Mit gezielter Förderung kann wichtiger Beitrag gegen Altersarmut und für mehr Klimaschutz geleistet werden

30. August 2022


Laut einer neuen Studie des IPS Eduard Pestel Instituts kann mit einer gezielten Förderung von Wohneigentum ein wichtiger Beitrag zur sozialen Sicherung und zum Klimaschutz geleistet werden. Das Pestel Institut regt unter anderem an, Haushalte mit mittlerem bis niedrigen Einkommen bei einer Förderung von Wohneigentum stärker in den Fokus zu nehmen. Die Studie hat das „Verbändebündnis Wohneigentum“ in Auftrag gegeben. Der IVD gehört dem Bündnis an.

Von Heiko Senebald

„Da Altersarmut in erster Linie Mieterarmut ist, wird eine stärkere Wohneigentumsbildung auch die Armutsgefährdung langfristig abschwächen. Wenn Haushalte mit mittlerem bis niedrigen Einkommen verstärkt in die Wohneigentumsbildung einbezogen werden, würde der Belastungssprung durch Wohnkosten mit dem Eintritt in die Ruhestandsphase entfallen. Die Sozialkasse würde enorm entlastet“, so Matthias Günther, Vorstand des Eduard Pestel Instituts.

Als Kernzielgruppe identifiziert das Institut Haushalte mit einem Einkommen zwischen 1.400 und 3.500 Euro je Monat und einem Alter der Bezugsperson zwischen 25 und 40 Jahren. Trotz der steigenden Bau- und Finanzierungskosten sei mit entsprechende Förderung die Bildung von „kleinem“ – wohnflächenbegrenztem – Wohneigentum möglich. Angesichts einer Wohneigentumsquote in Deutschland, die zu den niedrigsten in Europa gehört und weiter abzunehmen droht, fordert das „Verbändebündnis Wohneigentum“ die Politik auf, Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer einzuführen. „Beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum sollte ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro
Erwachsenen und 150.000 Euro pro Kind eingeführt oder auf die Einnahme der Grunderwerbssteuer komplett verzichtet werden“, sagt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick.

Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau DGfM, ergänzt dazu: „Da sich die realen Baukosten seit 2000 mehr als verdoppelt haben, wird die tatsächliche Steuerlast bei gleichbleibenden oder sogar noch erhöhten Prozentanteilen bei der Grunderwerbsteuer für die Bauherren immer größer. Diese Entwicklung muss durch die Politik auf Ebene von Bund und Ländern jetzt unbedingt gestoppt werden, da sie sonst den Traum vom Eigenheim mehr und mehr unmöglich macht.“

Zudem müsse die Bundesregierung den erstmaligen Erwerb selbstgenutzter Immobilien insbesondere für Familien mit geringen und mittleren Einkommen noch ab diesem Jahr fördern. Hierfür sollte ein spezielles KfW-Wohneigentumsprogramm geschaffen und mit langfristig zinsgünstigen Baukrediten ausgestattet werden. „Wenn die Bundesregierung das Ziel von 400.000 Wohneinheiten erreichen will, ist das Wohneigentum ein unerlässlicher Baustein zur Realisierung“, betont Michael Hölker, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel.

Das Pestel Institut ermittelte in seiner Studie auch, dass Ein- und Zweifamilienhäuser einen beträchtlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Demnach bieten die mehr als 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland Dachflächen, auf denen bereits heute eine wirtschaftliche Stromproduktion über Photovoltaikanlagen möglich ist. Zusammen mit den bereits auf Dachflächen installierten Anlagen ergäbe sich eine mögliche Produktion von 115 bis 120 TWh, die zumindest bilanziell an den Stromverbrauch aller privaten Haushalte (rund 130 TWh) heranreicht.

Vor diesem Hintergrund regt das „Verbändebündnis Wohneigentum“ an, rechtliche Voraussetzungen für Contracting-Modelle zu schaffen, damit Eigentümerhaushalte, die über keine ausreichende Liquidität verfügen, dennoch das Potenzial für regenerative Energieerzeugung nutzen können.

„Die Frage der Wohneigentumsbildung bildet nicht nur sozialen Sprengstoff in der Ansparphase, sondern auch beim energetischen Sanieren. Hier sind dringend politische Lösungen nötig, um Aufstiegswilligen ohne reiches Elternhaus den Weg nicht zu verbauen“, so Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren.Dem „Verbändebündnis Wohneigentum“ gehören vier Verbände an: der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel, die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau, der VPB Verband Privater Bauherren e.V. und der Immobilienverband Deutschland IVD / Die Immobilienunternehmer.

Aus dem Positionspapier des Verbändebündnis Wohneigentum

  • Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer für selbstgenutztes Wohneigentum, 250.000 Euro pro Erwachsener und 150.000 Euro pro Kind.
  • Schaffung eines KfW-Wohneigentumsprogramms für Familien mit geringen und mittleren Einkommen, mit langfristig zinsgünstigen Baukrediten. Einführung eines KfW-Bürgschaftsprogramms.
  • Stärkung der Übernahme von Bestandsgebäuden durch junge Familien, der Bund sollte ein eigenes Förderprogramm aufsetzen.
  • Zeitpunkt des Eigentümerwechsels für energetische Sanierung nutzen, Grunderwerbsteuer bei Sanierung erlassen oder stunden.
  • Anpassung der Bundesförderung für effiziente Gebäude, klimagerechtes Bauen fördern, ohne den Bauherren die Finanzierungsgrundlage zu nehmen.
  • Bereitstellung von Bauflächen, durch entsprechende planungsrechtliche Vorgaben und Entwicklungskonzepte von Bund, Ländern und Kommunen.

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