Moderate Preisanstiege für 2020 erwartet

3. Juli 2020


Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland wird auch im Zuge der Corona-Krise stabil und attraktiv bleiben. Das hat eine aktuelle IVD-Analyse des Wohnimmobilienmarktes ergeben.

IVD-Research hat aktuelle Marktdaten, Umfragen und Preisspiegel-Datenbanken analysiert und zusammengefasst. Laut Analyse kommt der Wohnungsmarkt mit einem blauen Auge durch die Krise. Preiseinbrüche sind nicht zu erwarten. Die IVD-Analyse im Überblick.

Mietpreiswachstum 2020 leicht oberhalb der Inflationsrate

Die Corona-Krise wird keine gravierenden Auswirkungen auf die Preisentwicklung im Mietwohnungsmarkt haben. Die Preissteigerungen bei den Wohnungsmieten werden im Jahr 2020 voraussichtlich zwischen 2,5 bis 3 Prozent betragen und sich damit leicht oberhalb der Inflationsrate bewegen. Damit setzt sich ein Trend fort, den IVD Research bereits in den vergangenen Jahren analysiert hat. Die Mietpreisdynamik hatte sich bereits vor der Corona-Pandemie verlangsamt. Im bundesweiten Durchschnitt waren die Mieten für Bestandswohnungen im Jahr 2019 um 3,1 Prozent gestiegen (2018: 3,7 Prozent).

Weiterhin hohe Nachfrage nach Mietwohnungen

Die Nachfrage nach Wohnraum wird nach der Corona-Krise an vielen Orten in Deutschland, besonders in den Metropolen und Großstädten, das Angebot weiterhin übersteigen. In den 77 deutschen Großstädten (Städten mit mindestens 100.000 Einwohnern) fehlen derzeit rund 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen (Statistisches Bundesamtes/Hans-Böckler-Stiftung). Die Unterversorgung bleibt mittelfristig bestehen. Darauf deuten auch die Baugenehmigungszahlen, die sich 2019 nicht entscheidend erhöht haben. Vor allem im unteren und mittleren Preissegment erwartet der IVD eine konstant hohe Nachfrage. Umzüge in größere und deutlich teurere Wohnungen werden viele Mieterhaushalte dagegen im Jahr 2020 zurückstellen. Insgesamt sinkt die Fluktuation auf dem Mietwohnungsmarkt nach Angaben des IVD Research weiter.

Zuwanderung nimmt wieder zu

Nach der Finanzkrise 2008/2009 wanderten 300.000 bis 500.000 Personen aus Ländern der Europäischen Union nach Deutschland zu. Der überwiegende Teil kam aus Südeuropa. Die Immobiliennachfrage vor allem in den Städten mit einem breiten Arbeitsmarktangebot stieg damit auf zusätzliche 150.000 bis 250.000 Wohneinheiten pro Jahr. Mit ähnlich hoher Zuwanderung und zusätzlicher Nachfrage nach Wohnraum ist nach der Corona-Krise zu rechnen.

Höhere Mietausfälle im dritten und vierten Quartal

Die Corona-Krise wird in den nächsten Monaten allerdings zu höheren Mietausfällen führen. Eine zunehmende Zahl von Mietern wird im Verlauf des Jahres ihre Miete aufgrund von Arbeitslosigkeit und Einkommensverlusten nicht mehr zahlen können. Lag die Zahl der Mietausfälle zuletzt bei unter einem Prozent des Mietwohnungsbestandes, so könnte der Wert im dritten und vierten Quartal 2020 auf 4 bis 5 Prozent steigen. Ausschlaggebend wird hier die Schwere der Rezession und die Dauer des Lockdowns sein. Im Gewerbemietmarkt sind die Mietausfälle bereits deutlich zu spüren und werden je nach Länge des Lockdowns noch höher ausfallen.

Markt verliert an Dynamik, aber nicht an Substanz

Die Corona-Krise dämpft den Preisanstieg beim Wohneigentum. Der IVD rechnet damit, dass die Preise für Eigentumswohnungen im Bestand und mittlerer Ausstattung im Jahr 2020 nur noch um rund 4 bis 5 Prozent klettern werden. Die Preisdynamik lag 2019 im Bundesdurchschnitt bei 8,3 Prozent (2018: 9,4 Prozent). Bei Eigentumswohnungen im oberen Preissegment wird es möglicherweise mehr Kaufzurückhaltung geben als im mittleren Preissegment. Die Preisdynamik bei den Eigentumswohnungen mit sehr guter Ausstattung könnte also etwas geringer ausfallen. Zudem werden 2020 viele Internationale Wohnungskäufer wegfallen.

Der Markt verliert durch die Corona-Pandemie zwar an Dynamik, aber keineswegs an Substanz. Auch beim Wohneigentum übersteigt weiterhin die Nachfrage das Angebot. Ausfallende Käufergruppen, die schwer von der Rezession, von Arbeitsplatzverlust und Umsatzeinbußen betroffen sind, werden von Käufern kompensiert, die ihre Liquidität in Wohnimmobilien anlegen wollen. Auch in der US-Finanz- und Immobilienkrise sind in Deutschland die Preise für Immobilien gestiegen. Die Immobilienpreise werden nach IVD-Analyse in den nächsten Monaten überwiegend stabil bleiben. Es wird keine Preiseinbrüche geben.

Keine Preisveränderungen bei Wohnungsimmobilien als Kapitalanlage

Bei Wohnungen als Kapitalanlage wird es laut IVD keine bemerkenswerten Preisveränderungen geben. Für institutionelle Anleger, für Kapitalsammelstellen wie Versicherungen und Versorgungswerke sowie für Family Offices und vermögende Private werden Wohnimmobilien, insbesondere auch Mietwohnungen, weiter einen sicheren Hafen darstellen und nachgefragt. Denn Liquidität sucht jetzt eine sichere Anlageform. Allerdings ist auch hier die Dauer des Lockdowns entscheidend. Je länger es dauert, bis Normalität wiederhergestellt ist, umso mehr Liquidität geht verloren und umso mehr sinkt die Eigenkapitalbasis für Investitionen.

Keine Trendwende bei den Zinsen

Das Zinsniveau wird sich auch in den nächsten Monaten immer noch auf einem im historischen Vergleich absolut günstigen Niveau bewegen. Ein Grund dafür ist, dass die Bonität Deutschlands auch bei zunehmender Verschuldung voraussichtlich stabil bleibt. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist eine Verschuldung von 80 oder 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes noch relativ gering. Gleichzeitig tritt die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin massiv als Anleihekäufer auf und wirkt damit steigenden Zinsen entgegen. In den zuletzt leicht gestiegenen Bauzinsen ist also kein Trend zu erkennen. Die leichte Aufwärtsbewegung begründet sich darin, dass die Banken in den aktuell unsicheren Zeiten Risiken neu bewerten und Zinsrückgänge nicht 1:1 an Kunden weitergeben. Auf mittlere Sicht ist ein moderater Anstieg möglich, der sich aber in einem sehr überschaubaren Rahmen halten wird.

Transaktionsvolumen bricht im zweiten Quartal ein

Mit einem gravierenden Einbruch beim Transaktionsvolumen rechnet der IVD für das zweite Quartal 2020. Der IVD geht von einem Minus zwischen 25 bis 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aus. Viele Entscheidungen werden vertagt, das gilt vor allem für Wohnungskäufer und Investoren. Es herrscht allgemeiner Attentismus. Das Kaufgeschehen könnte sich nach aktueller Einschätzung im dritten oder im vierten Quartal 2020 normalisieren. Ausschlaggebend hierfür wird sein, wie sich die Corona-Krise bis zum Ende der Sommerferien entwickelt und auch welche Lockerungen vollzogen werden. Ist die Kauflaune wieder vorhanden, wird auch wieder investiert.

 

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