Mut zur Bundesmakler-AG

18. Oktober 2018


Der Trend geht zum Bundesmakler. Und zwar in doppelter Hinsicht. Während die Neulinge in der Branche bundesweit Immobilientransaktionen begleiten, schließen sich immer mehr alte Hasen in regionalen Netzwerken und deutschlandweit agierenden Einkaufsgemeinschaften zusammen. Vor allem letztere denken die gute alte Maklerböse völlig neu. In den Kollegenbündnissen liegen vor allem hinsichtlich des digitalen Wandels große Chancen.

Von Jan Kricheldorf

Der derzeitige Marktvorteil der neuen bundesweit agierenden Makler-Startups liegt darin begründet, dass sie in der Lage sind, auf effiziente Weise Alleinaufträge aus dem Netz zu akquirieren. Außerdem stehen hinter diesen Unternehmen oft ein oder mehrere Investoren, die größere Marketingbudgets möglich machen. Bundesmakler sind keine Franchise-Unternehmen. Sie geben deutlich weniger Regeln vor, wenn die im Internet gewonnenen Aufträge an lokale Makler weitergegeben werden. Denn für all das, was online (noch) nicht geht, benötigen sie lokale Erfüllungsgehilfen und durchaus Expertise. Die Provision wird dann nach verschiedenen Modellen aufgeteilt. Das kann durchaus zu einem sinnvollen sym-
biotischen Verhältnis führen, wenn beide Seiten davon nachhaltig profitieren. Und nichts schief geht. Denn genau die Nachhaltigkeit ist bei diesen Modellen noch völlig unklar. Denn was wäre, wenn einem der Startups plötzlich die Luft ausgeht, weil der Investor sich abwendet? Oder wenn der Herr über die Aufträge seine Spielregeln oder Provisionsmodelle ändert? Kann der lokale Makler dann noch das Ruder herumreißen und tatsächlich unabhängig weiter am Markt agieren?

Schauen wir uns die andere Seite an. Die traditionellen und gut etablierten Unternehmen profitieren in vielen Regionen immer noch von ihrer guten Reputation und Empfehlungsmarketing. Doch die anhaltende Objektknappheit zwingt auch sie dazu, neue Wege zu gehen und Aufträge aus dem Internet zu akquirieren. Doch Online-Marketing, das Kunden bringt, fällt vielen immer noch schwer. Es wird probiert und verworfen, wieder probiert und wieder verworfen. Wenige können bisher wirklich messbare Erfolge vermelden. Ergo werden weiter Leads gekauft, weil bei den meisten doch noch etwas übrigbleibt am Ende.

Werten sie die Leadkäufe am Ende des Geschäftsjahrs aus, liegen die eingesetzten Budgets oft im fünfstelligen Bereich. 40.000 EUR sind in vielen Fällen nicht zu hoch gegriffen. Die große Frage ist, was passiert wäre, hätten sie dieselbe Summe ein Jahr lang in lokale Online-Kampagnen investiert. Und genau an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Es fehlt an Erfahrung und Vertrauen, dass mit demselben Budget mehr Alleinaufträge entstehen können als über den Kauf von Leads. Wie rauskommen aus diesem Dilemma?

Eine große Chance und Kraft haben die traditionellen Marktteilnehmer, wenn sie sich darauf besinnen, dass sie zusammen deutlich mehr Gemeinsamkeiten und Power haben, als die neue Startup-Konkurrenz. Netzwerke wie beispielsweise die Maklerbörse Weser-Ems wachsen permanent. Die Mitglieder dieses Bündnisses haben schon erkannt, dass das gemeinsame Handeln sinnvoller ist, als abzuwarten bis sich die neuen Marktteilnehmer etablieren können. Was ihnen noch fehlt, ist der nötige Überbau, um gemeinsam online akquirieren zu können. Zwar wurden auf der gemeinsam betriebenen Seite verkäuferservice.de erste Erfahrungen gesammelt jedoch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Während einige der Mitgliedsunternehmen Leads generierten, gelang dies anderen nicht. Der Grund liegt meistens in den Regionen begründet. Denn tatsächlich sind die Konversionsergebnisse stark von der lokalen Wettbewerbssituation und von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Region abhängig. Benötigt man im Saarland nicht einmal unbedingt eine Online-Kamapagne, um Leads und Aufträge zu erzeugen, wird man in Hamburg ungleich mehr aufwänden müssen, um Eigentümer dazu zu bringen, online eine Ersteinschätzung für den Marktwert einer Immobilie abzufragen und dafür eine Email-Adresse preiszugeben.

In jeder Region muss daher individuell ausgemessen werden, wie viel Budget, oben in den Trichter hineingesteckt werden muss, um unten einen Alleinauftrag damit zu erzeugen. Dazu braucht es langen Atem und Investitionsbereitschaft. Wie gut, dass genau solche Budgets im Program Go Digital des Bundeswirtschaftsministerium mit 50 Prozent Zuschuss gefördert werden können. Alle Wasserhähne aufzudrehen, bedeutet aber nicht, dass die Kosten der Kampagnen nicht optimiert und damit deutlich reduziert werden können. Genau das tun die Startups nämlich. Die Onlinemarketing-Maßnahmen werden fortlaufend analysiert und angepasst. Dadurch wird das Erzeugen von Aufträgen erst effizient. Sollte eine Maklerbörse, eine Einkaufsgemeinschaft oder ein Maklerstammtisch also tatsächlich einmal auf die Idee kommen, eine eigene Bundesmakler-AG namens wohndichhappy.de zu gründen, wären sie gut beraten, die Geschicke des Onlinemarketings zentral zu steuern oder steuern zu lassen. Jeder Teilnehmer — das wäre die Bedingung für eine Teilnahme — müsste dann allerdings konsequent, den für seine eigene Region notwendigen Beitrag für Kampagnen leisten, um Leads zu generieren und die Relevanz des gemeinsamen (Einkaufs-)Marktplatzes in den Köpfen der Eigentümer zu verankern.