New Economy und Immobilien

10. Juli 2017


Es gibt wenige Bereiche der Wirtschaft die mehr „Old Economy“ sind als Immobilien. Bricks and Mortar, also Ziegel und Mörtel, bezeichnen nicht umsonst die klassische Wirtschaft. Dennoch hat die „New Economy“ einen erheblichen Einfluss auf die Immobilienbranche, vielleicht deutlich mehr als viele Immobilienfachleute denken. Von Gerald B. Hörhan

Den offensichtlichsten Einfluss der New Economy findet man in Einkaufsstraßen außerhalb der AAA Lagen wie der Frankfurter Zeil. Immer öfter findet man das Schild „Provisionsfrei zu vermieten“ an Geschäftslokalen, manchmal sogar in ganzen Straßenzügen. Der Grund dafür ist einfach. Während die AAA Shopping Lagen für Flagship Stores der großen Konzerne boomen, gilt das selbst für AA Lagen nicht mehr: Immer mehr Handel läuft Online, und folglich werden weniger Shopping Flächen gebraucht. Weniger Nachfrage bedeutet Leerstand und sinkende Mieten. Für Immobilienbesitzer eine katastrophale Entwicklung: Die Geschäftsflächen machen zwar oft nur 20% der Fläche aber 50% der Mieteinnahmen eines Mehrfamilienhauses aus. Fallen diese Mieten auf ein „normales“ Niveau wie für Wohnflächen, verliert solch eine Innenstadtimmobilie gleich 20 oder 25% an Wert. Das sind keine Peanuts.

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Gerald B. Hörhan In seiner neuen Kolumne berichtet der Manager und Immobilieninvestor Gerald B. Hörhan – alias der Investment Punk – von seinen Erfolgsgeschichten und Einschätzungen.

Besitzer von anderen Innenstadtimmobilien können dafür in der Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Mieter für Wohnungen an Hauptverkehrsadern sollten besser mit Lärmschutz und Gasmasken ausgestattet sein, wenn zur Stoßzeit die Fahrzeugkolonnen mit Diesel Antrieb vorbeirollen. Dementsprechend gering sind die Mieten und die Preise für derartige Immobilien. Die selbstfahrende Elektromobilität ist auf den Testgeländen der Hersteller bereits Realität, und es ist nur mehr eine Frage von Jahren, bis die ersten Städte Benzin- und Dieselgetriebene Fahrzeuge aus den Innenstädten verbannen. Zu groß ist die Belastung durch Lärm und Luftverschmutzung. Bei leisen und emissionslosen Elektroautos bekommen Wohnungen entlang der Hauptverkehrsrouten eine viel höhere Lebensqualität und daher höhere Mieten. Folglich sind hier deutliche Preisanstiege möglich.

Auch Immobilienmakler und Immobiliendeveloper werden sich noch viel mit der New Economy beschäftigen. Viele Makler werden durch moderne „Key Less Go“ Schlösser überflüssig, und virtuelle Immobilienbesichtigungen von in Entwicklung befindlichen Projekten lassen Immobilienentwickler auf höhere Preise im Vorverkauf hoffen: Eine Wohnung die man (zumindest virtuell) besichtigen kann erzielt einen besseren Preis als eine Wohnung die der Käufer nur auf schönem Papier gedruckt sieht.

Dennoch bleibt die Immobilienbranche, im Gegensatz zu Medien, Banken oder Versicherungen, in der realen Welt tief verwurzelt. Denn ich kenne niemanden, der virtuell im Computer leben kann. Jeder Mensch braucht ein physisches Bett zum Schlafen, ein Badezimmer zum Duschen und einen Tisch zum Essen. Das wird auch in Zukunft ganz real passieren.