Raus aus der Sackgasse

20. Dezember 2021


Abermals ist Berlins Wohnungspolitik von einem Bundesgericht kassiert worden. Nach dem Mietendeckel-Debakel von Karlsruhe hat nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die gängige Vorkaufsrecht-Praxis Berlins gekippt. Doch Schadenfreude ist fehl am Platz. Jetzt heißt es: Gemeinsam anpacken für eine aktive Wohnungspolitik.

Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

Komme mit Nachfragern, die auch Eigentümer sind, in Kontakt!

Generiere neue Leads durch die Integration des Wohnraum-Monitors auf deiner Webseite. Wir filtern für dich die Eigentümer aus den Nachfragern heraus.

Wohnraum Monitor Online Marketbericht in Echtzeit Marktdaten 1

Für einen Failed State schlägt sich Berlin erstaunlich tapfer. Obwohl der scheidende Berliner Senat im November 2021 wieder in die Schranken gewiesen worden ist für eine Wohnungspolitik, die offensichtlich gegen das Grundgesetz verstößt, plant der alte — und vielleicht auch neue — Bausenator Sebastian Scheel (Die Linke) bereits die nächste Offensive. Um weiter wie gehabt Vorkaufsrechte zugunsten kommunaler Wohnungsbaugesellschaften und „befreundeter“ Baugenossenschaften nach Gusto ausüben zu dürfen, soll nun der Bundesrat eingespannt werden. Frei nach dem Motto: Wenn Gerichte Berlin stoppen, dann soll es der Bund richten.

Dabei wird zunehmend klar, dass die Berliner Wohnungspolitik nicht nur den Menschen in der wachsenden deutschen Hauptstadt seit Jahren schadet, sondern zu diesem Zwecke auch noch wiederholt verfassungswidrig agiert.

Was war geschehen? Ein Blick in das aktuelle Urteil spricht aus meiner Sicht Bände: Berlin hat sein Vorkaufsrecht immer wieder dann angewandt, wenn es vermutete, dass die Wohnungen sonst irgendwann einmal vielleicht einzeln an Selbstnutzer verkauft werden könnten. Allein: Die Vermutung einer erhaltungswidrigen Nutzung rechtfertigt noch lange nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts, so nun das Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts. Im Klartext heißt das: Nicht nur waren die vielen ausgeübten Vorkaufsrechte möglicherweise rechtswidrig, auch die Abwendungsvereinbarungen werden wohl nun von Vermietern aufgekündigt, da ihnen mit dem Urteil jedwede Grundlage entzogen worden ist.

Entsprechend überschlagen sich seit dem Urteil die Kommentare in den sozialen Netzwerken und auf den Homepages der Zeitungen. Viel Häme ist dabei und Schadenfreude — auf der einen Seite. Und auf der anderen liest man Aufrufe und Forderungen nach noch mehr Regulierung, noch schärferen Gesetzen bis hin zu einer Gesamtverstaatlichung des Wohnungsmarktes. Die Debatte hat durch das Urteil also nicht zu einer Versachlichung, sondern zunächst einmal zu einer weiteren emotionalen Aufladung geführt. Diese Welle an Schwarzweiß-Malerei und gegenseitigen Schuldzuweisungen aber gilt es nun gerade zu durchbrechen. Und dafür bietet das Urteil aus Leipzig auch eine einmalige Gelegenheit. Es sei nämlich auch der Berliner Landesregierung weiterhin unterstellt, dass sie sich im Kern um das Wohl der Berlinerinnen und Berliner kümmern möchte. Und zu den ärgsten Problemen der Bewohner der deutschen Hauptstadt gehört bekanntlich seit Jahren die Versorgung mit Wohnraum — zu allen Preisen, in allen Größen, in allen Stadtteilen, zur Miete wie als Eigentum.

Was also wäre da angebrachter als ein gemeinsamer Weg zwischen der Politik auf der einen Seite und den wichtigsten Akteuren auf dem Weg zu mehr Wohnraum auf der anderen Seite, namentlich den Grundstückseigentümern, den Bestandshaltern, den Projektentwicklern, den Bauunternehmen, den Investoren und Finanzierern, den neutralen Vermittlern zwischen den Parteien — kurzum: der gesamten Wertschöpfungskette der Wohnimmobilienwirtschaft?

Nach vertanen Jahren und mehreren höchstrichterlichen Urteilen, in denen der Berliner Senat immer wieder hat erfahren müssen, dass linkspopulistischen Versprechen in einer Sozialen Marktwirtschaft mit Recht Grenzen aufgezeigt werden, tut im Jahr 2022 ein Wohngipfel im Roten Rathaus not. Was wir jetzt brauchen, ist ein „Clean Slate“ — ein sauberer und glatter Schnitt unter die gescheiterte Politik der letzten Berliner Regierung. So agiert man auf internationaler Ebene mit gescheiterten Staaten, den eingangs erwähnten Failed States, und so sollte es der neue Berliner Senat mit einer neuer Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey auch machen.

Dass der IVD mit Wohngipfeln Erfahrung hat, haben wir als führender Verband der Immobilienwirtschaft schon mehrfach unter Beweis gestellt. Und daher werden wir auch in den kommenden Monaten dafür kämpfen, dass die Ziele und Interessen der gesamten Wohnungswirtschaft Gehör finden. Nur so wird es nämlich gelingen, die vielen auch gegenläufigen Interessen zusammenzubringen und gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass der Wohnungsmarkt sozial und marktwirtschaftlich agieren kann und zugleich Nachhaltigkeit, Fortschritt und Wachstum berücksichtigt.

 

Foto: © lightsource/Depositphotos.com