Mediation ist keine Zauberei, aber sehr hilfreich

7. Juni 2021


In der Immobilienbranche besteht, allein aufgrund der hohen finanziellen Werte und Risiken, ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Bevor es aber zu einem kostenintensiven, langwierigen Gerichtsverfahren kommt, kann ein Immobilienmediator helfen. Er erarbeitet mit den streitenden Parteien frühzeitig praxisnahe Konfliktlösungen. Mediatoren sind gefragter denn je.

Von Jutta Hohmann

Jeder, der auf dem Gebiet der Immobilienwirtschaft professionell zum Beispiel als Architektin, Sachverständiger, Richterin, Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft, Maklerin, Anwalt, Notar oder Finanzexpertin tätig ist, weiß, dass Konflikte in diesem Bereich alltäglich sind und die Arbeit manchmal schwierig machen. Konfliktmanagement gehört hier deshalb zu den Kernkompetenzen der Tätigkeit, weil die Klientel häufig Menschen in schwierigen Lebenssituationen sind, bei denen es auch um die Auseinandersetzung über Immobilien geht.

Es sind Menschen, die sich zum Beispiel als Ehepaare gerade trennen und eine Immobilie zu ihrem Vermögen gehört. In Wohnungseigentümergemeinschaften machen sich die Eigentümer nicht nur das Leben gegenseitig schwer, sondern auch ihrer Verwalterin. Ein Aufzug in einer Wohnanlage kann das Leben enorm erleichtern, wenn man oben wohnt. Wenn man im Erdgeschoss lebt, sieht dies ganz anders aus. Einbau, Wartung, Instandhaltung verursachen Kosten. Einer will dafür Geld ausgeben, ein anderer nicht. Einer will sich daran beteiligen, ein anderer nicht. Verwalten heißt: mit nachbarschaftlichen Konflikten konfrontiert zu sein. Und: Konflikte lassen sich nicht vermeiden, die Eskalation von Konflikten aber schon und Dauerstreitigkeiten auch.

Häufig auch hoch eskaliert sind Konflikte zwischen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft, die sich bezüglich der Aufteilung des Vermögens, zu denen sehr häufig werthaltige Grundstücke gehören, nicht einigen können. Hinterlässt der Erblasser nicht nur einen einzigen Erben, sondern mehrere Miterben, so bilden diese eine Erbengemeinschaft. Diese Gemeinschaft entsteht kraft Gesetzes. Sie beruht nicht auf dem freien Willen der Erben, sondern ist eine Zwangsgemeinschaft.

Die Mitglieder dieser Zwangsgemeinschaft können nur gemeinsam über die Gegenstände des Nachlasses verfügen. Dies setzt eine Kooperation voraus, die in Konfliktfällen nur schwer möglich ist. Eine Aufteilung des Nachlasses mag dann noch relativ einfach sein, wenn dieser lediglich aus Barvermögen besteht. Ganz anders ist dies jedoch beim Vorhandensein von Grundvermögen. Hier sind Konflikte vorprogrammiert, die häufig bereits viele Jahre schlummern und gerade bei Geschwistern ihren Entstehungszeitpunkt in Kindertagen haben. Hier geht es um Gefühle wie Enttäuschung, Wut, Scham, Eifersucht oder Konkurrenz der Geschwister um die Liebe der Eltern und um das Bedürfnis nach Gerechtigkeit.

Bei all diesen Streitigkeiten besteht natürlich die Möglichkeit, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten. Hier wird es zwar am Ende eine gerichtliche Entscheidung geben. Nur Frieden wird in der Regel nicht durch die Gerichte geschaffen. Gerichtliche Beschlüsse haben bei Wohnungseigentümergemeinschaften wohl noch nie zu einem friedvollen Miteinander geführt und tragen eher zu einer Eskalation der Konflikte bei.

Dies mag vielleicht dann nicht so bedeutsam sein, wenn die Konfliktparteien sich nach einem Urteil nicht mehr begegnen müssen wie etwa nach einem Verkehrsunfall. Bei langdauernden Beziehungen sind die Konfliktparteien jedoch auf Deeskalation angewiesen, weil sie auch weiterhin miteinander kommunizieren müssen und aufeinander angewiesen sind. Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft können häufig nicht einfach ihre Eigentumswohnung verlassen. Scheidungsfamilien mit Kindern können gerade im Interesse dieser Kinder auch nicht einfach auseinandergehen und sich nie wieder sehen. Familienmitglieder, die gemeinsam geerbt haben, haben den Wunsch, auch zukünftig wieder das Weihnachtsfest miteinander verbringen zu können.

Hierbei ist Mediation hilfreich. Mediation ist keine Zauberei, sondern hilfreich durch die strenge Struktur des Verfahrens und durch zahlreiche Methoden, die in der Psychologie entwickelt worden sind. Meine Aufgabe als allparteiliche Mediatorin ist es, alle Beteiligten gleichermaßen zu verstehen und sie zu unterstützen, autonome Lösungen zu erarbeiten, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt.

Wer Mediation professionell ausüben möchte, muss diese Tätigkeit in einer Ausbildung erlernen. Die Qualität einer derartigen Ausbildung wird durch die Einhaltung der Qualitätsrichtlinien des Bundesverband Mediation gewährleistet und lizensiert.

Ich habe Mediation vor vielen Jahrzehnten in Nicaragua kennengelernt, als dort mit Hilfe von Mediation ein jahrelang andauernder Bürgerkrieg beendet werden konnte. Deshalb eröffne ich ein Mediationsverfahren häufig mit den Worten: „Was hilft, einen Bürgerkrieg zu beenden, hilft in der Regel auch bei anderen Konflikten.“ Dies hilft den Menschen in ihren schwierigen Situationen, zuversichtlich zu sein, eine Lösung zu finden. Und eines habe ich gelernt: Es gibt für alles eine Lösung.

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