Menschen folgen Menschen — auch auf LinkedIn

4. Oktober 2022


Wenn ein Unternehmen seine Marke auf LinkedIn stärken möchte, kann es dafür die unterschiedlichsten Beweggründe haben: das geschäftliche Netzwerk erweitern, den Bekanntheitsgrad steigern, neue Zielgruppen erschließen oder auch für das eigene Employer Branding. So unterschiedlich diese Motive auch sind, sie haben eine Gemeinsamkeit: Die erfolgreiche Positionierung funktioniert nur dann, wenn sie über den Unternehmenskanal hinaus erfolgt, indem sie gleichzeitig von gut vernetzten Entscheidern auf deren persönlichen Profilen mitgetragen wird.

Von Sonja Rösch

Der Hintergrund dafür ist relativ einfach: Menschen folgen am ehesten anderen Menschen. Dieses Grundprinzip, auf dem alle Social-Media-Kanäle aufbauen, gilt ebenfalls für Netzwerke wie LinkedIn, die überwiegend auf Businesskontakte ausgerichtet sind. Dementsprechend ist eine Strategie sinnvoll, bei der die wichtigsten Unternehmensbotschaften über die persönlichen Kanäle ausgewählter Entscheider geteilt werden.

Dies kann auf verschiedensten Wegen und mit unterschiedlich hohem Aufwand erfolgen. Der „Quick Win“, also die am einfachsten umzusetzende Variante ist es, den CEO, CFO oder auch den Head of HR mit personalisierten Zitattafeln zu einem passenden Thema auf dem Unternehmenskanal zu Wort kommen zu lassen. Aufwendigere Varianten sind Kurzinterviews in Form blätterbarer PDF-Dateien sowie animierte Zitate bis hin zum Video-Snippet. Dies ist vor allem dann hilfreich, falls der Zitatgeber noch nicht über ein großes LinkedIn-Netzwerk verfügt oder wenn ein neuer Entscheider zum Unternehmen hinzustößt und als Spokesperson etabliert werden soll. Eine sinnvolle Rotation einzelner Zitatgeber und die daraus entstehende Vielfalt der Themen zeigen zudem, dass das jeweilige Unternehmen breit und interdisziplinär aufgestellt ist — gleichzeitig werden die Köpfe hinter der Marke sichtbar.

Die persönliche Reichweite nutzen

In vielen Fällen jedoch ist die persönliche Reichweite stärker als die Reichweite des Unternehmens. Dies gilt vor allem für Branchenveteranen, die über ein weit verzweigtes Netzwerk verfügen und dementsprechend Hunderte oder sogar Tausende Kontakte auf LinkedIn haben. Auch für ein Unternehmen, das erstmals einen LinkedIn-Kanal anlegt oder professionell bespielt, sind diese Brand Ambassadors unglaublich wichtig. Aber wie geht man konkret am besten vor? Es hat sich bewährt, auf Unternehmensebene — je nach Größe und Geschäftsfeld — einen bis drei Entscheider zu identifizieren, der in regelmäßigen Abständen sogenannte Managerkommentare posten. Dies können pointierte, manchmal auch kontroverse Glossen sein, aber auch Research-lastigere Beiträge, in denen beispielsweise eine Marktzahl oder eine Entwicklung wie die Folgen der Leitzinserhöhung der EZB in aller Kürze dargestellt werden. Diese Kommentare sollten mit einem Call to Action verbunden werden — sei es, um auf eigene Analysen zu verlinken, die Leistungen des Unternehmens vorzustellen oder auch ein Aufruf, um das Netzwerk zur Diskussion zu animieren. Das Profil des Unternehmens wird dabei vertaggt (also mit einem @-Zeichen versehen und klickbar gemacht) und zusätzlich werden Branding-Hashtags eingesetzt, die beide wiederum auf das Unternehmensprofil einzahlen. So können neue Follower gewonnen werden.

Mehr Persönlichkeit wagen

Allerdings sind marktbezogene Themen nur ein Teil dessen, was bei der Positionierung auf den Kanälen der Entscheider möglich ist. Ähnlich wichtig sind inzwischen persönliche Inhalte. Wenn der CEO davon erzählt, welche Fehler er seinerzeit im Berufseinstieg gemacht hat, oder die HR-Abteilungsleiterin vom kürzlich besuchten Führungskräfteseminar berichtet, macht das die Persönlichkeiten nahbarer. Zudem kann das spontane Teamfoto beim Besuch einer Niederlassung oder einfach beim gemeinsamen Kaffee in der Lounge sehr viel mehr über die eigene Unternehmenskultur aussagen als jede geschliffene PR-Botschaft. Diese Inhalte sollten vor allem eines sein: authentisch. Im Gegensatz zu den durchdesignten Brand-Postings oder auch dem aufwendig produzierten Imagefilm kommt es bei solchen persönlicheren Inhalten auch nicht darauf an, dass alles hochprofessionell aussieht. Für die Markenbildung ist eine erfolgreiche Mischung aus beidem wichtig: Content und Persönlichkeit.

„Facebookisierung“ vermeiden

Allerdings sollte dabei nicht vergessen werden, dass es sich bei LinkedIn nach wie vor um ein Business-Netzwerk handelt. Zahlreiche Nutzer bemängeln jetzt schon die „Facebookisierung“ der Plattform — mit anderen Worten also den immer stärkeren Anteil an Convenience-Postings mit einer eher pseudo-intellektuellen Tiefe sowie an rein persönlichen Postings ohne Mehrwert für den Leser. Wer also seine LinkedIn-Community an seinen Corona-Tests oder seinem Mittagessen teilhaben lässt, erhält zwar womöglich dadurch Aufmerksamkeit — aber höchstwahrscheinlich nicht die richtige. Auch die ständige Präsenz auf den Timelines der Kontakte kann negativ auffallen. Wer dauernd etwas postet, wird womöglich eher als aufdringlich wahrgenommen. Wie so oft kommt es auf die Qualität als auf die Quantität an.

Was hingegen täglich sinnvoll ist, ist die regelmäßige Interaktion mit aktuellen Inhalten. Mein Tipp lautet deshalb: Ergänzend zum vorbereiteten Content sollte jeder Nutzer einmal am Tag durch den Feed scrollen, interessante Artikel oder Beiträge liken beziehungsweise kurz kommentieren — und vielleicht auch einmal die neue Reposting-Funktion ausprobieren, mit der interessante Artikel kommentarlos auf der eigenen Timeline geteilt werden. Aber auch hierbei gilt: Aktivität zeigen — ja. Aber bitte nicht spammen!

Foto: lemonadv_depositphotos