Mehr Dichte in Städten: Aber wie?

5. März 2020


Wenn es um engere Bebauung in Ballungsregionen geht, denken Kommunen an Hochhäuser. Warum dies nicht immer zielführend ist und welche baulichen Chancen sie stattdessen ergreifen sollten.

Von Stefan Frey

Auf den ersten Blick scheint es nachvollziehbar zu sein. Mit Hochhäusern nutzt man ein Bauareal maximal aus, weil man darauf so viele Etagen schafft wie möglich. Es entsteht mehr Dichte und umbauter Raum.

Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass das Bauen von Hochhäusern komplexer und etwa 20 Prozent teurer ist, weil die Baustellenlogistik beim Vertikal-Bauen aufwändig ist. Auch der spätere Betrieb, vor allem der Aufzüge, ist teuer und wird auf die Nutzer umgelegt. Daher ist es für Investoren kaum möglich, bei diesen Projekten die dringend benötigten Sozialwohnungen sowie Wohnraum im preisgedämpften Bereich zu errichten. Hinzu kommt, dass in vielen Städten Wohn- und Bürotürme wegen der Verschattung umstritten sind und mit Einwänden der Anrainer zu rechnen ist. Bedingt durch den Klimawandel heizen sich die Städte mehr auf. Hochhäuser unterstützen dies, weil sie den Luftaustauch minimieren.

Letztlich redet die UNESCO ein Wörtchen mit: In Köln hat sie innerstädtische Hochhausprojekte gestutzt. Sie drohte den Weltkulturerbe-Status des Doms abzuerkennen, weil einige geplante Hochbauten die Sichtachsen auf den Dom gestört hätten. Seitdem ist man am Rhein bei Hochhausplänen vorsichtig. Das gilt auch für München, wo sich die Bewohner 2004 in einem Bürgerentscheid gegen Hochhäuser in der Innenstadt aussprachen. Erst jetzt ist man gewillt, diese Entscheidung aufzuweichen.

Bessere Potenziale für dichtere Bebauung bieten vielfach Einfallstraßen. Sie sind schon heute gut mit Straße und ÖPNV angebunden. Aktuell sind die Areale vielfach locker bebaut: Es finden sich auf ihnen Gewerbeflächen wie Gartenmärkte, Möbel- und Autohäuser, die häufig über große Parkplätze verfügen. Dazwischen beziehungsweise in der zweiten Reihe stehen oft Wohnimmobilien mit lediglich drei Etagen.

Diese Art der Bebauung der 1950er bis 1970er Jahre kann sinnvoll nachverdichtet und damit die Stadt an ihren Rändern entwickelt und aufgewertet werden. Bei den Wohnimmobilien ist es zumeist kein Problem, weil die Siedlungsbauten mit großen Gebäudeabständen und Freiflächen geplant wurden. Hier lassen sich weitere Etagen auf die Bestandsimmobilien aufstocken und Neubauten integrieren. In der Neuen Physikersiedlung in Köln wurden beispielsweise 126 zusätzliche Reihenhäuser gebaut.

Die bestehenden Gebäude (119 Einfamilien- und 14 Mehrfamilienhäuser) aus den Baujahren 1955 bis 1957 wurden zeitgleich saniert. Bei solchen Nachverdichtungen fallen geringere Erschließungskosten an, weil Straßen und Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser bereits existieren.

Natürlich muss im zweiten Schritt auch das Umfeld aufgewertet werden. Anstatt oberirdischer Parkplätze sollten an Magistralen die Pkw in einer Tiefgarage verschwinden. Auf der freien Fläche können Grünflächen und Spielplätze geschaffen werden und zur Straße hin Lärmschutz entstehen. Ein besonders effizienter Schallschutz, der allerdings teuer ist, ist die Überdeckelung stark befahrener Straßen. Im Kölner Westen wurde ein Wohnquartier vor einigen Jahren aufgewertet, als der Lövenicher Tunnel eröffnet wurde. In Hamburg soll nördlich des Elbtunnels die A 7 einen Deckel bekommen. Zusammen mit der Verlegung des Altonaer Fernbahnhofs sollen über 3.500 Wohnungen entstehen. In Frankfurt am Main soll die Einhausung der A 661 die Wohnqualität des Ernst-May-Viertels mit etwa 4.000 neuen Wohnungen erhöhen.

Etwas schwieriger gestaltet es sich, Gewerbemieter langfristig von zentrumsnahen Einfallstraßen in Gewerbegebiete umzusiedeln. Es gelingt aber häufig, wenn man alle Beteiligte an einen Tisch bringt. Nicht wenige Gewebetreibende sind froh über einen neuen Standort, etwa in einem reinen Gewerbegebiet, an dem sie besser expandieren können und keine Wohnbebauung in der Nachbarschaft haben, die sie ausbremst. Ferner profitieren sie an einem solchen Standort von besseren Anliefermöglichkeiten rund um die Uhr. Platz für mehr Dichte ist auch möglich, wenn man versucht bei der Entwicklung neuer Quartiere, möglichst viel Autoverkehr an den Rändern zu belassen und Parklätze in Tiefgaragen zu schaffen. Das aktuell geplante Quartier „Paketposthalle“ in München soll weitgehend frei vom Durchgangsverkehr sein. Das eröffnet Chancen für schmalere Straßen, mehr Wohnraum und mehr Plätzen mit Verweilqualität.

 

Foto: © ripmp4 / Depositphotos.com