Privatinvestoren für Bildungsimmobilien: Eine Chance für Kommunen

14. August 2018


Der Bau und die Instandhaltung von Bildungsimmobilien sind teuer. Dabei ist eine gute Lernumgebung enorm wichtig. Erfahrene Investoren mit einem Fokus auf Bestandshaltung können nicht nur helfen, die Finanzierungslücke zu füllen, unter der viele Städte und Gemeinden leiden – ihr privatwirtschaftliches Know-how hat noch weitere Vorteile: Sie bringen immobilienspezifisches Fachwissen mit und planen langfristiger.

Von Jens Nagel

Damit helfen sie den Nutzern von Bildungsimmobilien und den Kommunen als deren Betreiber in allen drei Lebensphasen eines solchen Gebäudes: beim Bau, bei Betrieb und Instandhaltung sowie bei der Nachnutzung.

Instandhalten, bevor es zum Stau kommt

Der Instandhaltungsstau in vielen deutschen Schulen ist wohlbekannt. Besonders drastische Einzelfälle schaffen es immer wieder in die Schlagzeilen. Die Kommunen stehen vor einer doppelten Herausforderung, denn Sanierung und Instandhaltung kosten viel Geld — und selbst wenn die Finanzierung steht, braucht es Personalkapazitäten, um die Umsetzung zu organisieren. Dass das ein Problem sein kann, zeigt ein Beispiel aus der Hauptstadt: Der Berliner Bezirksverordnete Robert Kovalev erzählte dem Bezirks-Newsletter „Tagesspiegel Leute“ kürzlich im Interview, dass der Senat zwar gerade erst ein Schulbau- und Sanierungsprogramm aufgelegt hat, nun aber in vielen Bezirken das Personal fehlt, um die Mittel sinnvoll einzusetzen. Erfahrene privatwirtschaftliche Bestandshalter, insbesondere, wenn sie bereits Erfahrung mit Betreiberimmobilien haben, verfügen dagegen über Know-how und Kapazitäten, um notwendige Maßnahmen kontinuierlich umzusetzen. So erhalten sie die Qualität ihrer Immobilien und lassen gefährlichen Instandhaltungsstau gar nicht erst entstehen. Denn dieser verursacht auf lange Sicht meist deutlich höhere Kosten, wenn umfassende Notfallsanierungen nötig werden. Dass ein Lernumfeld mit gleichbleibender Aufenthalts- und Nutzungsqualität auch den Schülern und Lehrern zugutekommt, liegt auf der Hand.

Von Anfang an über den Tellerrand schauen

Für den Bau neuer Schulen steht Privatinvestoren ebenfalls mehr Kapital zur Verfügung als den meisten Kommunen, weil die Projektentwicklung und -finanzierung zu ihrem Kerngeschäft gehört. Deshalb sind sie in der Lage, wachsenden Bedarf zeitnah zu decken. Das entlastet das kommunale Budget ebenso wie Planungskapazitäten. Denn selbstverständlich hat ein Investor Interesse daran, Nachfrage frühzeitig festzustellen und tätig zu werden, bevor ein akuter Mangel entsteht. Wie gut das funktioniert, zeigt das Beispiel Schweden: Dort baut eine Kommune im Schnitt alle zehn Jahre eine Schule, private Investoren bauen hingehen mehrere Schulen im Jahr.

Ein Privatunternehmen hat meist einen weiteren Blick als die Kommunen: Letztere blicken vor allem auf aktuelle Schüler- und Geburtenzahlen und ermitteln daraus einen akuten Bedarf. Ein erfahrener Investor zieht hingegen zusätzliche Informationen heran und rechnet in Zeiträumen, die der durchschnittlichen Lebensdauer einer solchen Immobilie entsprechen. Dabei achtet er beispielsweise nicht nur auf das Einzugsgebiet und die Erreichbarkeit für Schüler oder die Eignung der Räume für den klassischen Unterricht. Denn obwohl eine Schule abzüglich Wochenenden, Feiertagen und Ferien nicht einmal 200 Tage pro Jahr genutzt wird, muss das Gebäude doch 365 Tage finanziert werden. Die wenigsten Kommunen machen sich darüber Gedanken. Privatwirtschaftliche Investoren dagegen berücksichtigen bereits beim Bau von Schulen mögliche Zweit-, Nach- und Alternativnutzungen — nicht nur naheliegende wie Abend- und Wochenendkurse, sondern auch beispielsweise Firmenseminare oder Konferenzen. Diese Nutzungen haben andere bauliche Ansprüche, auf die mit ausreichender Planung jedoch leicht eingegangen werden kann.

Nachnutzungsoptionen in Betracht ziehen

Insbesondere der Aspekt einer möglichen Nachnutzung von Schulgebäuden kommt in der Planung vieler Gemeinden gar nicht vor. Eine Schule ist und bleibt für sie eine Schule — bis demografischer Wandel und Bevölkerungsbewegungen innerhalb Deutschlands den Bedarf an Bildungsimmobilien verändern. Wird ein Schulgebäude nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck benötigt, entsteht allerdings Leerstand — mit all seinen negativen Folgen: Selbst ungenutzte Gebäude kosten Geld im Unterhalt, Umbau oder Abriss sind teuer, Grundstücke, die für andere Nutzungen womöglich dringend benötigt würden, werden von den veralteten Bildungsimmobilien blockiert. Private Bestandshalter denken deutlich langfristiger und bereiten sich auch auf unberechenbare Entwicklungen vor. Ein Gebäude, das bereits für die oben erwähnten Zweitnutzungen eingerichtet ist, lässt sich leichter komplett umwidmen. Die kontinuierliche Investition in die Instandhaltung, die Privatinvestoren gewährleisten, erweitert die Nachnutzungsoptionen zusätzlich, denn je höher die Bauqualität und je besser der Zustand, desto leichter lassen sich Interessenten finden. Das erhöht nicht nur die Lebensdauer, sondern auch die Nutzwertigkeit der Immobilie.

Kooperationen anstreben

Schulgebäude mit angemessener Aufenthaltsqualität, Nutzwertigkeit und gutem baulichen Zustand sind ein wichtiger Teil der Bildungspolitik. Die Städte und Gemeinden könnten in diesem Bereich auf Kapital, Know-how und Planungskapazität von privatwirtschaftlichen Immobilieninvestoren zurückgreifen und so eine flächendeckende Versorgung mit Bildungsimmobilien auch in klammen Kommunen gewährleisten. Aus der Kooperation zwischen Kommunen und Investoren entstehen Win-win-Situationen, von denen noch zukünftige Generationen profitieren: Immobilieninvestoren sorgen für hohe Bauqualität, kontinuierliche Instandhaltung und langfristige Nutzbarkeit. Kapazitäten in Politik und Verwaltung werden frei, um sich mit Unterrichtsqualität statt Notsanierungen zu beschäftigen. Eine Zusammenarbeit dieser Art ist in anderen Ländern bereits üblich. Erfolgreiche Beispiele wie etwa in Schweden sollten Deutschland als Inspiration dienen.