Raus aus dem Dinosaurierzeitalter

22. November 2018


Die Manager der REOS GmbH: Kjell Kröger, Tom Leppin und Dr. Per Leßmann (v.l.)

Die REOS GmbH hat ein digitales Betriebssystem für die Immobilienbranche entwickelt, das Software und Hardware verbindet. Im AIZ-Interview erzählen zwei der Gründer, Tom Leppin und Kjell Kröger, wie Immobilienunternehmen effizient von der Digitalisierung profitieren können.

Wie kam Ihnen die Idee zu einem digitalen Betriebssystem für die Immobilienbranche?

Tom Leppin: Dazu muss man wissen, dass wir eigentlich aus der Projektentwicklung kommen. Die Idee zu REOS entstand bei der Entwicklung eines studentischen Wohnheims in Berlin. Wir sitzen in Hamburg und wollten das Gebäude von dort aus betreiben und bewirtschaften. Deshalb haben wir uns auf die Suche nach einer Software gemacht, mit der wir Prozesse und Strukturen optimieren können und möglichst viele Komponenten, wie etwa eine digitale Schließanlage, Paketstation und Verbrauchsableser, verbindet. Wir wollten eine Software, die den Mieterlebenszyklus von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zum Kautionshandling digitalisiert abbildet, keinen Schlüssel mehr manuell übergeben, Klingelschilder ändern oder ständig Zwischenablesungen bei den Ablesediensten beauftragen. Wir waren uns sicher, dass das alles automatisiert ablaufen kann. Es gibt viele Einzelanbieter in diesen Bereichen, allerdings hat uns ein Service gefehlt, der all diese Komponenten verbindet. Wir haben also begonnen, ein solches Produkt, das Hardware und Software miteinander verbindet, für unser eigenes Projekt zu entwickeln. Zunächst hatten wir dabei gar nicht den Hintergedanken, dieses auch für Dritte anzubinden. Aber als Bekannte aus der Branche darauf aufmerksam geworden sind, dass wir eine solche Software für uns entwickeln, kamen immer mehr Nachfragen. So haben wir dann nach mehreren Jahren der Erprobung an eigenen Objekten die REOS GmbH gegründet.
Also haben Sie Ihr System zunächst für ein Neubauprojekt entwickelt. Ist der Umstieg auf so ein digitales System für Verwalter, die bisher analog unterwegs waren, nicht schwierig?

Kjell Kröger: Grundsätzlich ist unser System sehr einfach zu installieren. Man muss zwischen den Hardware-Bereichen, also den Installationen an der Immobilie und den Softwarebereichen unterscheiden. Jegliche Art von Hardware, die wir im Neubau verbauen, lässt sich auch in einen Bestandsbau einfach umsetzen. Nehmen wir als Beispiel die Schließanlage. Da muss der alte Zylinder ausgebaut und ein neuer digitaler Zylinder verbaut werden. Der Vorgang dauert zwei Minuten pro Schloss. Die Umsetzung im Softwarebereich ist ebenfalls einfach darzustellen, da wir mit Schnittstellen arbeiten, die die Übertragung von Daten einfach machen.

So ein digitales Betriebssystem vereinfacht die Verwaltung enorm und ist teilweise kostengünstiger. Hilft es auch bei der Auftragsgewinnung?

Kjell Kröger: Wir haben schon sehr schöne Geschichten von Hausverwaltungen gehört, die uns berichtet haben, dass sie allein dadurch, dass sie angesprochen haben, dass sie REOS verwenden, Aufträge gewonnen haben.

Tom Leppin: Hausverwalter, Asset Manager und andere Parteien können sich durch die Nutzung eines solchen Systems als Digitalisierungsumsetzer präsentieren. Viele Markteilnehmer reden zwar von der Digitalisierung, sind aber selbst noch nicht soweit. Wer hier schon einen Schritt weiter ist, hat dadurch einen großen Wettbewerbsvorteil, weil er sich positiv vom Markt absetzen kann.

Glauben Sie, dass die Immobilienbranche im Bereich der Digitalisierung noch hinterherhinkt oder wird langsam aufgeholt?

Tom Leppin: Ich glaube, es gibt keine Branche, die noch so im Dinosaurierzeitalter steckengeblieben ist, wie die Immobilienbranche, um das mal versinnbildlicht darzustellen. Für Mieter ist das oft sehr ärgerlich. Schließlich zahlen sie nicht nur für ihre Wohnung, sondern auch für eine Dienstleistung. Die wenigsten sind mit dem Service ihrer Hausverwaltung zufrieden. Oftmals werden sie nicht rechtzeitig über Arbeiten am Haus informiert oder müssen sich wochenlang beschweren, bis ein Schaden im Treppenhaus repariert wird. Über ein digitales System ist die Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter viel einfacher. Mieter sind solche Systeme aus anderen Bereichen ihres Lebens gewohnt und verstehen oft nicht, warum nicht auch die Hausverwaltung einen solchen Service bieten kann.

Kjell Kröger: Wir sehen zwar, dass sich in der Branche in den letzten zwei bis drei Jahren schon einiges im Bereich der Digitalisierung tut. Es gibt unglaublich viele Start-Ups und Proptechs, die für bestimmte Zweige digitale Lösungen anbieten. Der Markt wird fast schon mit digitalen Lösungen überschwemmt. Das heißt aber nicht, dass die Immobilienbranche schon in der Digitalisierung angekommen ist. Es muss sich erst einspielen, welche neuen Services wirklich einen Mehrwert bieten.

Wie lassen sich durch die Digitalisierung Kosten sparen?

Kjell Kröger: Da gibt es ganz verschiedene Beispiele. Die digitalen Schließanlagen rentieren sich spätestens bei einem Zentralschlüsselverlust. In einem solchen Fall müssen dann nicht alle Schlösser ausgetauscht, sondern nur ein Code geändert werden. Und auch, wenn beim Zählerablesen nicht ein Mitarbeiter einen halben Tag durch den Mieterblock ziehen muss, um sechs analoge Zahlen abzulesen, spart das enorm viel Zeit und Geld. Gerade in der Verwaltungsbranche zeichnet sich auch das Problem eines stärker werdenden Personalmangels ab. Der kann dadurch aufgefangen werden, dass Prozesse automatisiert ablaufen. Außerdem können durch das Ablesen in Echtzeit auch schneller Anomalien festgestellt werden. Wenn der Wasserverbrauch zum Beispiel plötzlich deutlich steigt, weist das auf ein Wasserleck hin.

Es geht hier außerdem nicht nur darum, Kosten einzusparen. Die Digitalisierung birgt auch die Chance, zusätzliche Einnahmequellen zu genieren. Viele fürchten die Digitalisierung, weil sie glauben, dass sie für ihre Umsetzung unnütz viel Geld ausgeben und sehen nicht, welche Potenziale sich dadurch ergeben. Dabei lassen sich zum Beispiel über eine Mieter-App zusätzliche Dienstleistungen anbieten, die extra Einnahmen bringen.

Foto: Johannes Kollender