Rechtsprechung zum Mietrecht im Jahr 2022

30. November 2022


Aktuelle Mietrechtsurteile und Beschlüsse des Bundesgerichtshofs (BGH) für Immobilienprofis zusammengefasst.

Von Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt

Modernisierung

Keine Aufteilung der Modernisierungskosten nach Gewerken erforderlich

(BGH, Urteile vom 20.07.2022, VIII ZR 337/21, VIII ZR 339/21, VIII ZR 361/21)

Die Erklärung über eine Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 BGB) genügt regelmäßig den formellen Anforderungen nach § 559b BGB, wenn sie — im Hinblick auf die Angabe der entstandenen Kosten — die Gesamtkosten für die durchgeführte Modernisierungsmaßnahme und im Fall der Durchführung mehrerer verschiedener Modernisierungsmaßnahmen die jeweiligen Gesamtkosten für die einzelnen Maßnahmen ausweist. Dies gilt auch, wenn eine modernisierende Instandsetzung durchgeführt wird. In diesem Fall reicht die Angabe einer Quote oder eines bezifferbaren Betrags, um den Instandsetzungsanteil anzugeben.

Kommentar: Ausdrücklich bestätigt der BGH, dass keine zusätzliche Aufschlüsselung der Gesamtkosten nach den einzelnen angefallenen Gewerken oder anderen Bauleistungsbereichen erforderlich ist. Der BGH bestätigt zudem seine bisherige Rechtsprechung, wonach für die nach § 559b BGB erforderliche Erläuterung der Maßnahme auf den Inhalt der Modernisierungsankündigung Bezug genommen werden kann.

Mieterhöhung gemäß §§ 558 ff. BGB

Reduzierung eines Mieterhöhungsbegehrens mit Erhebung der Zustimmungsklage

(BGH, Urteil vom 06.04.2022, VIII ZR 219/20)

Der Vermieter ist berechtigt, innerhalb eines Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff. BGB sein formell ordnungsgemäßes vorprozessuales Erhöhungsverlangen (§ 558a BGB) nachträglich — etwa mit Erhebung der Zustimmungsklage — zu ermäßigen. Einer nochmaligen Erklärung und Begründung nach § 558a BGB bedarf es hierfür nicht.

Kommentar: In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Vermieter den Mieter im Rahmen einer formell ordnungsgemäßen Mieterhöhungserklärung um die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete auf 7,97 Euro pro Quadratmeter gebeten. Der Mieter stimmte der Erhöhung nicht zu. Der Vermieter erhob Zustimmungsklage, allerdings nur noch auf einen Betrag in Höhe von 7,68 Euro pro Quadratmeter; der Mieter hält dies für unzulässig.

Die Klage des Vermieters hat in allen drei Instanzen Erfolg. Dem Vermieter ist es grundsätzlich gestattet, sein Erhöhungsverlangen auch nach Zustellung an den Mieter vollständig oder teilweise zurückzunehmen. Parallel dazu hat auch der Mieter vor Abgabe seiner Zustimmung die Möglichkeit, das Erhöhungsbegehren
zu prüfen und gegebenenfalls nur eine Teilzustimmung zu erteilen. 

Schönheitsreparaturen

Mängelbeseitigungsschreiben setzt eindeutige Bezeichnung der geschuldeten Leistung voraus

(BGH, Beschluss vom 26.04.2022, VIII ZR 364/20)

Eine wirksame Fristsetzung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Vermieter in seinem mit Fristsetzung verbundenen Verlangen auf Erbringung der geschuldeten Leistung diese Leistung  eindeutig  bezeichnet. 

Kommentar: In dem vom BGH in dritter Instanz entschiedenen Verfahren hatte der Vermieter dem Mieter im Übergabetermin lediglich ein „Wohnungs-Abnahmeprotokoll“ ausgehändigt, dies mit den dort aufgeführten Mängeln und der Aufforderung, die Mängel binnen einer Woche zu beseitigen. Dem Protokoll war nicht zu entnehmen, welche Leistungen der Mieter im Einzelnen erbringen sollte. Nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB ist dies jedoch erforderlich. In dem Mängelbeseitigungsschreiben sind nicht nur die Mängel genau zu beschreiben, sondern auch genau aufzugeben, welche Leistungen der Mieter tatsächlich bezüglich der aufgeführten Mängel im Einzelnen erbringen soll.

Wohngemeinschaften als Vertragspartner

Aus einem Mietvertrag mit mehreren Mietern, die eine Wohngemeinschaft bilden, lässt sich in der Regel ein Anspruch auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel nicht ableiten.

(BGH, Urteil vom 27.04.2022, VIII ZR 304/21)

Allein aus der Vermietung einer Wohnung an mehrere Personen, die dort als Wohngemeinschaft leben, ist nicht darauf zu schließen, dass ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel vereinbart ist. Es müssen schon besondere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die auf einen solchen Vertragswillen, der bereits bei Vertragsabschluss bestanden haben muss, gerichtet ist. 

Kommentar: Der BGH weist einmal mehr darauf hin, dass es die Vertragsparteien selbst in der Hand haben, den Mietvertrag auszugestalten. Dieser muss nur eine deutliche Regelung enthalten. Will daher beispielsweise eine Wohngemeinschaft die Möglichkeit zu einem Austausch einzelner Mieter während des Vertragsverhältnisses erhalten, so sollte dies im Mietvertrag festgehalten werden. 

Aus Vermietersicht, und hierauf weist der BGH zutreffend hin, ist eine solche Vereinbarung jedoch mit vielen Nachteilen verbunden. Über die Veränderung der Solvenz, der Risiken bei der Zustellung von Kündigungen oder Mieterhöhungserklärungen oder auch nur die Frage, wem gegenüber Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind, läuft der Vermieter grundsätzlich auch Gefahr, sich quasi „unendlich“ immer wieder neuen Mietern gegenüber zu sehen, dies ohne Aussicht auf ein Ende des Mietverhältnisses.

Foto: © Joe Miletzki