„Material matters – auch für Makler“

18. April 2022


Klimaschutz, Digitalisierung und die Energiewende stellen Immobilien- und Wohnungswirtschaft vor gewaltige Herausforderungen. Alle müssen umdenken, Geschäftsmodelle anpassen, sich neues Wissen aneignen. Das gilt auch für Immobilienmakler.

Von Thomas Schüttken

 

Es ist schon gewaltig, welche neuen Themen auf unseren Wirtschaftszeig zurollen und das Ganze in einem Tempo, das noch vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Inzwischen trifft man aber Architekten und Projektentwickler, die sich ein erstaunliches Wissen in Bezug auf Hybridbauten, Holzarten, KfW-Standards, Gebäuderecycling und Materialkreislauf angeeignet haben. Aber was tun wir, die wir als Verbindungsstück zwischen immer besser informierten und wissensdurstigen Käufern und den Immobilienproduzenten stehen?

Als Makler müssen wir ebenfalls fachlich neues Wissen aneignen, um unserem Anspruch, eine gute Beratung für Käufer und Verkäufer zu leisten, gerecht zu werden. Die Fragen unserer Endkunden haben sich ja längst geändert. Sie geben sich schon heute nicht mehr mit dem Schlagwort ‚nachhaltige Bauweise‘ zufrieden. Es wird nach konkreten Berechnungen zur CO2-Einsparung gefragt, wie die Energieversorgung einer Immobilie aufgebaut ist und wie sich dabei etwa die Unterschiede beim Vergleich einer Bestandsimmobilie oder einem Redevelopment zu einem Neubau auswirken.

Ressourcen- und klimaneutrale Bauweisen überzeugend erklären

Projektentwickler, Planer und Architekten haben sich der Aufgabe, intelligente Lösungen für eine ressourcen- und klimaneutrale Zukunft zu entwickeln, längst angenommen und verändern durch zukunftsweisende Konzepte wie Cradle-to-Cradle die Prozesse und den Einsatz von Materialien in der Bau- und Immobilienwirtschaft.

Neben einer nachhaltigen Neubauweise wird die Einsparung und Wiederverwendung von Ressourcen und Flächen zunehmend zur entscheidenden Stellschraube einer visionären Stadt- sowie einer objektbezogenen Wertentwicklung. So kann die Umnutzung eines Gebäudes einen Neubau in seiner Ökobilanz übertreffen, indem etliche Kubikmeter an Beton eingespart werden, wenn eine gebrauchte Immobilie bis auf den Rohbau entkernt und ein Abriss vermieden wird. Das spart entsprechend große Mengen an CO2 ein. Als Immobilienvermittler müssen wir in der Lage sein, überzeugend erklären zu können, dass solche umgenutzten Immobilien eben keine „minderwertigen“ Second-Hand-Gebäude sind und eine ressourcenschonende Bauweise in keinem Fall zu Lasten von Komfort, Qualität und Design etabliert wird.

Für unsere Kunden wird es darüber hinaus wichtiger zu erfahren, welche Veränderungen im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Objektsanierung einen positiven Effekt auf das Quartier und das lokale Mikroklima hat — etwa durch die Schaffung von begrünten Fassaden oder die Entsiegelung von Flächen. Wir Immobilienmakler sind somit gefordert zu erläutern, welche umweltfreundlichen Materialien eingesetzt wurden und wie das Material entsorgt wurde, um es wieder dem Kreislauf zuzuführen.

 

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Eule

Eine neue Vermarktungsstrategie für Immobilien ist gefragt

Etablierte Narrative bei der Vermarktung von Immobilien funktionieren heute schon oft nur sehr eingeschränkt. Als Makler stehen wir als Vermittler genau zwischen den Anbietern von Wohnraum und den Käufern. Unsere Kunden stellen zunehmend komplexere Fragen zum ökologischen Impact.

Es reicht längst nicht mehr, die ‚hippe‘ Eigentumswohnung im Dachgeschoss mit dem fantastischen Blick über die City zu präsentieren. Diese beliebte
urbane Wohnform ist eben in einer Zeit sich aufheizender Städte möglicherweise nicht mehr nachhaltig, wenn sie energetisch nicht ertüchtigt wurde und
heruntergekühlt werden muss. Dann fragt uns auch der Anleger, ob eine Dachgeschosswohnung heute noch eine gute Wertanlage ist.

Ein weiteres Beispiel mit aktuellem Bezug: Ist das Haus am Wasser heute noch uneingeschränkt als gute Lage zu vermarkten, wenn man an die er schreckenden Bilder der Flutkatastrophe im Ahrtal denkt? Dazu werden uns Maklern Fragen zu den Vorkehrungen für den Hochwasserschutz gestellt, die wir sachgerecht beantworten können müssen, um die Skepsis unserer jungen Käuferklientel zu zerstreuen.

Die Lehrpläne des Ausbildungsberufes ‚Makler‘ müssen angepasst werden

Immobilienmarketing benötigt eine Vermarktungsstrategie, die auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichtet ist. Wir sind gefordert, überzeugende Argumente für den Verkauf und die Vermietung von Neubauten und vor allem von Bestandsbauten zu liefern. ‚Lage, Lage, Lage‘ — diese etablierte Verkaufsstrategie definiert sich in Zeiten des Klimawandels anders.

Mit den meisten dieser Themen hatten wir Makler bisher nicht viel zu tun. Doch die Bau- und Immobilienwirtschaft stellt sich längst diesen Herausforderungen bei der Schaffung von neuem Wohnraum und unsere Kunden wollen ökonomisch und ökologisch verantwortungsbewusst wohnen.

Die Prämisse muss zukünftig lauten: ‚Was ist gut für den Käufer und für den Klimaschutz?‘. Wir sind gefordert, unsere Maklerinnen und Makler zügig auf ein komplexeres Berufsbild vorzubereiten, indem wir die Lehrpläne in diese Richtung anpassen. Nur dann wird eine junge Generation von Immobilienmaklern unserem Anspruch an eine kompetente Vermittlung zum Wohle der Kunden auch weiterhin gerecht.

 

Fotos: © NewAfrica/Depositphotos.com