ein paar Bilder zu machen. Meine Empfehlung: Lassen Sie sich von einem professionellen Fotografen einen ganzen Tag lang begleiten. Er fängt die Momente ein, die sich schlecht in Worte fassen lassen: Wie Sie Unterlagen besorgen beim Bauamt, Grundrisse erstellen, Immobilienfotos retuschieren, das Exposé druckfertig machen, eine 360-Grad-Tour erstellen, die Feuchte messen an Wänden, ausmessen, die Besichtigung durchführen. Mit solchen Bildern zeigen Sie an, dass Sie sich ins Zeug legen, dass hinter Ihren Werbeaussagen nicht nur Worte stehen, sondern Taten. Es geht dann nicht mehr darum, dass das, was Sie tun, auch andere tun könnten. Sie lösen sich vom Behaupten und erzeugen über das Bild Vorschussvertrauen.

 

Kreieren Sie ein gutes Bauchgefühl

Viele Menschen entscheiden bei der Vergabe eines Auftrags nach Bauchgefühl, wenn die Leistungen der Anbieter, die sie vergleichen, beinahe identisch sind. Die Bilder dieser Session sollten die Webseite prägen, denn genau darin liegen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbietern. Die meisten Seiten im Netz sind nach ähnlichem Prinzip aufgebaut. Oben steht die Navigation und darunter befindet sich ein großer Bildbereich. Ein Stock-Bild mit Models und einer Wohnungseinrichtung, die gar nicht dem Umfeld oder dem Milieu der Zielgruppe entsprechen, sind nicht sinnvoll, wenn Sie stattdessen sich selbst in Ihrer lokalen Umgebung abbilden können.

Womit wir beim zweiten Schritt wären: Ihre Umgebung. Menschen identifizieren sich immer mit dem, was genau vor ihrer Haustür liegt. Insbesondere dann, wenn es um Immobilien geht. Es lohnt sich also, die Region ebenfalls bildhaft auf der Webseite zu verankern. Der Kunde erkennt auf einem Blick: Ah, wirklich jemand von hier. Wenn Sie Standorte oder Vertriebsregionen auf der Webseite anlegen, müssen Sie nicht unbedingt einen Fotografen losschicken, um Bilder Ihres Ortes zu machen. Das wird mit Sicherheit schöner aussehen, aber um eine Identifikation zu aktivieren, ohne große Ausgaben tätigen zu müssen, genügt es erstmal, wenn Sie selbst Handyfotos schießen.

 

Lassen Sie andere für Sie sprechen

Ihre Persönlichkeit wird auch über das deutlich, was andere über Sie sagen. Auch hier hilft es, mehr Glaubwürdigkeit zu erzeugen über audiovisuelle Erlebnisse. Fragen Sie doch Ihre Kunden nach dem Notartisch einmal, ob Sie eine Audioempfehlung aufnehmen dürfen oder sogar ein kleines Video. Auch hier genügt das Handy als technisches Hilfsmittel.

Imagefilme können ebenfalls dabei unterstützen einen persönlichen Eindruck von einem Unternehmen zu gewinnen. Reduzieren Sie dabei nicht die Aussagen wieder auf irgendwelche Leistungsversprechen und vermeiden Sie Konferenztischbilder. Erzählen Sie lieber etwas über sich und Ihre Leidenschaft, warum Sie Ihre Arbeit gerne machen und wie stark Sie mit der Region verbunden sind. Diese so genannten Soft-Skills wirken auf die Entscheidungen der Auftraggeber viel stärker ein als die Leistungsversprechen, die bei allen weitgehend gleich sind.

Gehen Sie Ihre Webseiten kritisch durch. Benutzen Sie wirklich noch Stockbilder? Sieht man Sie beim Ausführen von Leistungen? Ist Ihre Region genügend repräsentiert? Machen Sie sich stets bewusst: Ihr größtes Alleinstellungsmerkmal ist die Persönlichkeit. Absolut Copy-&-Paste-sicher!