Mehr Nutzungsvielfalt, weniger Ausfallrisiken

27. Juni 2018


In den deutschen Metropolen herrscht Flächenmangel – nicht nur bei Wohnimmobilien, sondern auch bei Büros, Lagerhallen und Produktionseinheiten. Die Mietpreise steigen und steigen. Um gerade kleineren und mittelständischen Unternehmen erschwingliche Gewerbeflächen anbieten zu können, wird die Revitalisierung von Industrie- und Lagerimmobilien immer wichtiger.

Von Martin Czaja

Dazu können ältere Logistikzentren genauso gehören wie der eilig während des IT-Booms vor der Jahrtausendwende errichtete Gewerbepark. Oftmals sind jedoch auch ältere Gebäude interessant, zum Beispiel Industrie- und Produktionsareale aus der Gründerzeit.

Insbesondere letztere können aufgrund der Deckenhöhen und Flächentiefen sowohl zu Produktions- als auch zu Lagereinheiten umgerüstet werden. Es lassen sich aber auch Zwischendecken einziehen, wodurch moderne Bürolofts mit Industriecharme entstehen. Das Ziel ist, durch eine solche Transformation verschiedene Nutzungsarten miteinander zu vereinen. Zudem sind die historischen Gebäude oftmals innerstädtisch gelegen, verfügen damit nicht selten über ein urbanes Umfeld und sind verkehrstechnisch günstig angebunden.

Wer ein solches ehemaliges Industrieareal repositionieren oder gar revitalisieren will, sieht sich mit einer Reihe unterschiedlicher Herausforderungen konfrontiert. Oft sind es gewachsene, teilweise ineffiziente Gebäudestrukturen, manchmal sind es Bausünden aus dem jahrzehntelangen Betrieb, häufig auch der Umgang mit Spezialflächen. Bestes Beispiel sind aufgegebene Produktionsstätten in der Chemiebranche — mit den entsprechenden Laboratorien und anderen speziell auf diesen Industriezweig zugeschnittenen Flächen.

Der Projektentwickler beziehungsweise Asset Manager könnte diese zwar für andere gewerbliche Nutzungen umwidmen. Schließlich werden klassische Gewerbeflächen wie Büros immer benötigt, und das jeweilige Vermietungsmanagement gehört zum Kerngeschäft vieler Unternehmen. Häufig ist es jedoch die bessere Variante, die ursprüngliche Nutzungsart zumindest teilweise beizubehalten, auch wenn dies zunächst mit höheren Nachrüstungskosten verbunden sein mag als ein Rück- und Neuausbau.

Das zeigt sich besonders gut bei Laborflächen: Die Flächenausweisung als Labor ist ein äußerst langwieriger Prozess, weshalb bereits festgesetzte Flächen ein Alleinstellungsmerkmal der Immobilie darstellen. Das kann Unternehmen aus dem Forschungs-, Dienstleistungs- oder Produktionsbereich der Pharma- oder Biotechbranche anziehen. Die nötigen Standards für den Laborbetrieb sind heutzutage jedoch viel höher, je nach Einzelfall müssen enorme Herausforderungen in den Bereichen mikrobiologische Sicherheit, Partikelbelastung oder Luftaustausch erfüllt sein. Sofern Reinräume existieren, dürfen diese keine Ecken und Kanten haben — sonst könnten sich Keime festsetzen.

Eine solche Modernisierung ist mit einem kontinuierlichen Lernprozess des Asset Managers verbunden. Ist er dazu bereit, kann er marktgerechte Konzepte entwickeln und attraktive Flächen bereitstellen. Häufig ist eine Mischlösung der beste Weg. Viele mittelständische Pharma- und Chemieunternehmen sind inzwischen sowohl auf Laboratorien als auch auf moderne Büros und kommunikative Kollaborationsräume angewiesen: Die Mitarbeiter verbringen ebenso viel Zeit mit der Pipette wie vor dem Bildschirm und im Meeting. Daher bietet es sich an, einen Teil der früheren, großflächigen Laboratorien dementsprechend umzuwandeln — und zwar so, dass schnelle Wechsel möglich sind und dennoch keine gefährlichen Materialien in die Büros gelangen können.

Vor allem dann, wenn neben diesen hochspezialisierten Flächen ein kontinuierliches Wachstum am Standort möglich ist, erhält der Asset Manager in der Regel einen treuen Nutzer. Nicht selten ist dann eine jahrelange Zusammenarbeit möglich. Die Investitionskosten werden in der Regel durch einen langfristigen Cashflow und einen höheren Mietzins mehr als ausgeglichen. Ein vielseitiger Mix verschiedener Labormieter mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern verbessert zudem die Risikodiversifikation. Idealerweise bilden sich auf dem Areal branchenübergreifende Kooperationen, indem Dienstleister oder ähnliche Unternehmen auf die übrigen Flächen der Immobilie ziehen: Wenn beispielsweise ein IT-Spezialist oder Wartungstechniker in dem Objekt als Mieter vertreten ist, könnte sich dieser um die komplexe Labortechnologie kümmern.

Bei dem Laborszenario in der Transformationsimmobilie handelt es sich natürlich nur um ein Beispiel von vielen für den Umgang mit Spezialflächen. Generell gilt: Keine Angst vor dem Unkonventionellen — sei es ein schwingungsgedämpfter Bereich zur Präzisionsproduktion, Flächen mit antistatischen Böden oder eine frühere Produktionshalle mit hoher Anschlussleistung und übriggebliebenen Verankerungen für eine bestimmte Anlagentechnik. Für Projektentwickler und Asset Manager ist es daher lohnend, sich intensiv mit dem Ist-Zustand auseinanderzusetzen und die Potenziale dieser Flächen zu identifizieren. Nachdem sich das ideale Nutzungskonzept herauskristallisiert hat, kann das neupositionierte Objekt eine Angebotslücke am jeweiligen Standort langfristig abdecken.

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