Prozessoptimierung tut weh

7. März 2023


Wer digitale Lösungen sucht, die Zeit ersparen, muss eine teils schmerzvolle Anfangsphase fest einkalkulieren. Da die Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Systemen steigen, ist kaum eine Software-Lösung anfangs störungsfrei. Warum es sich trotzdem lohnt, First Mover zu sein.

Von Jan Kricheldorf

Wer kennt es nicht: Im Marketing klingen alle angebotenen digitalen Lösungen stark. Doch in der konkreten Umsetzungsphase wird Immobilienunternehmern regelmäßig Schweiß auf die Stirn getrieben. Denn „Click and Play“ gibt’s nicht. Und das hat einen Grund. Innovation ist heute nur noch systemübergreifend möglich. Die digitale Welt ist die Welt der Tools. Universalunternehmer gibt es nicht. Selbst große CRM-Lösungen wie SAP scharren ein gigantisches Netzwerk von Partnerfirmen um sich herum, weil die Komplexität der Anforderungen anders gar nicht zu bewältigen wäre. Und so kommt es ständig vor, dass ein Anbieter eine Lösung hat, die dem anderen fehlt.

Lösungen verbinden

Der Kitt zwischen diesen Welten hat einen Namen: API — Application Programming Interface, zu Deutsch Programmierschnittstelle. Die Software-Adapter sind die Alleskönner unter den Apps und in der Lage, verschiedene Softwarelösungen zu verbinden. So auch in der Immobilienbranche. Mit einer API lässt sich — sofern auf beiden Seiten API-Endpunkte existieren — so gut wie alles steuern. Ob es das Verarbeiten von Marktdaten in der eigenen Webseite ist, das automatische Erfassen von Kontakterlaubnissen oder die Einhaltung des Textformerfordernisses nach Maklergesetz. Auch das Weiterreichen von Abmeldungen aus dem E-Mail-Marketing in die Maklersoftware und umgekehrt gehören dazu.

Prozessoptimierung ist Chefsache

Laufen die Systeme einmal, sparen sie enorm viel Zeit und sind aus dem operativen Geschäft nicht mehr wegzudenken, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zukunft weiter von Personalmangel geprägt sein wird. Bis dahin allerdings sollte eine solche Prozessoptimierung immer Chefsache sein und Geduld eine zwingende Voraussetzung.

Wenn die Sicherheit Datenströme behindert

Gerade beim Verarbeiten von Daten können viele Fehler passieren. Die wenigsten von ihnen sind softwaretechnisch bedingt. In den meisten Fällen verhindern notwendig gewordene Sicherheitssysteme Datenflüsse. Ein Beispiel: Kontakte in API-fähigen CRM-Systemen wie OnOffice, Propstack oder Flowfact können an eine professionelle E-Mail-Marketing- und Webinar-Software wie GetResponse angebunden werden. Dort werden Newsletter oder E-Mail-Marketing-Inhalte verschickt. Mit jedem neuen Versand melden sich Empfänger ab. Eine zeitraubende Angelegenheit, will man alle Abmeldungen manuell im System hinterlegen. Das kann gute Software selbst.

Komplexe Systeme benötigen bessere Wartung

Werden Massenmails nur aus GetResponse heraus versendet, gibt es daher kein Problem. Sobald aber auch CRM-seitig Mails versandt werden — zum Beispiel durch das Verschicken von Angeboten an Suchauftragskunden — muss die Abmeldung auch CRM-seitig verbucht werden. Melden sich umgekehrt neue Kontakte in der CRM an, soll auch GetResponse diese neuen Kontakte erhalten. Sind beide Software-Datenbanken miteinander verbunden, beginnt das System zu atmen und nicht der Mitarbeiter, sondern die API managt die Kontakterlaubnis.

Wer überwacht das System?

Beim Anwender im Büro, der die Prozesse überwacht, können aber schnell Fragen entstehen. Denn das, was die API leistet, ist für viele Mitarbeiter schwer zu überblicken. Daher kann es niemandem verübelt werden, dass es insbesondere in der Anfangsphase schnell zu Irritationen kommen kann. Warum steht beim Kontakt in OnOffice die Kontakterlaubnis auf „Nein“ und im Parallelsystem auf „Ja“? Das sollte doch gleich sein? Oft liegt die Antwort in den so genannten „Time-outs“, einem Sicherheitsmechanismus, der Missbrauch durch Hacker verhindern soll. Denn beim Abgleichen von veränderten Daten wird ein System tausendfach aufgerufen. Damit es nicht zu Performanceverlusten im System kommt, haben einige CRM-Hersteller die Aufrufraten tagsüber limitiert. Das wiederum bedeutet, dass die API nur nachts arbeiten kann und es beim Managen von Kontakterlaubnissen zu Verzögerungen kommen kann, quasi ein Stau in der Leitung. Beim Anwender entsteht dann der Eindruck: Das funktioniert nicht!

Von der Form zur Funktion

In digitaler Hinsicht befindet sich die Immobilienbranche gerade in einer hochspannenden Phase. Nachdem in den letzten Jahren vor allem über „mobile first“ und damit einhergehende responsives Webdesigns gesprochen wurde, entstehen heute aus statischen Webseiten hochdynamische, digitale Kommunikationssysteme, die unterschiedliche Anwendungen zusammenführen, viele Marktdaten in Echtzeit verarbeiten und für Zielgruppen nutzbar machen. Das ist auch dringend notwendig, um als lokale Marke in einem Markt bestehen zu können, der von Startups immer mehr disruptiert wird, die Vermittlungsprozesse mit hocheffizienten Systemen gekoppelt haben. Ihre Performance-Defizite liegen mehr im Personal Business, analog vor Ort. Doch auch wenn die Homedays und McMaklers im Moment keine Glanzstunden feiern und Verluste immer und immer wieder von Investoren ausgeglichen werden müssen, werden diese Marktteilnehmer nicht wieder verschwinden, sondern Kleinunternehmern allenfalls eine Atempause gönnen, um zu einem anderen Zeitpunkt wieder angreifen zu können.

 

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